Ein Gesetzentwurf, der Unterstützung verdient: Hass-Taten, also Straftaten, die auf menschenverachtenden Motiven beruhen, sollen künftig strenger und effektiver geahndet werden. Das hat zumindest der Bundesrat beschlossen. Ob auch der Bundestag folgt?
Von Mario Peucker
"Hatecrime" heißt der Tatbestand in den USA. Um solche Tatbestände auch hierzulande künftig wirksamer ahnen zu können, schlägt der Bundesrat in einer am 4. Juli 2008 beschlossenen Gesetzesinitiative vor, menschenverachtende, rassistische oder fremdenfeindliche Beweggründe und Ziele ausdrücklich in den Katalog der Strafzumessungskriterien aufzunehmen. Zukünftig soll für diese Taten die Bestrafung mit kurzem Freiheitsentzug von bis zu sechs Monaten anstatt Geldstrafe die Regel sein. Die Hürden für die Aussetzung zur Bewährung werden erhöht.
Mit dem Entwurf will der Bundesrat ein deutliches Zeichen gegen menschenverachtende Vorurteils- und Gewaltkriminalität setzen. Er reagiert damit auf die steigende Anzahl vor allem rechtsextremer Übergriffe. Von einer strengeren Bestrafung versprechen sich die Länder auch eine abschreckende Wirkung auf etwaige Nachahmungstäter.
Die vorgeschlagene Formulierung im Strafgesetzbuch umfasst nicht nur rassistische und fremdenfeindlich motivierte Straftaten, sondern alle Taten, die sich gegen ein Opfer als Repräsentant einer bestimmten Menschengruppe richten.
Verweis auf steigende Neonazigewalt
Als Begründung wird auf die kontinuierlich steigende Zahl rechtsextrem motivierter Gewalttaten verwiesen. So heißt es in dem Gesetzentwurf mit der Bundesrats-Drucksachennummer 458/08 (Beschluss):
"Die Anzahl der von Vorurteilen und Hass gegen Einzelne oder Teile der Bevölkerung geprägten Straftaten, insbesondere der Anstieg rechtsextremistischer Gewalttaten, zwingen zu umfassendem und nachhaltigem Handeln.... Gewalttaten gegen Ausländer, Juden, Spätaussiedler, Behinderte, Obdachlose, Homosexuelle und Zugehörige anderer Bevölkerungsgruppen, die deren Achtungsanspruch zutiefst verletzen und teilweise mit unvorstellbarer Brutalität ausgeführt werden, fordern entschlossene und konsequente Reaktionen durch die Justiz. Dazu gehört auch, erkannte Defizite im strafrechtlichen Rechtsgüterschutz zu beseitigen und durch entsprechende klare Regelungen des Strafgesetzbuches deutlich zu machen, dass der Staat die von derartigen Taten ausgehenden Gefahren für das demokratisch und rechtsstaatlich verfasste Gemeinwesen nicht hinnimmt, sondern ihnen zum Schutz dieser Ordnung und seiner inländischen und ausländischen Bewohner konsequent entgegentritt.
Trotz der überragenden Bedeutung, die das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland der Menschenwürde einräumt, hat der Schutz jener Personen, die auf Grund menschenverachtender, rassistischer oder fremdenfeindlicher Motivation oder Zielsetzung Opfer von Straftaten werden, im geltenden Sanktionenrecht bislang nur einen unzureichenden normativen Ausdruck gefunden. Entsprechend hatte für den Bereich der rassistisch motivierten Straftaten...".
Länder wollen Gerichte stärker sensibilisieren
Gerichte sollen künftig auch die vom Täter angestrebten Erfolge der Tat strafschärfend berücksichtigen - so zum Beispiel, wenn der Täter beabsichtigt, Angst und Schrecken innerhalb der von der Tat betroffenen Personengruppe zu verbreiten.
Die Länder erhoffen sich durch die gesetzliche Strafschärfung gleichzeitig eine vorgelagerte Sensibilisierung der Strafverfolgungsbehörden für menschenverachtende Delikte. Das geltende Sanktionsrecht biete trotz der überragenden Bedeutung der Menschenwürde noch keinen ausreichenden Schutz gegen solche Straftaten, heißt es zur Begründung.
Der Gesetzentwurf wird zunächst der Bundesregierung zugeleitet, die ihn zusammen mit ihrer Stellungnahme dem Deutschen Bundestag zur Beschlussfassung vorlegt.
Hier der gesamte Gesetzesentwurf, den der Bundesrat am 4.7.2008 beschlossen hat.
Rechtsextreme Gewalt nimmt auch 2008 zu (9.7.2008)
www.mut-gegen-rechte-gewalt.de & www.efms.de / mp / hk
Das Fotomotiv gibt es als Plakat der stern-Aktion gegen Mut gegen rechte Gewalt.