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NPD bleibt in Hessen Randerscheinung

Ein gutes Zeichen. Trotz Wirtschaftskrise und Parteienfrust über SPD und CDU hat die rechtsextreme NPD  bei den Landtagswahlen in Hessen nicht als Protestpartei profitieren können. Erneut verfehlte sie die für die Wahlkampfkostenerstattung wichtige Ein-Prozent-Hürde.

Von Holger Kulick

Die NPD war mit einer Mischliste aus NPD- und DVU-Kandidaten angetreten und im Wahlkampf kaum aufgefallen, außer mit Flyern die plump für "ein deutsches Hessen" und "deutsche Lösungen für Hessen" plädierten. Aber Forderungen wie "Islamisten raus - Deutschland ohne Großmoscheen" oder "Nationalisierung unserer Wirtschaft mit Schutzzöllen" fanden bei den Wählern keinen Rückhalt, die suchten eher nach Antworten, wie die sich abzeichnende Rezession realistisch verhindert werden kann.

Dennoch verfügt die NPD in Hessen dem  vorläufigen Endergebnis nach offenbar über einen festen Sockel von 0,9 Prozent der Wähler, diesen Anteil hatte sie schon bei der letzten hessischen Landtagswahl erzielt. Doch damit verfehlte sie erneut ihren Anspruch auf staatliche Parteienfinanzierung in Hessen. Erst ab einem Prozent wäre das möglich.

Landesweit erhielt die NPD 22.184 Stimmen gegenüber  24.004 bei den Wahlen 2008 und verzeichnete in zahlreichen Kommunen erhebliche Rückschläge. Sehr viel erfolgreicher waren auf  Landesebene FREIE WÄHLER, die sich von rund 24.000 auf 42.000 Stimmen steigern konnten. Protestwähler, auf die die NPD gerne hofft, hatten diesmal vor allem FDP oder Grüne gewählt - oder waren zu Hause geblieben. Die Wahlbeteiligung erreichte mit 60,5 Prozent ein in Hessen historisches Tief.

Einzelergebnisse

Ihre besten Ergebnisse erzielte die NPD in den Wahlkreisen Wetterau II mit 2,4 Prozent (2008: 3,0) sowie Hersfeld (2,0%; 2,2). In weiteren 15 Wahlkreisen (WK) holte die NPD über 1 Prozent: WK Lahn-Dill I (1,5%; 1,5), WK Wetterau III (1,4%; 2,0), WK Frankfurt I (1,3%; 1,1), WK Groß-Gerau I (1,3%; 1,1) WK Schwalm-Eder II (1,3%; 1,3), WK Fulda II (1,2%; 1,2), WK Lahn-Dill II (1,2%; 1,3), WK Mainz-Kinzig III (1,1%, 1,1), WK Offenbach-Stadt (1,1%; 1,1), WK Rotenburg (1,1%, 1,3), WK Vogelsberg (1,1%, 1,0), WK Wetterau I (1,1%; 1,1), WK Darmstadt-Dieburg I (1,0%, 0,8), WK Main-Kinzig I (1,0%, 1,0) und WK Marburg-Biedenkopf I (1,0%, 0,9).


Gewechselter Spitzenkandidat


Im Gegensatz zu 2008 war die NPD in Hessen mit einem anderen Spitzenkandidaten angetreten. Ihr ehemaliger Landesvorsitzender Marcel Wöll war wegen Holocaust-Leugnung vor Gericht gelandet und Richtung Jena verzogen. Er gilt nur noch als "Aktivist neonazistischer Freier Kameradschaften". Die ehemalige NPD-Spitzenkandidatin Doris Zutt wiederum zog nach Mecklenburg. Neuer Spitzenkandidat wurde der 33-jährige Frankfurter NPD-Stadtverordnete und Schreiner Jörg Krebs,  der auf Fotos mit besonders blütenweißem Hemd und der Parole "Hessen wählt deutsch" posierte und schon im Wahlkampf davor kaum mehr als durch Aussagen wie "an oberster Stelle meines Handelns stehen angeblich so überholte Werte wie Disziplin, Anstand, Moral und vor allem die Liebe zu Volk und Heimat" aufgefallen ist. Eindruck schinden konnte das nicht. Nach der Wahl bot er seinen Rücktritt an.

Der Koch-Faktor

In Hessen hat die NPD aus zwei weiteren Gründen schlechte Karten. Dort hat CDU-Spitzenkandidat Roland Koch traditionell das ausländerfeindlich eingestellte Wählerpotenzial an sich gebunden, zudem hatte zumindest hessenweit gerade erst ein Prozess in Kassel gegen einen Neonazigefolgsmann des ehemaligen NPD-Chefs Marcel Wöll für Schlagzeilen gesorgt. Der 19-jährige Kevin S. hatte gemeinsam mit Wöll neonazistische Propagandavideos produziert. Er landete vor Gericht, weil er im Sommer 2008 mit einem Klappspaten auf eine 13-jährige eingeschlagen hatte, die in einem Zeltlager der linken Jugendorganisation 'solid' campierte. Gerade erst war er deshalb zu einer Haftstrafe verurteilt worden.

Das hessische NPD-Landtagswahlergebnis dürfte auch ein weiterer Schlag ins Kontor von NPD-Chef Voigt sein, mit dessen Abwahl Ende März gerechnet wird. Er hatte solches Klientel, das mit den freien Nationalisten kooperiert, gezielt an die NPD gebunden. Trösten dürfte es die Partei dabei kaum, diesmal die deutschkonservativen Republikaner überboten zu haben. Die sind in Hessen von mehr als 27.000 Stimmen (1 Prozent) auf unter 16.000 (0,6) gerutscht.


Zu allen Wahlergebnissen des Landeswahlleiters.
Blick in einzelne Gemeinden: npd-blog-info.
Mehr über Neonazis in Hessen: netz-gegen-nazis.de

www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / hk

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Wahlergebnisstafel