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Dresden (ist nicht) nazifrei!

Es war ein fröhlicher Samstag in Dresden. Die Losung „Dresden Nazifrei!“ schien sich auf den ersten Blick endlich erfüllt zu haben. Nachdem der Trauermarsch der Neonazis am Montag zuvor bereits durch Proteste und Blockaden massiv eingeschränkt werden konnte, ließen sich die Rechtsextremen am Samstag gar nicht erst in Sachsens Landeshauptstadt blicken.
 
Von Ulla Scharfenberg

Die rechtsextremen Demonstrationen im Februar haben eine lange Tradition. Die Bombardierung Dresdens 1945 nehmen die Neonazis zum Anlass, ihre geschichtsrevisionistische Propaganda zu verbreiten. Seinen Höhepunkt hatte der Aufmarsch 2009, als über 6.000 Neonazis durch Dresden zogen, um den „deutschen Opfern“ zu gedenken. Es war der größte Neonazi-Aufmarsch Europas. Im Folgejahr gelang es dann einem breiten Bündnis antifaschistischer Kräfte, die Demonstration der Nazis zu blockieren, auch 2011 saßen die Rechtsextremen vor dem Bahnhof fest. „Aller guten Dinge sind drei“, hieß dann das Motto in diesem Jahr – es ging voll auf.
 
Schon vor Wochen hatten die Neonazis ihre Anmeldung für den 18. Februar zurückgezogen, eine Großdemonstration wie in den Vorjahren also abgesagt. Die Mobilisierung zielte ausschließlich auf Montag, den 13. Februar ab. Antifaschistinnen und Antifaschisten aus dem gesamten Bundesgebiet trauten dem Braten allerdings nicht und hielten ihrerseits den 18. Februar als Tag der Blockaden aufrecht. Mehr als 100 Busse aus ganz Deutschland reisten am Samstag in die sächsische Landeshauptstadt, über 10.000 Personen beteiligten sich an der Demonstration, die unter dem Motto „Gegen Nazis in Dresden und überall – für einen antifaschistischen Konsens!“ durch Dresdens Innenstadt bis nach Pieschen führte.
 

Die Namen aller 182 Opfer rechter Gewalt seit 1990 wurden auf der Demonstration gezeigt, Foto: MUT, c

Ein breites Bündnis aus Initiativen, Antifa-Gruppen, Parteien, Gewerkschaften und Einzelpersonen protestierte lautstark und mit vielfältigen Transparenten gegen Neonazis, Rassismus und Antisemitismus sowie gegen die „sächsischen Verhältnisse“. Die Repression antifaschistischen Widerstands hat in Sachsen besonders absurde Züge angenommen, die Kriminalisierung des zivilen Protests gegen Neonazis durch sächsische Regierung und Ermittlungsbehörden ist bundesweit beispiellos. Die Sammlung hunderttausender Mobilfunkdaten, die Aufhebung der Immunität von Landespolitikerinnen und -politikern und Razzien bei Nazigegnerinnen und -gegnern lösten großen Protest aus, nicht nur unter den Betroffenen.

Die berechtigte Wut der Demonstrierenden über die „sächsischen Verhältnisse“ spiegelte sich an diesem Samstag ausschließlich auf Transparenten, in Sprechchören und Redebeiträgen wider. Die Polizei hatte wenig zu tun und dürfte über den Ablauf des diesjährigen Dresdner Februars äußerst zufrieden sein. Glücklich sind vor allem die Nazigengerinnen und -gegner. Bodo Ramelow, Fraktionsvorsitzender der Linken im Thüringer Landtag, sprach bei der Abschlusskundgebung am Samstag sogar vom glücklichsten Tag seines Lebens.

Bei aller Freude über den erfolgreichen Widerstand gegen den Neonazi-Aufmarsch in Dresden, darf jedoch nicht vergessen werden, dass die Stadt weder am 18. Februar noch an irgendeinem anderen Tag tatsächlich „nazifrei“ ist. Rechtsextreme Gewalt und alltäglicher Rassismus sind nicht verschwunden, der Kampf dagegen muss an jedem einzelnen Tag, an jedem Ort gekämpft werden. Der 18. Februar in Dresden war ein Etappenerfolg, auf dem sich niemand ausruhen darf.

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Foto: Mut gegen rechte Gewalt, c