Rund 3000 Menschen haben am 16.2. in Dresden Flagge gegen einen Neonazi-Aufzug gezeigt. Aber bis zu 6000 Neonazis kamen - rigoros von der Polizei geschützt.. Eine Fotoreportage dazu folgt im Lauf des Dienstags.
Hintergrund: Jährlich im Februar wird der Aufmarsch von Rechtsextremen im Gedenken an die Zerstörung der Stadt kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges organisiert, aber dabei die Kriegsschuld ignoriert. Zur Gegenaktion unter dem Motto "Geh denken" hatte ein großes bürgerliches Bündnis aufgerufen, um wie in den Vorjahren an die nationalsozialistische Vorgeschichte der Zerstörung Dresdens im Februar 1945 zu erinnern. Die Veranstalter sprachen von mindestens 6000 Teilnehmern, was eher eine rgutgemenuten Zählung entspricht. "Wir wollen nicht akzeptieren, dass der Neonazi-Spuk ewig weitergeht. Wenn man nicht reagiert, wäre das ja wie eine Einladung an die Rechten", erklärte Ralf Hron, der Organisator der Veranstaltung.
Zeitgleich bewegte sich ein sogenannter Trauermarsch der rechtsextremen "Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland" (
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Gedenken in der Synagoge
Bereits am Morgen hatten mehrere hundert Menschen ihre Solidarität mit der Jüdischen Gemeinde bekundet, weil der Demonstrationszug der Rechten an der neuen Synagoge vorbeiführen sollte. Jüdische und nichtjüdische Besucher nahmen am Sabbat-Gottesdienst teil. In der voll besetzten Synagoge sprach Landesrabbiner Salomon Almekias-Siegl von einem bewegenden Bild, das Hoffnung gebe. Zum Abschluss bekundeten Vertreter anderer Kirchen ihre Verbundenheit mit der rund 750 Mitglieder zählenden Jüdischen Gemeinde.
Die Polizei war mit rund 3300 Beamten aus zehn Bundesländern im Einsatz. 63 Menschen wurden in Gewahrsam genommen, 5 weitere festgenommen. Es wurden Ermittlungen wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, Körperverletzungen und Sachbeschädigung eingeleitet. Die Polizei verhinderte mehrfach das Aufeinandertreffen linker und rechter Demonstranten, konnte aber nicht verhindern, dass ein Thor Steinar Laden der rechten Szene geplündert wurde. Zwei Einsatzfahrzeuge wurden beschädigt.
Dresden war vor 63 Jahren bei Luftangriffen US-amerikanischer und britischer Bomber stark zerstört worden. Nach Schätzungen starben etwa 35.000 Menschen. Bereits am Mittwoch - am Jahrestag der Zerstörung - hatten die Dresdner mit Kranzniederlegungen, Gottesdiensten und Konzerten an die Opfer der Bombennächte erinnert. Rund 600 Neonazis hatten einen abendlichen Fackelaufzug veranstaltet.
Im Vorfeld hatt die Jüdische Gemeinde zu Dresden folgenden Aufruf veröffentlicht:
"Mit Entsetzen haben wir gehört, dass am 16. Februar 2008 alte und neue Nazis beabsichtigen, erneut in der Stadt Dresden zu demonstrieren. Die Route wird wieder an unserem Gotteshaus vorbeiführen. Als Mitglieder der Jüdischen Gemeinde empfinden wir eine derartige Demonstration in unmittelbarer Nähe der Neuen Synagoge am Schabbat als bewusste Provokation. Und das 70 Jahre nach der Pogromnacht vom 9./10. November 1938, in der Nazis auch unsere Synagoge zerstörten.
Wir wünschen uns, dass die Neue Synagoge und ihr Umfeld ein Ort lebendiger Begegnung und respektvoller Auseinandersetzung mit Gedächtnis und Gegenwart bleibt. Gemeinsam mit vielen anderen Dresdnern protestieren wir deshalb gegen Geschichtsverfälschung und die Präsenz der Rechtsextremen. Aus diesem Grunde lädt die Jüdische Gemeinde alle ihr nahe stehenden Dresdner zum Schabbat-Gottesdienst am 16.02.2008 um 10:00 Uhr in der Neuen Synagoge Dresden und auf dem Innenhof ein.
Der Schabbat als jüdischer Ruhetag verlangt eine friedliche und würdige Atmosphäre. Deshalb bitten wir alle Besucherinnen und Besucher dieses öffentlichen Gottesdienstes, gemeinsam für diese Atmosphäre zu sorgen.
Im Anschluß an den Schabbat-Gottesdienst finden hinter dem Gemeindezentrum am Rathenauplatz Gespräche mit Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde und unserem Rabbiner statt. Infostände und künstlerische Beiträge werden dieses öffentliche Gespräch bereichern."
Dresden, am 11. Februar 2008
Nora Goldenbogen Heinz-Joachim Aris, Im Namen der Jüdischen Gemeinde im Namen des zu Dresden Landesverbandes Sachsen der jüdischen GemeindenDie MUT-Reportage über den 13.2.: >klick
Der nächste Aufmarsch: Augsburg (sz, 19.2.)
Durchsuchung bei sächsischem NPD-Abgeordnetem (redok 18.2.)>klickKurzbericht aus MDR-Aktuell (Video) vom 16.2. >klick
"Geh denken!" Ein weiterer Aufruf für den Samstag von Dresdens Bündnis für Demokratie: >klick
Aktuelle Situationsbeschreibung (taz, 16.2.): >klick
Bereits am Mittwochabend wollten Neonazis einen Fackelzug durch Dresden veranstalten. Mehr über die Hintergründe und geplanten Gegendemonstrationen von Mittwoch und Samstag >klickZum Verlauf der Demonstrationen am Abend des 13.2.: >klick
Wie Sachsens Regierung Neonaziaufmärsche künftig begrenzen will: >klickwww.mut-gegen-rechte-gewalt.de / hk / Foto: Schwarzmann