Mehrere kleine Orte haben bei der sächsischen Kommunalwahl erneut mit zweistelligen Wahlergebnissen für die NPD auf sich aufmerksam gemacht, so mit 25,2 Prozent die Gemeinde Reinhardtsdorf-Schöna. Und das nicht zum ersten Mal. Wie kommt es zu solchen Ergebnissen? Die Amadeu Antonio Stiftung hat hierzu kürzlich eine Analyse von Bianca Richter veröffentlicht: "Rechter Alltag - Ein Bericht über die "deutschen Zustände" in Reinhardtsdorf-Schöna und Kleingießhübel".Von Sebastian Dolsdorf
"Berichtet wird die Geschichte einer Gemeinde. Sie lässt sich am besten als eine Geschichte
des Wegsehens, der Duldung und der Normalisierung eines menschenfeindlichen Extremismus
beschreiben. Eine Geschichte also, in der sich das Vorurteil einnistet und seine ganze
Kraft entfalten und ohne Gegenwehr sogar zur bindenden Kraft werden kann. Die Geschichte
spielt in der Sächsischen Schweiz, der Gemeinde Reinhardtsdorf-Schöna und
Kleingießhübel. Berichtet wird über die Aktivitäten rechtsextremer Personen und Gruppen
und den Versuch einer Bürgerinitiative, der die Autorin angehört, diesen Aktivitäten zu begegnen.
Berichtet wird aber auch über eine schweigende, ambivalente, verängstigte und
überforderte Gemeinde....".
So beschreibt der Bielefelder Wissenschaftler Dr. Andreas Zick in einem Vorwort zur Analyse von Bianca Richter, um was es geht: die Geschichte zunehmeder rechter Dominanz in einem kleinen Ort und die Folgen. Dies ist Inhalt einer druckfrischen Broschüre mit dem Titel „Rechter Alltag – Ein Bericht über die ‚deutschen Zustände’ in Reinhardtsdorf-Schöna und Kleingießhübel“ aus der „Analyse“ - Reihe der Amadeu Antonio Stiftung. Das Heft bietet eine 43-seitige detaillierte Beschreibung der politischen und gesellschaftlichen Situation in der sächsischen Gemeinde Reinhardtsdorf Schöna. Das Dorf wurde bekannt, als die NPD bei der letzten sächsischen Landtagswahl 2004 prozentual die meisten Stimmen in Deutschland erhielt: ebenfalls 25,2 Prozent, wie jetzt auch bei der Kommunalwahl im Juni 2008. Ziel der Analyse ist es, die Mechanismen darzulegen, mit deren Hilfe sich Rechtsextremismus und rechtsextreme Gedanken in der Gesellschaft etablieren, stabilisieren und reproduzieren.
Die Autorin Bianca Richter arbeitet exemplarisch die Selbststabilisierungsfaktoren von feindseligen Ansichten und Verhalten heraus, wie beispielsweise das Verhalten der politischen und ökonomischen Eliten, der öffentlichen Diskurse und Medien und einzelner Bevölkerungsgruppen. Anschließend stellt sie verschiedene Interventionsmöglichkeiten für die Gemeinde vor. Die Analyse wird durch ausführliche Erfahrungsberichte ergänzt. Am Ende des Heftes zieht das Mobile Beratungsteam in Sachsen Bilanz zu Möglichkeiten der Demokratieentwicklung in Reinhardtsdorf-Schöna.
Die Broschüre gibt einen sehr guten Einblick in die politische und gesellschaftliche Situation einer sächsischen Gemeinde, die exemplarisch auch auf viele Regionen in Westdeutschland übertragbar ist. „Nur wenn wir wirklich verstehen wie Rechtsextremismus und menschenfeindliche Einstellung sich reproduzieren und stabilisieren und dies bei der Förderung von Projekten berücksichtigen, können wir effektiv etwas dagegen tun“, so Timo Reinfrank von der Amadeu Antonio Stiftung anlässlich der Veröffentlichung der Broschüre. Doch wie das Kommunalwahlergebnis der NPD im Juni 2008 beweist, werden Lehren kaum gezogen, auch wenn es die Analysen dazu gibt. Erneut erzielte die NPD in Reinhardtsdorf-Schöna 25,2 Prozent....
Zu den Kommunalwahlen in Sachsen vom 9.6.2008.
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ür 5 Euro Unkostenbeitrag ist die Broschüre bei der Stiftung bestellbar: 030. 240 886 10 oder als Download:
http://www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/rechter-alltag_analyse-2.pdf
www.mut-gegen-rechte-gewalt.de