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Blühende Nazilandschaften in Mecklenburg-Vorpommern

Bei den Bundestagswahlen blieb die NPD in Mecklenburg-Vorpommern überraschend unter 5 Prozent. Im Wahlkreis Uecker-Randow und Ostvorpommern erhielten die militanten Neonazis unter dem Deckmantel der NPD landesweit ihr bestes Ergebnis. In Postlow reichte es für 23 Prozent.
 
Ganz oben im Nordosten Deutschlands liegt der Uecker-Randow Kreis. Seinen Namen bezieht er von den beiden Flüssen, die den Landkreis durchziehen. Die Landschaft dort ist sehr abwechslungsreich, es gibt Heide und Wald und eine Vielzahl von Seen und Mooren.
  

 

NPD holt 23 Prozent in Postlow
Schaut man sich Satellitenbilder des Landstrichs an ist kaum zu erkennen, dass dort auch Menschen wohnen. Die 72.000 Einwohner verteilen sich auf über 1.600 Quadratkilometer. Damit ist die Region eine der am dünnsten besiedelten in Deutschland. Auch wirtschaftlich ist die Region eine der Schwächsten. 2008 bezogen hier 21,2 Prozent der Bevölkerung Arbeitslosengeld II. Wenn man ostdeutsche Klischees bedienen möchte ist im Uecker-Randow Kreis eben alles noch ein bisschen extremer. Die Arbeitslosigkeit ist höher, die Abwanderungsrate auch, die Infrastruktur ist schwach, die Natur ist wunderschön, doch von „blühenden Landschaften“ kann keine Rede sein. Das einzige was hier blüht und gedeiht sind neonazistische Strukturen. Bei der Bundestagswahl 2009 erhielt die NPD in der Gemeinde Postlow 23 Prozent der Erst- und 19,7 Prozent der Zweitstimmen. Nach den vorherigen Wahlergebnissen in der Gemeinde ist das nichts Neues. Von Mut gegen rechte Gewalt gibt es Tabellen mit den NPD-Ergebnisse der Erststimmen und Zweitstimmen in Mecklenburg-Vorpommern.
 
"Modellbereich neonazistischer Strukturentwicklung"
Der Rechtsextremismusexperte Günther Hoffmann, wohnt selbst inOstvorpommern. Er bezeichnet die Region als einen „Modellbereich der Strukturentwicklung für Neonazis.“ Es gebe eine regelrechte neonazistische Parallelgesellschaft. Sowohl was Immobilien angehe als auch ökonomisch sei die Szene gut verankert. So könne sie auf verschiedene Betriebe im Baugewerbe zurückgreifen. Die NPD sei hier nur ein Deckmantel für militante Kameradschaftsstrukturen. Das Problem sei zu einem wesentlichen Teil auf Defizite der demokratischen Parteien zurückzuführen, die keine Angebote für junge Menschen hätten. Die Ortsverbände seien häufig „geriatrische Veranstaltungen, die hierarchisch strukturiert und autoritär sind.“ Hier würden Jugendliche keinen Anschluss und vor allem kein Gehör finden. Jugendorganisationen der Parteien seien in ganz Mecklenburg-Vorpommern vor allem auf die Universitätsstädte beschränkt. Das habe zur Folge, dass diejenigen, die auf die Bedürfnisse junger Menschen reagiert die NPD ist. „Das sind die einzigen, die in der Generation verankert sind. Die kennen die Bedürfnislage und können auf Bedarf reagieren.“
 
Problematisch sei vor allem, so Hoffmann weiter: „ Es gibt nach wie vor und bei allen Parteien ein völlig unterentwickeltes Problembewusstsein.“
 
In letzter Zeit gebe es allerdings vereinzelt Sprosse der Hoffnung. In allen demokratischen Parteien, gebe es mittlerweile Einzelpersonen, die sich der Problematik bewusst seien und anfangen aktiv zu werden. Die Klage gegen den rassistischen Wahlkampf der NPD sei ein Beispiel: „Dass dagegen vorgegangen wird und dass man selbstbewusst genug ist, durch alle Instanzen zu gehen, wäre noch vor einem Jahr undenkbar gewesen.“ Das könne aber nur der Anfang sein. Das Problembewusstsein dürfe nicht auf die Spitzen der Parteien und Einzelpersonen beschränkt sein.
 
Bis dahin scheint es noch ein langer Weg. Bei den letzten Kreistagswahlen im Juni gaben hier 9,1 Prozent der Wählerinnen und Wähler der NPD ihre Stimme, bei den Landtagswahlen 2006 waren es über 13 Prozent. Im Bundestagswahlkampf versuchte die NPD vor allem Angst vor den polnischen Nachbarn zu schüren. Ihre Plakate musste die NPD nach einer, vom Bundesverfassungsgericht bestätigten, Entscheidung abhängen. Sie erhielt bei der Bundestagswahl im Ort Löcknitz viermal mehr Zustimmung als im Landesdurchschnitt. Die NPD kam auf 12,5 Prozent der Zweitstimmen.
 
4,6 Prozent NPD
Ihrem Erfolg scheint das nicht geschadet zu haben. Bei den aktuellen Wahlergebnissen der NPD zeige sich, dass die Rechtsextremisten in weiten Teilen des Landes ihr Ergebnis von 2005 halten konnten schreibt Hoffmann, in einer Stellungnahme zu den Wahlen. Ostvorpommern und Uecker-Randow bleiben mit 4,6 Prozent der Zweitstimmen weiterhin die Hochburgen der Partei, wo Orte wie Postlow (19,7 %), Bargischow (16,7 %), Koblentz (16,7 %) und Neuenkirchen (16 %) die Spitze des Eisbergs der rechtsextremen Zweitstimmen bilden. Insbesondere Gemeinden mit einer aktiven Szene oder besonders aktiven Kadern können Hoffmann zufolge einen Stimmenzuwachs für die Partei verzeichnen. Dies gelte auch für den Norden der Insel Usedom.
 
In den Städten sei das Ergebnis der NPD zwar weiterhin auf einem niedrigen Niveau, es seien jedoch auch keine nennenswerten Verluste zu verzeichnen. Abschließend bleibe festzustellen, dass Mecklenburg-Vorpommern mit Sachsen, Thüringen und Brandenburg weiterhin die höchsten Ergebnisse für die Rechtsextremisten lieferten. Im ländlichen Raum könne von einer weitgehenden Verankerung des Rechtsextremismus gesprochen werden. Trotz eines auf Plakate beschränkten Wahlkampfs könne die NPD in Mecklenburg-Vorpommern ihren harten Wählerkern mobilisieren.
 
NPD-Ergebnisse: Erststimmen und Zweitstimmen in Mecklenburg-Vorpommern (PDF-Tabellen)
 
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Text: Martin Hünemann

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