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Gerwisch: Ignorierte Polizei Warnungen vor rechten Angriff auf Geburtstagsparty?

Am 17. Januar 2008 begann am Amtsgericht Burg der Prozess gegen fünf extrem Rechte im Alter von 18 bis 29 Jahren, denen die Staatsanwaltschaft u.a. gefährliche Körperverletzung und Landfriedensbruch im Zusammenhang mit einem Angriff auf eine Geburtstagsparty in Gerwisch bei Magdeburg (Kreis Jerichower Land) vorwirft. In die Polizei-Statistik rechtsextremer Gewalt ging der Überfall zunächst nicht ein...

Am späten Abend des 21. Oktober 2006 hatten mehr als 25 teilweise vermummte extrem Rechte eine Geburtstagsfeier von alternativen und nicht-rechten Jugendlichen im Bürgerhaus Gerwisch überfallen. Mehrere Partygäste wurden durch Schläge und Tritte sowie umstürzende Gegenstände verletzt. Die Angreifer riefen rechte Parolen, warfen mit Flaschen, stießen Einrichtungsgegenstände um und prügelten und traten auf flüchtende Gäste ein. Die meisten Opfer erlitten Kopfverletzungen. Ein Betroffener musste vor Ort ärztlich betreut werden, ein weiteres Opfer musste noch Wochen nach dem Angriff ambulant behandelt werden.

Am ersten Verhandlungstag hatten sich drei der Angeklagten zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft eingelassen und ihre Anwesenheit zum Tatzeitpunkt in Gerwisch eingeräumt. Zwei Angeklagte gaben an, sich vor dem Überfall in einem Rechten Treffpunkt in Grabow, Kreis Jerichower Land aufgehalten zu haben. Auf einen Anruf hin seien sie gemeinsam mit etwa 15 anderen Personen von dort zum Bürgerhaus Gerwisch losgefahren.
Am Zweiten Verhandlungstag sind mehr als 10 Zeuginnen und Zeugen, darunter auch Betroffene des Angriffs vom 21. Oktober 2006 geladen. Der Prozess wird am 7. Februar 2008 ab 9 Uhr am Amtsgericht Burg fortgesetzt.

Polizeipannen vor, während und nach dem Angriff

Bereits am Vorabend des Überfalls auf das Bürgerhaus Gerwisch waren mehrere vermummte Neonazis in einen Treffpunkt von alternativen Jugendlichen in Gerwisch eingedrungen. Sie bedrohten die anwesenden Jugendlichen und wollten wissen, wer im Ort Antifa-Aufkleber verteilt hätte. Für den Fall, dass ihnen die Namen dieser Personen nicht mitgeteilt würden, kündigten die Rechten ihr Erscheinen für den Folgetag an. Die betroffenen Jugendlichen informierten daraufhin sofort nach Abzug der Neonazis die Polizei. Trotzdem leugnete das Polizeirevier Burg nach dem Angriff auf das Bürgerhaus am nächsten Abend tagelang, dass die Polizei über die Ankündigung des neonazistischen Angriffs informiert war.

Dies blieb nicht der einzige polizeiliche Fehler: Gegenüber der Mobilen Opferberatung beschwerten sich mehrere der angegriffenen Jugendlichen und ihre Eltern später über das respektlose und anmaßende Verhalten der zum Bürgerhaus Gerwisch herbeigerufenen Polizisten, das nach Mitternacht im Erteilen von Platzverweisen gegen einige Geschädigte gipfelte.

Währenddessen konnten die rechten Angreifer den Ort unerkannt und ungehindert verlassen. Trotz eindeutiger Äußerungen der Angreifer gegen "das Zeckenpack" und dem Zeigen des sog. "Hitler-Grußes" durch einen der Angeklagten leugnete die Polizei gegenüber der Öffentlichkeit über Tage jeglichen politischen Hintergrund der Tat. Der Angriff wurde bis zum Prozessbeginn in keiner öffentlich zugänglichen Polizeistatistik als rechte Gewaltstraftat anerkannt.

Erst nachdem die betroffenen Jugendlichen sich mit Hilfe der Mobilen Opferberatung an die Medien wandten, wurde die Öffentlichkeit über das Ausmaß des Angriffs und der Polizeipannen informiert.

Entgegen aller darauf folgenden Beteuerungen einer sorgfältigen Aufklärung setzte sich die Serie von Polizeifehlern bei den Ermittlungen fort: Bis heute wurden den Opfern keine Lichtbilder zur Identifizierung mutmaßlicher Tatbeteiligter vorgelegt -- obwohl den Polizeibehörden bekannt ist, dass lediglich ein Teil der Angreifer vermummt war. Zudem blieben die Zeugenvernehmungen unvollständig. Das Ergebnis: Lediglich fünf von mindestens zwei Dutzend Rechten müssen nun 15 Monate später vor Gericht wegen des Angriffs verantworten.

Mehr über die www.mobile-opferberatung.de

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