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Am Mittwoch Unterschriftenübergabe

Die nonpd-Kampagne will am 12.12. vor dem Reichstag 47 Kartons mit 175.445 Unterschriften an Bundestagsabgeordnete übergeben, um ein neues Verbotsverfahren gegen die NPD, "die in der Tradition der NSDAP steht", auf den Weg zu bringen. So weit, so gut. 10 Tage zuvor hatte die Initiative die Kisten schon einmal in der Bundespressekonferenz aufgestapelt - und begannen, dem gewichtigen Anliegen ihrer Unterschriftgeberzu schaden - mit fragwürdigen Vorwürfen an den Petitionsausschuss des Bundestags.

Von Jörg Fischer-Aharon und Holger Kulick

Mehr als 175.000 Menschen haben die Unterschriftenkampagne „nonpd – NPD-Verbot jetzt“ unterstützt und fordern ein Verbot der neonazistischen Partei. Dazu heißt es in der Begründung des Aufrufs: "Ihre Aussagen sind rassistisch, antisemitisch und fremdenfeindlich. Sie tritt für ein neues "Deutsches Reich" ein und lehnt die demokratische Ordnung der Bundesrepublik Deutschland ab. Sie propagiert zur Durchsetzung ihrer politischen Ideologie nicht nur Gewalt, sondern bietet auch Gewalttätern eine politische Heimat und unterstützt sie. Sie ist in einem hohen Maße für ein geistiges Klima verantwortlich, in dem vielfältige strafbare Handlungen gedeihen". Dazu nutze sie "den Parteienstatus aus, um Gelder von einem demokratischen Staat zu beziehen, den sie abschaffen will".

Vor allem Jugendliche hatten sich engagiert an der Kampagne beteiligt. Eine Reihe prominenter Unterstützer, Gewerkschafter und auch Bürgermeister, so aus Wunsiedel, Halle, Bremen, Augsburg und Tübingen unterzeichneten die überparteilich angelegte Initiative mit, sogar der Bischof von Regensburg. Auch ganze Organisationen, beispielsweise die LandesschülerInnenvertretung Nordrhein-Westfalen, die NaturFreunde Deutschlands, der Bundesvorstand der ver.di-Jugend oder auch Kirchengemeinden, Bürgerinitiative und Schulen brachten sich ein.

Initiiert wurde die Kampagne mit erheblichem Aufwand von der Vereinigung der Verfolgten des Nazisregimes – Bund der Antifaschisten e.V. /VVN-BdA, die diese am 26. Januar startete – am Vorbabend des Holocaust-Gedenktages und des Jahrestages der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz 1945. Zahlreiche Informationsstände wurden betreut, Zeitungen und Aufkleber gedruckt und Buttons geprägt. Ziel war es, die Diskussion über ein Verbot der verfassungsfeindlichen NPD voranzutreiben und einen Verbotsantrag des Bundestags zu erreichen. Dazu wurde eine medienwirksame Übergabe der eingegangenen rund 175.000 Unterschriften rund um den 9. November angestrebt. Doch dazu kam es nicht.

Petitionsausschuss in der Kritik


"Mehr als bedauerlich ist nun, dass sich das Bundestagspräsidium weigert, den gesammelten Volkswillen in Form der Unterschriften , entgegenzunehmen" teilte die Initiative am 30. November in einer Presseerklärung mit und schreibt auf ihrer Homepage: "Verhallen mehr als 175.000 Stimmen zum NPD-Verbot ungehört? Präsidium des Deutschen Bundestages zeigt sich bisher nicht bereit, Schreiben und Unterschriften entgegenzunehmen". In der Tat hatte die Initiative Bundestagpräsident Norbert Lammert um einen Übergabetermin gegebeten, der aber hatte in einem Brief vom 26. Oktober zuständigkeitshalber an den dafür zuständigen Petitionsausschuss des Bundestags verwiesen, dem, so teilte Lammert mit, "die Behandlung sämtlicher an den Deutschen Bundestag gerichteten Bitten und Beschwerden obliegt".

Doch von der Petitionsausschussvorsitzenden Kersten Naumann sei die Bitte am 8. November "abschlägig beantwortet" worden, heißt es jetzt in der Presse-Erklärung des VVB-BdA, die sehr emotional mit dem Zitat einer Erstunterzeichnerin, Esther Bejarano, einer Überlebenden von Auschwitz ,schließt: "Es ist eine Unverschämtheit, den Willen von 175.000 Menschen in diesem Land derart abzutun, indem man der VN-BdA anbietet, die Unterschriften bei der Poststelle am Hintereingang abzugeben. Ich frage mich, ob diesem Politikern klar ist, dass sie mit ihrem Verhalten genau denen in die Hände spielen, um deren Verbot es geht." Mit einem ähnlichen Wortbeitrag meldete sich bei der Pressekonferenz am Freitag eine "Berliner Bürgerin" aus Lichtenberg zu Wort.

Mit solcher Demagogie tut der VVN-BdA der ehrenwerten Sache seiner Initiative aber keinen Gefallen. Denn von der "Poststelle am Hintereingang" ist im den Journalisten übergegeben Schriftverkehr mit dem Petitionsausschuss keine Rede. Das Sekretariat des Ausschusses hatte dem VVN-BdA am 8.11. schriftlich mitgeteilt, "dass die Obleute des Petitionsausschusses beschlossen haben, dass zunächst keine persönlichen Übergaben an Abgeordnete des Petitionsausschusses stattfinden sollen. Wir können Ihnen lediglich anbieten, die Unterschriften bei einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin des Ausschussdienstes des Petitionsausschusses in der Schadowstraße 12/13 abzugeben".

"Unfug" heißt es aus Ausschusskreisen

Auf der Pressekonferenz wurde jedoch der Eindruck erweckt, dass sich der Petitionsausschuss gezielt weigere, diese Unterschriften überhaupt offiziell entgegenzunehmen. In einem Interview mit dem NEUEN DEUTSCHLAND vom 1.12. wiederholt der VVN-Vorsitzende Werner Pfennig sogar wörtlich: "...dass der Bundestagspräsident und der Petitionsausschuss es abgelehnt haben, die Unterschriften anzunehmen".

Doch wer im zuständigen Sekretariat nachfragt, bekommt ein verwundertes "Unfug!" zu hören. Es sei nun einmal eine Maßgabe, Briefe und Petitionen an das Gremium prinzipiell gleichzubehandeln. Die demonstrative Übergabe an einzelne Abgeordnete hebele dieses Gleichwertigkeitsprinzip aber aus. Zeitweilig habe der Petionsausschuss dies zwar ermöglicht, sich aber nach einer "unglücklich verlaufenen Aktion" generell wieder darauf verständigt, von einer solchen Vorzugsbehandlung einzelner Initiativen abzusehen. Der Diskussionsprozess darüber sei allerdings intern noch im Gang. Die nonpd-Kampagne wäre aktuell jedoch nicht die einzige Initiative der eine persönliche Übergabe an die Ausschussvorsitzende abgelehnt worden sei. Zeitgleich sei auch einem anderen Antragsteller mitgeteilt worden, dass zwar Mitarbeiter des Ausschusses, nicht aber eingebundenen Bundestagsabgeordnete zur Übernahme bereit stünden.

Dieses Verfahren mag man zwar bedauern. Es aber von vornherein theatralisch als generelle Ablehnung auszulegen, erweist dem Ziel der nonpd-Initiative einen Bärendienst. Ein ernsthaftes Anliegen droht auf diese Weise zur billigen Propagandanummer zu werden. Darüber sollten die Initiatoren noch einmal nachdenken, die sich überdies nicht in allen ihren Argmentationslinien einig waren. Wurde zunächst betont, dass keine Bundestagsabgeordneten Unterzeichner des Aufrufs sind, da sie ja Empfänger des Aufrufs werden sollen, rutschte dem ehemaligen PDS-Parlamentarier Heinrich Fink auf dem Podium die Bemerkung heraus, dass seines Wissens sogar "zwei oder drei Bundestagsvizepräsidentinnen" den Appell unterzeichnet haben. An Bundestagspräsident Lammert selbst hat die Initiative indessen ein neuerliches Schreiben verfasst, in dem sie um eine "geeignete repräsentative Form der Übergabe" bittet. Eine Antwort von zuständiger Stelle, so heißt es aus dem Bundestag, sei unterwegs.

Mehr zur NPD-Verbotsdebatte im neuen Monatsschwerpunkt der MUT-Redaktion bei der Bundeszentrale für politische Bildung:
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