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Auch in diesem Jahr mobilisiert die NPD zum Neonazifest „Rock für Deutschland“ in das ostthüringische Gera. Das Aktionsbündnis „Gera gegen Rechts“ will mit breiter Unterstützung Widerstand leisten.
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Update
Nach Informationen von "Gera Nazifrei" soll das Neonazi-Fest nun doch auf der "Spielwiese" stattfinden. 2. August 2011
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Von Franz Zobel
Zum neunten Mal werden am 6. August 2011 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet nach Gera reisen, um an dem Hasskonzert mit Festival-Charakter „Rock für Deutschland“ (RfD) mit dem diesjährigen Motto „Nie wieder Kommunismus - Freiheit für Deutschland“ teilzunehmen. Seit 2003 tritt der NPD-Kreisvorsitzende und Stadtrat Gordon Richter als Anmelder in Erscheinung. Die enge Verknüpfung zur gewaltbereiten Szene spiegelte sich nicht erst in den letztes Jahr verübten Attacken durch die hiesige Neonazi-Szene gegen Teile der Zivilgesellschaft gegen Rechts rund um den Termin des RfD wider. Seit Jahren ist Richter, der auch Mitglied im Landesvorstand der Thüringer NPD ist, in der lokalen Neonazi-Szene fest verankert. Das zeigte nicht zuletzt die Anwesenheit von alten und jungen Neonazi-Kadern bei der gleichnamigen Kundgebung am 17. Juni auf dem Geraer Marktplatz.
Neonazistische Erlebniskultur mit Tradition
Getarnt als politische Veranstaltung der NPD gehört das RfD zum festen Bestandteil neonazistischer Erlebniskultur. Seit Jahren ist Thüringen das Festivalland für rechte Musikliebhaberinnen und -liebhaber. Dieser Trend wird durch den diesjährigen Rekord von etwa 60 Neonazisbeim „Tag der nationalen Jugend“ in Sondershausen bestätigt. Auch der dieses Jahr erstmals am 3. September stattfindende „Eichsfelder Heimattag“ in Leinefelde, bei dem als Headliner die unter Neonazis beliebte Rechts-Rock Band „Die Lunikoff-Verschwörung“ erwartet wird, reiht sich in diese Entwicklung ein. Im Line-Up des RfD spiegelt sich die gesamte Bandbreite neonazistischen Musikangebots wieder. Von klassischen Rechts-Rock Bands wie „Brutal Attack“ über NS-Hatecore („Burning Hate“) bis hin zu rechten Liedermachern („Ferox & Barny“). Als Redner zwischen den Musikbeiträgen sind der Fraktionsvorsitzende der NPD im sächsischen Landtag Holger Apfel, sowie Mitglieder des NPD Bundes- und Landesvorstands angekündigt.
Gordon Richter (hier rechts im Bild) bei der Kundgebung am 17. Juli
Breite Mobilisierung zu den Gegenprotesten
Der seit Jahren beliebte Veranstaltungsort – die sogenannte „Spielwiese“ – kann nach Informationen der Stadtverwaltung Gera dieses Jahr für die menschenverachtende Propagandaveranstaltung nicht genutzt werden. Stattdessen muss jetzt auf einen Parkplatz vor dem ehemaligen Gelände der Bundesgartenschau ausgewichen werden. Lange war auch nicht klar, wann genau das RfD stattfinden wird, da es für den 13. August auch eine Anmeldung gibt. Die Organisatorinnen und Organisatoren der Gegenveranstaltung sind auf unterschiedliche Szenarien vorbereitet, wie ein Mitglied des Aktionsbündnisses „Gera gegen Rechts“ gegenüber MUT verlautbaren lässt.
Für 6. August sind verschiedene Gegenveranstaltungen geplant. Rund um den neuen und alten Veranstaltungsort der Neonazis sind mehrere Kundgebungen angemeldet worden. Als zentraler Punkt für die Mobilisierung zu den Gegenprotesten gilt dabei der Theatervorplatz. Hier wird es ab 12 Uhr ein Konzert gegen Rechts geben, wozu unter anderem Künstler des bekannten Jenaer Techno-Labels „Freude am Tanzen“ auftreten werden. Zu einem Friedensgebet lädt die ökumenische Gemeinschaft der Geraer Kirchen um 9.30 Uhr in das Rosenzelt auf dem ehemaligen BUGA-Gelände. Schon am Vorabend wird es eine Demonstrationszug zum Veranstaltungsort der Neonazis geben.
Unter dem Aufruf „Gera - Keine Spielwiese für Nazis“ versammeln sich Unterstützerinnen und Unterstützer aus Politik, Kultur und Zivilgesellschaft. Auch die Thüringer Minister Matthias Machning und Heike Taubert unterstützen das Aktionsbündnis in ihrem Widerstand gegen das RfD. In einem Videobeitrag auf der Website des Aktionsbündnisses ruft der Liedermacher Konstantin Wecker zur Teilnahme an den Gegenprotesten auf. Eine thüringenweite Vernetzung des Aktionsbündnisses soll eine breite Mobilisierung garantieren. Aus verschiedenen thüringischen Städten wird es eine gemeinsame Anfahrt geben. Na dann, auf nach Gera.
Foto oben: Protestmaterial von "Gera gegen Rechts"