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Rassistische Gewalt gegen Flüchtlinge nimmt dramatisch zu

Die Erkenntnisse des heute vorgestellten Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2014 bestätigen die Befürchtungen der Amadeu Antonio Stiftung. Rassistische Gewalt gegen Flüchtlinge nimmt dramatisch zu.

Die Erkenntnisse des heute vorgestellten Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2014 bestätigen die Befürchtungen der Amadeu Antonio Stiftung: Demnach ist im Jahr 2014 die Zahl der „Gewalttaten mit rechtsextremistisch motiviertem Hintergrund“ nach Angaben des Innenministeriums um 23,6 Prozent auf insgesamt 990 Taten angestiegen. Das ist die höchste Zahl an Delikten seit 2008. Jeder zweite Rechtsextremist ist laut Verfassungsschutzbericht als gewaltorientiert einzustufen. Die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte im Jahr 2014 – überwiegend Sachbeschädigungen und Propagandadelikte – hat sich mit 170 gegenüber dem Vorjahr mehr als verdreifacht. Die Amadeu Antonio Stiftung zählt sogar noch mehr Angriffe für das Jahr 2014.

„Das Hauptmobilisierungsthema für die rechte Szene ist und bleibt seit dem Bundestagswahlkampf 2013 der Hass auf Flüchtlinge. Rassistische Gewalt gegen Flüchtlinge und deren Unterkünfte nimmt seit Oktober 2014 mit dem Beginn der Pegida-Demonstrationen dramatisch zu. Nicht nur, aber eben besonders stark in Sachsen“, betont Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung. Diese im Verfassungsschutzbericht beobachtete Entwicklung setzt sich auch 2015 auf sehr hohem Niveau trotz abnehmender Pedida-Demonstrationen weiter fort.

Im ersten Halbjahr 2015 (Stand 28.6.2015) gab es laut BMI bereits 150 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte. Auch die körperlichen Angriffe gegen Flüchtlinge haben weiter zugenommen. „Es ist jedoch wichtig, darauf hinzuweisen, dass diese Gewalt nicht nur von Neonazis begangen wird. Vielmehr sind es immer häufiger auch sogenannte „besorgte Bürgerinnen und Bürger“, die ihren rassistischen Einstellungen freien Lauf lassen. Dass sich deren Hetze nicht nur in Demonstrationen und Stammtischparolen erschöpft, sondern in tatsächliche Gewalt umschlägt, belegen zahlreiche Fälle der Chronik rassistischer Gewalt gegen Flüchtlinge, die die Stiftung in Kooperation mit Pro Asyl führt. Für 2014 zählt die Stiftung 81 körperliche Angriffe auf Flüchtlinge, in 2015 bereits 44", so Reinfrank.

Deutschland habe »eine Verantwortung gegenüber denjenigen, die Schutz in Deutschland suchen«  resümierte Bundesinnenminister Thomas de Maizière bei der heute stattfindenden Bundespressekonferenz. „Das dürfen keine leeren Worte bleiben. Die Bundesregierung steht angesichts der Eskalation der Gewalt gegen Flüchtlinge in der Pflicht ein wirksames Konzept zu erarbeiten, das Flüchtlinge zukünftig besser schützt“, fordert Reinfrank.

Gerade bei der Erfassung rassistischer Straftaten gegen Flüchtlinge wird deutlich, wie statisch die dem Verfassungsschutzbericht zugrunde liegenden Kategorien wie Politisch-Motivierte Kriminalität (PMK) -Rechts, -Links- und Ausländerkriminalität von den staatlichen Behörden gedacht werden. „Der Rassismus der Mitte und die daraus resultierenden Straftaten können von der bisherigen PMK-Statistik nicht adäquat abgebildet werden.“, so Reinfrank.

Dieses Problem zeigt sich auch im Hinblick auf die Erfassung des Antisemitismus. Das Erstarken der Salafistenszene und des Islamismus ist bedrohlich und muss vehement bekämpft werden. Hieraus kann jedoch nicht geschlussfolgert werden, dass antisemitische, anti-demokratische Bewegungen nur im islamistischen und rechtsextremen Spektrum auftreten. „Keine politische oder gesellschaftliche Gruppe ist von antisemitischen Vorurteilen ausgenommen: Von Rechtsextremen, Islamisten über die gesellschaftliche Mitte bis hin zu Personen mit linkem Selbstverständnis finden sich antisemitische Positionen. Wie sich zuletzt im letzten Sommer bei den Gaza-Demonstrationen zeigte. Dies wird im Verfassungsschutzbericht zu wenig berücksichtigt“, so Reinfrank.
 

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