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Nizza Thobi: Jüdische Lieder gegen das Vergessen

Nizza Thobi: Jüdische Lieder gegen das Vergessen

Termin: 
15.11.2008 - 20:11 bis 15.03.2008 - 00:03
Veranstalter: 
David Records & Power Music Agency
Veranstaltungort: 
Stadthalle Bayreuth - Kleines Haus
Ludwigstrasse 31
95444
Bayreuth
öffentliche Verkehrsmittel: 
Kontaktperson: 
Nizza Thobi
Kontakt Telefon: 
089/399449
Kontakt E-Mail: 
Montag, 10. März 2008 – Kultur - ST/WT Süddeutsche Zeitung Nr. 59 / Seite R 5 Nizza Thobi erzählt Sängerin lässt Geschichte jiddischer Dichter aufleben Stegen : Wenn es darum geht, gegen Rassismus, für Frieden und wider das Vergessen zu kämpfen, ist Nizza Thobi zur Stelle. Zumal längst dem Theater der Alten Brauerei Stegen verbunden, durfte sie auch im dortigen Programm der Woche der Brüderlichkeit nicht fehlen. Und dies bedeutete bei Weitem nicht nur, melancholischen jiddischen Weisen zu lauschen, als vielmehr dringend einmal mehr daran zu erinnern, was sich mittlerweile schon, wenn auch nur vereinzelt, in aller Öffentlichkeit zusammenbraut. Nizza Thobi ist eine Ermahnerin, die nicht untätig abwarten möchte, bis die kritische Masse des Rechtsradikalismus’ erreicht ist. Deshalb sind ihre Auftritte keinesfalls reine Konzerte und ihre Lieder auch nicht akribisch traditionell, wie etwa in der Linie von Mordechaj Gebirtig, dessen „Es brennt“ hier in einer modernen Version erklang. Thobi erzählte vielmehr – mit Diaprojektionen illustriert – die große Geschichte der jiddischen Dichter vor allem in der Achse zwischen Wilna und Jerusalem in der Zeit vor und nach dem Holocaust – mit Ausflügen in den sephardischen Sprachraum spanischer Juden. Viele der Dichter wurden ermordet, manche emigrierten noch rechtzeitig. So ist denn ihre Dichtung von Trauer und Schmerz, von kraftloser Verzweiflung und ungebrochener Sehnsucht geprägt. Schwer und melancholisch erklang das „Owntlid“ (Abendlied) von Itzik Manger, nostalgisch „Ruth“ des Kämpfers Jehuda Amichai (einst Ludwig Pfeufer). Erschütternde Ruhe breitete sich indes in der tiefen, leicht erdigen Stimme Thobis aus, als Broydo Kasriels „Geto“ das Unfassbare beschrieb. Zu hören waren auch Texte von Jitzchak Kathenelson, Chaim Frank oder dem Sprachforscher Eliezer Ben-Jehuda. Peter Wegele, der die musikalischen Arrangements schrieb, zeigte sich dabei als emotional überaus einfühlsamer Begleiter von klarer Ausdruckskraft. Für melancholische Weite sorgte indes Petra Amasreiter, die Grenzgängerin zwischen den Genres an der Geige, die sich auch auf die Inhalte gefühlsmäßig überzeugend einließ. Thobi griff bisweilen zur Gitarre, wenn tiefe Innigkeit geboten war. Was nicht auch auf der CD„jiddisch is gor nischt asoj schwer“ zu hören ist, war unter anderem eine Vertonung eines vor wenigen Jahren erst entdeckten Gedichts von Peter Ginz, eines Prager Juden, der mit 16 in Auschwitz starb. Mit 13 begann er ein Tagebuch zu schreiben und zeichnete seine Träume. Sein Bild des Blicks vom Mond auf die Erde flog 2003 in der Raumfähre Columbia im Gepäck des israelischen Astronauten Ilan Ramon in den Weltraum. REINHARD PALMER