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Wenn Aufklärung Wirkung zeigt

Einerseits konnte die NPD bei den Kommunalwahlen am 7. Juni ihr Netz lokaler Verankerung in einigen Bundesländern weiter weben. Andererseits haben die Wähler den Rechtsextremen klare Grenzen aufgezeigt. In Sachsen-Anhalt erlebte die NPD beispielsweise mit nur rund 2 Prozent ein Fiasko, da tröstet sie auch ein Sitz in den Stadtparlamenten von Halle und Magdeburg nicht. Auch in Thüringen gab es zwar braune  Einzelerfolge, aber der angestrebte Durchbruch blieb der NPD verwehrt.

Nach der Stadtratswahl in Magdeburg zeigte sich das örtlich sehr engagierte Bündnis gegen Rechts erleichtert über das vergleichsweise schlechte Abschneiden der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). „Aufgrund der fehlenden 5-Prozent-Hürde war von einem Einzug der rechtsextremen NPD in den Magdeburger Stadtrat auszugehen,“ so Thomas Weber von Miteinander e.V. in Magdeburg. „Ihr selbst gestecktes Ziel, die Bildung einer Fraktion mit mindestens drei Mitgliedern, hat die Partei aber deutlich verfehlt. Somit misslingt der erhoffte Zugriff auf materielle Ressourcen in Form einer Fraktionsgeschäftsstelle.“

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis liegt die Partei bei 2,0 Prozent. Zur heißen Wahlkampfphase hatte der Magdeburger NPD-Kreisverband seine Aktivitäten noch einmal deutlich erhöht: An unzähligen Laternenmasten wurden Plakate gehängt, Flugblätter und eine eigene Wahlkampfzeitung in Briefkästen verteilt. „Wir sind erfreut, dass die NPD mit ihrer völkischen und auf Vorurteile gegen eine vermeintlich im Stadtrat herrschende ‚Politmafia’ nur wenig Zuspruch unter den Wählerinnen und Wählern gefunden hat.“

Weber sieht einen Grund für das schlechte Abschneiden der extrem rechten Partei in der Aufklärungsarbeit des Bündnis gegen Rechts und anderer Initiativen über die Hintergründe der Kandidaten und ihres Kommunalwahlprogramms. Ferner lobte Weber den Schulterschluss der demokratischen Parteien im Magdeburger Stadtrat, die bereits im März 2009 einen gemeinsamen Wahlaufruf gegen die NPD veröffentlicht hatten. „Unterschiedliche politische Positionen sind in einer demokratischen und pluralen Gesellschaft nicht hinderlich sondern notwendig. Gegenüber antidemokratischen und menschenverachtenden Positionen muss es jedoch ein klares Signal der Ablehnung geben.“ Weber forderte die im neugewählten Magdeburger Stadtrat vertretenen Parteien auf, den demokratischen Konsens beizubehalten, die NPD konsequent auszugrenzen und bei Anträgen auf die völkische und antidemokratische Ideologie der Rechtsextremen hinzuweisen.

Mit Blick auf die geringe Wahlbeteiligung forderte Weber von der Kommunalpolitik und -verwaltung die Umsetzung von Konzepten, die auf eine stärkere Bürgerbeteiligung setzen. „Die gebetsmühlenartig geäußerte Betroffenheit nach jeder Wahl hilft uns nicht weiter. Die fehlende Bereitschaft zur Stimmabgabe resultiert auch aus einem subjektiven Gefühl politischer Ohnmacht. Mündige Bürgerinnen und Bürger haben auch jenseits von Wahlen das Recht, an politischen Entscheidungsprozessen mitzuwirken.“ Weber verwies in diesem Zusammenhang auf Konzepte wie Bürgerkommune und Bürgerhaushalt, die in anderen Gemeinden und Städte bereits erfolgreich umgesetzt werden.

Die Mobile Beratungsstelle in Thüringen, MOBIT e.V. nahm ebenfalls eine erste Analyse vor:


Differenziert müssen die Ergebnisse von Rechtsextremen bei der Thüringer Kommunalwahl betrachtet werden. Auf der Ebene der Kreise und Kreisfreien Städte erreichten diese zwischen 2,1 % (Hildburghausen) und 5,2% (Eisenach). In nur wenigen anderen Städten trat die NPD zur Wahl an. In der Stadt Lauscha erreichte diese allerdings10,8%. Das ursprüngliche Ziel in Thüringen flächendeckend anzutreten, musste die NPD schon vor einiger Zeit aufgeben. Die Partei nahm in nur sieben Landkreisen, vier kreisfreien Städten und drei Kreisstädten an der Wahl teil.

Uwe Schubert von „Mobit e.V.“ kommentiert: „Das Ergebnis der Kommunalwahl sollte differenziert betrachtet werden. Über 20 Mandate in verschiedenen Thüringer Städten sind besorgniserregend. Der erhoffte landesweite Durchbruch ist der Thüringer NPD aber verwehrt geblieben. Dies ist auch ein Erfolg der vielen Menschen aus der Thüringer Zivilgesellschaft, die sich in den letzten Wochen gegen Rechtsextremismus engagiert haben.“ Um eine Prognose für die Landtagswahl abzugeben ist es aber nach Meinung von Uwe Schubert noch zu früh: „Abzuwarten bleibt, ob die Rechtsextremen von der wirtschaftlichen Krise des Landes profitieren können.“

Entscheidend für die mobile Beratung bleibt die Stärkung der zivilgesellschaftlichen Kräfte im Bundesland. Diese stehen vor neuen Herausforderungen: Insgesamt drei größere Rechtsrockevents stehen in Thüringen auf der Agenda. Nach Arnstadt am kommenden Wochenende (Tag der nationalen Jugend), folgt das schon traditionelle NPD Konzert in Gera im Juli. Im September findet dann das sog. „Fest der Völker“ in Pößneck statt, ein rechtsextremes Musikspektakel von internationaler Bedeutung.

Auch Stefan Heerdegen von Mobit sieht hier wichtige Aufgaben in den nächsten Monaten: „Die Wahlauseinandersetzungen werden im Spätsommer beendet sein. Die Bekämpfung der rechtsextremen Alltagskultur, die unter anderem in der Thüringer Musikszene deutlich wird, bleibt Tagesaufgabe.“

Rechtsextreme schafften Sprung in Stadtparlamente (spiegel.de, 8.6.2009)
Ein erster Überblick über die
Kommunalwahlergebnisse:
Rassistisches Wahlplakat -
Anzeige gegen DVU

www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / hk

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Kein Ort für Neonazis Aufkleber neben Wahllokal