Sie sind hier

Thüringen: Kleine Projekte können viel bewegen

Mit ihrer Kampagne "Kein Ort für Neonazis in Thüringen" ermutigt die Amadeu Antonio Stiftung junge Menschen, sich in Thüringen für mehr Demokratie stark zu machen. Im Vorfeld der Wahlen werden Projekte unterstützt, die vor Ort etwas bewegen. Einige davon stellen wir hier vor.

Von Jan Schwab


Informieren über die rechtsextreme Szene

In Arnstadt zum Beispiel, 25 Kilometer südlich von Erfurt gelegen, dürfen Neonazis dieses Jahr am 13. Juni ihren "8. Thüringentag der nationalen Jugend" abhalten. Schlimm genug, dass dies überhaupt möglich ist, doch das rechtsextreme Festival, bei dem Redner aus dem Spektrum der NPD und der Freien Kameradschaften sowie Rechtsrock-Bands auftreten, findet aller Voraussicht nach mitten im Stadtzentrum statt, auf dem Theatervorplatz. Die Veranstaltung gibt es bereits seit 2002, sie findet einmal jährlich in einem anderen thüringischen Ort statt. In den vergangenen Jahren sind jeweils zwischen 200 und 500 Neonazis aus ganz Thüringen angereist, um am Thüringentag teilzunehmen, für 2009 werden wieder mehrere hundert Teilnehmer erwartet.

Obwohl die Neonaziszene mit ihren Veranstaltungen wie dem "Thüringentag", mit offensiver Wahlwerbung und ihren Kampagnen immer weiter in die Mitte der Gesellschaft vordringt, ist das Informationsdefizit beim Thema Erscheinungsformen der Neonaziszene erstaunlich hoch. Da bildet Arnstadt keine Ausnahme. Der Infoladen Arnstadt organisiert daher Kundgebungen und eine Demonstration und ist mit Infoständen zur rechten Szene präsent, um am "Thüringentag" den Neonazis nicht die Stadt zu überlassen. Immerhin, so ein Mitarbeiter des Infoladens, sei die örtliche rechtsextreme Szene inzwischen äußerst vielfältig: "Von gewalttätigen Neonazis aus Kreisen der 'Freien Kameradschaften' über organisierte NPD-Anhängerinnen und Anhänger bis hin zu problematischen Überschneidungen mit dem Rechtskonservatismus gibt es alle möglichen Erscheinungsformen der modernen Neonaziszene." Über diese gelte es aufzuklären, damit sich möglichst viele Menschen zusammenfinden, die gemeinsam gegen Rechtsextremismus in Arnstadt aktiv werden. Das ist besonders wichtig in einer Stadt, deren Bürgermeister sich ausdrücklich nicht den Gegenprotesten anschließt, sondern zeit- und fast ortsgleich ein Schlossfest organisiert, das nicht als kritische Veranstaltung gegen die Neonazis gedacht ist, sondern als ein fröhliches Volksfest.

An welchen Symbolen erkenne ich einen Neonazi?

Auch in Weimar ist Rechtsextremismus ein wachsendes Problem, das sich zunehmend in der gesellschaftlichen Mitte bemerkbar macht. Rechtsextreme Gewalt hat in Weimar insbesondere im ersten Halbjahr 2009 stark zugenommen: Regelmäßig werden Migranten und alternative Jugendliche von Neonazis angegriffen. In der Innenstadt von Weimar, so berichtet ein betroffener Jugendlicher, herrsche eine Atmosphäre der Angst, "die immer mehr von Neonazis und ihrer Gewalt dominiert wird." Um junge Menschen für die Themen Nationalismus und Rechtsextremismus zu sensibilisieren, werden Mitglieder von BiKo e.V. und Arranca am 10. Juni im Soziokulturellen Zentrum Gerberstraße einen Vortrag halten.

Ähnlich großer Bedarf an Infoveranstaltungen besteht in Jena. Insbesondere Lehrkräfte, aber auch Schülerinnen und Schüler sind entweder erschreckend häufig nicht im Bilde, wenn es um das Thema Rechtsextremismus geht, und wenn doch, dann wissen sie häufig nicht, wie sie dem Problem offensiv begegnen sollen. Hier bieten das Bildungswerk Blitz, die Jugendbildungsstätte Hütten und KoKont Jena (Koordinierungsstelle und Kontaktbüro des Runden Tisches für Demokratie) ihre Hilfe an, indem sie mit ihren Workshops direkt an die Schulen gehen. Im Rahmen der Kampagne "Kein Ort für Neonazis" unterstützt die Amadeu Antonio Stiftung den Workshop "Rechte Symbole und Parolen – erkennen und adäquat reagieren" an zwei Schulen in Jena. Während in der Karl-Volkmar-Stoy-Schule in erster Linie die Lehrkräfte über das Thema aufgeklärt werden, um anschließend ihr Wissen an die Schülerinnen und Schüler weiterzugeben, richtet sich ein anderes Angebot an Jugendliche des Staatlichen Berufsschulzentrums in Jena-Göschwitz.

Sommerfest gegen Rechtsextremismus

Dass Sensibilisierung für das Thema Rechtsextremismus nicht immer einhergehen muss mit reiner Wissensvermittlung, zeigt das alljährliche Sommerfest im Angergymnasium in Jena. Zum Abschluss des Schuljahres veranstaltet der Schülerrat jeden Sommer ein großes Fest mit Musik regionaler und überregionaler Bands. Vor dem Hintergrund der wachsenden rechtsextremen und antidemokratischen Aktivitäten in Thüringen (zum Beispiel das "Fest der Völker") beschloss der Schülerrat im Jahr 2008, das Sommerfest unter das Motto "Rock gegen Rechts" zu stellen. Neben den Bands kommen nun auch Vertreter verschiedener Organisationen zu Wort, die sich für Demokratie und gegen Rechtsextremismus engagieren.


"Kein Ort für Neonazis in Thüringen" - Wir unterstützen euch!

Ihr – das sind demokratisch eingestellte Jugendliche und junge Wähler und Wählerinnen in ganz Thüringen, die etwas vor Ort bewegen wollen! Ihr wollt ein Zeichen setzen und verhindern, dass die NPD nach Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen auch in den Thüringischen Landtag einzieht.

Dafür gibt es etwas Geld, öffentliche Unterstützung und Anerkennung. Eure Aktion kann bis zum 30. August 2009, dem Tag der Landtagswahl, mit bis zu 250 Euro aus unserem Fonds unterstützt werden. Rat und Beistand gibt es gratis. Unser Aktionsfonds ermöglicht, dass ihr euch engagieren könnt.

Aufkleber kein Ort für Nazis
Aufkleber kein Ort für Nazis

10 dieser Aufkleber gibt es übrigens inclusive Button bei der Amadeu Antonio Stiftung für 2 Euro! Foto: Kulick

Die Kampagne wird unterstützt durch: 'Aufandhalt', Aktionsbündnis Courage (ABC), Deine Stimme gegen Nazis, Europäische Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar, Jüdische Landesgemeinde Thüringen, MOBIT, Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, THO - Thüringer Hilfsdienst für Opfer rechtsextremer Gewalt. Finanziert wird die Kampagne durch die Stiftung Umverteilen.

Anträge können bis zum 30. August geschickt werden an:
Amadeu Antonio Stiftung
Stichwort: "Kein Ort für Neonazis"
Linienstr. 139
10115 Berlin


Weitere Infos unter: www.amadeu-antonio-stiftung.de/thueringen


(c) www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/js

kein-ort-fuer.jpg

Kein Ort für Nazis in Thüringen