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Zwischen Antisemitismus, Nazi-Kontakten und Interkulturalität

Wie rechtsextrem und antisemitisch agiert die Redaktion der Jenaer Studentenzeitschrift UNIQUE? Vorwürfe gegen die UNIQUE, speziell gegenüber dem Chefredakteur Fabian Köhler, spitzen sich zu. Anlass ist die Veröffentlichung des Mailverkehrs zwischen Chefredakteur und einem aktiven Neonazi in der Jenaer rechtsextremen Szene.
 
Mehrere Monate lang schrieb sich Fabian Köhler, Chefredakteur der sich selbst als „interkulturell“ bezeichnenden Jenaer Studentenzeitschrift UNIQUE, mit einem aktiven Mitglied der rechtsextremen Szene. Ursprung des Kontaktes war ein Interview mit einem gewissen „Emil G.“ aus der rechtsextremen Szene, das in der Januar-Ausgabe diesen Jahres (Nr. 45) erschien – ohne jegliche Einrahmung der Redaktion. Daraufhin entbrannte eine Debatte an der Friedrich-Schiller-Universität, die in eine öffentliche Podiumsdiskussion mündete. Der Vorwurf lautete: die UNIQUE würde Nazis durch unprofessionellen Journalismus eine Plattform zur Verbreitung ihrer Ideologien geben. „Indem ganzen Interview gab es nicht eine kritische Nachfrage, das alles entsprach eher einem Werbegespräch.“ so Berengar Lehr, Referent gegen Rechtsextremismus beim Studentenrat.  
 
Wie nun antifaschistische Studenten herausfanden, hatte der Autor des Artikels, der Chefredakteur Fabian Köhler (fabik) langfristig vor und nach der Erscheinung des Interviews persönlichen Kontakt zu „Emil G.“. Wie es in einer Stellungnahme der UNIQUE heißt, sei dieser Kontakt „immer persönlicher und journalistischer Natur und zu keinem Zeitpunkt politisch motiviert“ gewesen. Distanz lässt sich aus dem E-Mail-Verkehr allerdings nicht erkennen: Köhler verabredete sich in freundschaftlichem Ton mit „Emil G.“ für Kulturveranstaltungen am Abend, war interessiert an einem „Bombenholocaust“- Videoabend im „Braunen Haus“, ließ sich Artikel von seinem Neonazi-Freund „absegnen“ und lobte einen Artikel von „Emil G.“, der auf einer Nazi-Internetseite zum „Fest der Völker“ erschienen war. Ein mit „Emil G.“ abgesprochener Artikel (Köhler garantierte er gegenüber dem Rechtsextremen, keine Bilder zu veröffentlichen, welche Teilnehmer der Kundgebung erkennen ließen) wurde aus dem “ZEIT“-Blog „Störungsmelder“ gelöscht und Fabian Köhler umgehend aus dem Blogger-Team geworfen.
 
Weitere Vorwürfe gegenüber der UNIQUE Redaktion drehen sich um antisemitische Ressentiments, die in Texten verbreitet werden, etwa in einem Interview mit dem Journalisten Khalid Amayreh, Hamasvertreter und dem iranischen Regime nahestehend (Ausgabe Nr. 47). In diesem Interview äußert Amayreh sich klar antisemitisch. So sei seiner Meinung nach „Israel an sich ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, das „wie ein Nazi“ kein Existenzrecht verdiene. In der Januar-Ausgabe, in der auch das Nazi-Interview erschien, wurden von einem Redakteur abgetriebene Kinder als die neuen Juden unserer Zeit bezeichnet.
 
Die Universitätsleitung hatte die Gelder für die Studentenzeitschrift schon länger gestrichen. Der Studierendenrat der Friedrich-Schiller-Universität fror die finanzielle Unterstützung vorerst mit der Bedingung ein, Köhler möge zurücktreten. Wenig später wurde sie aber wieder freigegeben. In einer hitzigen Debatte setzte sich der Studentenrat (Stura) gestern erneut mit der Problematik auseinander. Aufgrund von Beschlussunfähigkeit, kam es zu keiner Entscheidung. Nun sei geplant, eine Urabstimmung oder eine Vollversammlung über die Finanzierung der UNIQUE durch den Stura herbeizuführen. Christin Penz, im Vorstand des Stura, erklärte, das sie „aufgrund der Brisanz des Themas, eine basisdemokratische Entscheidung für notwendig erachte“.
 
In einem offenen Brief des zweiten Chefredakteurs, Lutz Thormann, gesteht dieser ein, dass, „so notwendig Szenekontakte bei der Recherche im rechtsextremen Milieu auch sind“, der Schaden jedoch für die UNIQUE, den Stura und die Universität zu groß sei. Allerdings erhebt Thormann Vorwürfe gegenüber Berengar Lehr, dem Referenten gegen Rechtsextremismus beim Studierendenrat, dass dieser „linksextrem“ sei und er seinen Rücktritt und eine Umbenennung in „Referat gegen Extremismus““ begrüßen würde. "Mich als Linksextremen zu bezeichnen ist erst einmal unverschämt. Und dann Links- mit Rechtsextremismus gleichzusetzen zeigt die Inkompetenz der Redaktion bei diesem Thema. Damit versucht Lutz Thormann von der eigentlichen Debatte abzulenken“, so Lehr gegenüber MUT. In den nächsten Wochen wird es darum gehen, ob die UNIQUE bzw. Fabian Köhler Konsequenzen aus den Vorfällen ziehen muß oder ob die Studentenzeitschrift ihre Arbeit wie gewohnt fortsetzen kann.
 
 
Foto: Titelseite der UNIQUE #45;  Text: Franz Zobel
 

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