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Quietschbunt statt kackbraun - unter diesem Motto stellte sich Köln erneut quer. Schon einmal, vor rund acht Monaten, setzte die Domstadt Maßstäbe für kreativen Bürgerwiderstand gegen Rassismus. Die rechtspopulistische 'Pro Köln'-Bewegung scheiterte schon damals mit dem Versuch mitten in 'Kölle' einen propagandistisch groß aufgezogenen Anti-Islamisierungskongress durchzuführen. An diesem Wochenende hielten erneut volksfestähnliche Demonstrationen Europas Rechtsaußen ab, in Köln zu tagen. Statt 2000 kamen nur 200.
Es sei eine „Anmaßung und Dreistigkeit“, ausgerechnet im toleranten Köln eine „Plattform für billigen Populismus zu suchen“, hatte sogar Kölns -Oberbürgermeister Schramma vehement dazu aufgerufen, eine Neuauflage des "Antiislamisierungskongresses" der rechtspopulistischen Pro Köln-Bewegung zu verhindern. Aus seiner Sicht sei es sogar „unsere Pflicht ist, da aufzustehen, wo die Rechte von Minderheiten in Frage gestellt werden und Intoleranz propagiert wird". Zwar waren es diesmal nicht 15.000 Menschen, die halfen, Kölns Innenstadt zu blockieren, wie acht Monate zuvor. Stattdessen reichten 4000 Teilnehmer in Köln-Deutz aus, um die Rechtsaußen abzuschrecken. Mit sehr viel karnevalistischem Humor.
Unter dem Motto "Quietschbunt statt Kackbraun" folgten diese Demonstranten den zahlreichen Aufrufen zu Gegendemos.
Eine Veranstaltung mit bis zu 2000 Teilnehmern hatte die vom NRW-Verfassungsschutz beobachte Organisation 'Pro Köln' angemeldet, am Ende trauten sich nur rund 200 rechte Funktionäre und ihre Sympathisanten auf das Barmer Feld in Deutz. Das war zuvor von einem Großaufgebot der Polizei abgeriegelt worden - 5600 Beamte waren im Einsatz.
Doch ausschließlich friedlicher Protest prägte das Bild, organisiert vom Bündnis "Köln stellt sich quer", das ist ein Zusammenschluss von Parteien, Kirchen, Gewerkschaften, gesellschaftlichen Gruppen und Prominenten. Bei frühsommerlichem Wetter lieferte ein buntes Kulturprogramm Reden, Theaterszenen und Rap gegen Rechts. Die angereisten Vertreter der rechten und rechtsextremen Parteien wurden - wie in Köln eigentlich nicht zu anders zu erwarten - mit lautstarken Schmähgesängen zu Melodien beliebter Karnevalshits überzogen.
"Volksfestcharackter"
Ein Polizeisprecher bescheinigte den Protesten gegenüber der Rheinischen Post "Volksfestcharakter". Die Zeitung berichtet weiter:
"Ganz so ausgelassen war es dann allerdings nicht überall. Um möglichen Straßenblockaden wie im Vorjahr zu entgehen, hatte die Pro-Köln-Delegation von S-Bahnhöfen der Region zum Bahnhof Deutz anreisen wollen. Natürlich sickerte der Plan durch. Augenzeugen zufolge wurde eine S-Bahn mit rechten Kundgebungsteilnehmern von einer Notbremsung gestoppt. Anschließend gab es Rangeleien.
Davon war auf der Demonstration in Deutz wenig zu spüren. Hier schunkelten Musliminnen mit Kopftuch einträchtig mit antifaschistischen Motorradfreunden, forderten Transparente "Kein Sex mit Nazis" und so mancher Deutzer nutzte seine großräumig abgesperrten Prachtstraße zum Schaulaufen mit den Inline-Skates. Die Polizeibeamten waren zwar in voller Kampfmontur angetreten, hielten sich aber weitgehend zurück. So durfte ein dreijähriger Knirps sogar einmal das Funkgerät einer Bundespolizistin in die Hand nehmen, während sich ihre unterbeschäftigten Kollegen den mitgebrachten Lunchpaketen widmen konnten. Die von zwei Punkern freundlich angebotenen Bierflaschen lehnten die Beamten allerdings höflich ab.
Pro-NRW-Chef Markus Beisicht gab sich trotz der bescheidenen Resonanz auf seine Kundgebung entschlossen. Köln müsse sich darauf einstellen, dass jedes Jahr ein "Anti-Islamisierungskongress" stattfindet, sagte der Rechtsanwalt. In dem Fall werden die Kölner ihren Widerstand fortsetzen, versprach Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU)."
Zum Thema:
Kölner Maßstäbe für Protestkultur - Fotoserie vom 8. Mai
Denkanstöße von OB Schramma am 8. Mai.
Zur Website Köln stellt sich quer
Der Protest in Köln am 22.9.2008
www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / Quellen: Rheinische Post, Kölnische Rundschau u.a. / hk