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Um zu verhindern, dass Neonazis in einem ganzen Stadtteil Fuß fassen, hat das Bündnis gegen Rechts in Trier-West die Kampange „Trier braucht dich“ durchgeführt – unterstützt von Mut gegen rechte Gewalt.
Von Kristina Ditz
Heruntergekommene Wohnungen, kaputte Straßen, trübe Stimmung – nur die Mosel trennt den Stadtteil Trier-West von der pittoresken Innenstadt und doch ist es, als würden Welten zwischen ihnen liegen. Trier-West ist ein Problembezirk der „ältesten Stadt Deutschlands“. Die Menschen hier haben wenig Geld, das Bildungsniveau ist niedrig, es gibt wenig Freizeitbeschäftigungen für Jugendliche – insgesamt herrscht Perspektivlosigkeit.
„Das ganze Viertel wird vernachlässigt“, berichtet die Sprecherin vom „Bündnis gegen Rechts“ in Trier, „demokratische Politikerinnen und Politiker sowie Politik überhaupt werden in Trier-West schon seit 20 Jahren nicht mehr wirklich wahrgenommen. Das nutzt die NPD, um dort auf Stimmenfang zu gehen.“
Schläger im Stadtrat
Bei den letzten Kommunalwahlen im Juni 2009 schaffte es die NPD mit ihrem Spitzenkandidaten Safet Babic in den Trierer Stadtrat einzuziehen. Aufgrund der niedrigen Wahlbeteiligung gewann Babic in Trier-West überdurchschnittlich viele Stimmen. Schon kurz vor seinem Amtsantritt sorgte Babic für Negativschlagzeilen: Der gebürtige Hanauer soll zusammen mit anderen Neonazis drei Neonazi-Gegnerinnen und Gegner angegriffen haben, die versucht hatten, NPD-Wahlplakate abzureißen. Eine Person wurde mit einer Gehirnerschütterung und Prellungen ins Krankenhaus eingeliefert. Nach langen Verhandlungen wurde Babic im Dezember 2010 vom Landgericht Trier wegen gefährlicher Körperverletzung zu sieben Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Als strafmildernd wurde vom Landesgericht Trier berücksichtigt, dass Babic und seine Gruppe durch das Abreißen der Plakate provoziert worden waren. Sowohl Babic als auch die Staatsanwaltschaft haben gegen das Urteil Berufung eingelegt, so dass es immer noch nicht rechtskräftig geworden ist. So führt Babic seit nunmehr zwei Jahren ungehindert sein Amt als Stadtrat aus und treibt auch hier sein Unwesen. „Er behindert die Arbeit des Stadtrates, fällt durch rassistische Parolen auf, hat sogar einmal dort die Reichsfahne geschwungen“, erzählt ein Bündnismitglied, „Leider sind unser Oberbürgermeister und die meisten Stadträte mit dieser Situation maßlos überfordert – sie lassen ihn gewähren, sie fahren die Ignoranz-Strategie.“
„Es geht ja schließlich um die Menschen“
Das Bündnis gegen Rechts in Trier hat deshalb kurz vor den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz am 27. März die Kampagne „Trier braucht dich“ veranstaltet. Die Kampagne umfasste vier verschiedene Aktionen. Zuerst wurde ein Infobrief erstellt und in verschiedenen Trierer Stadtteilen verteilt, darunter auch Trier-West. „Der Infobrief sollte über die Gefahren rechter Ideologie aufklären und auf unsere weiteren Aktionen aufmerksam machen, wie unser Bürgerfest in Trier-West“, so die Sprecherin. Bei dem Fest trat ein Künstler aus Guinea auf und an Ständen konnten vegane Köstlichkeiten probiert werden. „Das Ziel war es mit den Menschen in Trier-West in Kontakt zu kommen und sie über rechtsradikale Machenschaften zu informieren. Es geht ja schließlich um die Menschen“, sagt ein Bündnismitglied. „Für uns war das Fest ein voller Erfolg. Wir halten solche Feste für einen richtigen Ansatz in der präventiven Arbeit gegen Rechts.“ Für die darauffolgende Woche hatte das „Bündnis gegen Rechts“ ein Bürgerforum in Trier-West veranstaltet, auf dem den Bewohnerinnen und Bewohnern die Chance gegeben werden sollte, intensiv mit den Vertreterinnen und Vertretern der Parteien zu diskutieren. Das war gar nicht so leicht. Denn wenn Parteien sich zurückziehen und der NPD das Feld überlassen, ist das Interesse der Bevölkerung nicht sonderlich groß, nur weil sich doch einmal Vertreterinnen und Vertreter von ihnen in den Stadtteil verirren. Die Engagierten vom Bündnis übernehmen eine schwierige Arbeit.
„Den Neonazis die Suppe versalzen“
„Auf jeden Fall erfolgreich, war aber unsere letzte Aktion der Kampagne“, berichtet die Sprecherin. „Eine Gegendemo unter dem Motto ‚Den Neonazis die Suppe versalzen‘ anlässlich des Naziaufmarsches in Trier am 26. März. 800 Leute sind zur Gegendemo erschienen – die 80 Nazis, die hier groß marschieren wollten, sind ganz deprimiert wieder nach Hause gefahren, das hat man gesehen.“ Die Gegendemo aber überhaupt bewilligt zu bekommen, war eine schwierige Angelegenheit. Die Stadt zeigte sich wenig kooperativ bei der Zusammenarbeit mit den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bündnisses, so die Sprecherin. Das Bündnis gegen Rechts ist jedoch weiter fest entschlossen seine Arbeit für Demokratie und gegen den Rassismus in Trier fortzusetzen, trotz – oder gerade wegen der Schwierigkeiten. „Wir müssen weitermachen“, erklärt die Sprecherin, „vor kurzem gab es hier Übergriffe auf Sinti und Roma, menschenverachtende Hetze ist an der Tagesordnung, Babic ist immer noch im Stadtrat – es gibt noch eine Menge zu tun.“ Die stern-Aktion unterstützt genau so ein Engagement, das etwas bewegen will und nicht aufgibt.
Foto: von rsndn via Filckr ,cc
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