Das Portal
für Engagement
Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
Seit Jahren unterstützt Mut gegen rechte Gewalt die Aktion Zivilcourage Pirna. Die stern-Aktion fördert das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) in dem Verein. So kann ein junger Mensch für ein Jahr seine Ideen bei der Aktion Zivilcourage einbringen. Wir haben mit Björn Kieckhäfer gesprochen, der in diesem Jahr dabei ist.
Mut: Du machst ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der Aktion Zivilcourage Pirna. Wie bist Du auf diesen Verein gekommen?
Der Projektträger ist ja die Sächsische Jugendstiftung. Sie koordiniert die Einsatzstellen. Als ich mein Abitur im letzten Jahr fertig hatte, wollte ich zunächst etwas Sinnvolles machen und nicht gleich mit dem Studium beginnen. Ich habe auch einen Ersatz für den Zivildienst gesucht. Für Politik habe ich mich schon länger interessiert und dann bin ich der Aktion Zivilcourage Pirna auf einer Messe begegnet und habe mich mit dem Vorstand unterhalten können. Die Aktion Zivilcourage hat viele interessante Projekte, die selbst organisiert werden. Das fand ich spannend und dachte, dass ich mich gut einbringen kann, weil ich schon während meiner Schulzeit selbst Projekte organisiert habe.
Mut:Welche Projekte hast Du denn gemacht?
Ich habe mich bei der Youth Bank Rostock engagiert. Sie half vor allem beim Jugendprojektmanagement. Sie unterstützte Jugendliche, die eigene Projekte umsetzen wollten – und das nicht nur ideell, sondern gab auch Tipps, wie man finanzielle Förderung bekommen kann. Leider gibt es die Youth Bank in Rostock heute nicht mehr.
Mut: Was sind Deine Aufgaben bei der Aktion Zivilcourage in Pirna?
Die sind sehr vielfältig! Ich helfe mit, Projekte zu organisieren. Zum Beispiel Gedenkstättenfahrten. Im letzten Jahr habe ich 20 Schülerinnen und Schüler zu einer Fahrt nach Auschwitz begleiten können. Und einmal 60 Schülerinnen und Schüler nach Theresienstadt. Außerdem unterstütze ich das Gedenkspur-Sprühen.
Mut:Was ist das?
Es gibt in Pirna eine Gedenkspur, die an die Opfer der Euthanasie erinnert. In Pirna war ja die Anstalt Sonnenstein, die an der Euthanasieaktion T4 beteiligt war. Die Gedenkspur durch Pirna muss regelmäßig nachgesprüht werden, damit sie nicht verblasst. Genauso wenig wie die Erinnerung daran verblassen darf. Das machen die Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein und die Aktion Zivilcourage zusammen. Mit der FSJ’lerin aus der Gedenkstätte habe ich auch ein eigenes Projekt auf die Beine gestellt. Wir haben einen Vortrag mit dem Titel „Vom Alltagsrassismus zum Rechtsextremismus“ entwickelt und halten den vor Schülerinnen und Schülern, aber auch vor anderen FSJ’lern. Momentan bin ich auch mit den Vorbereitungen zum diesjährigen „Markt der Kulturen“ beschäftigt.
Mut: Der „Markt der Kulturen“ findet am 28. Mai statt, richtig? Was ist denn diesmal geplant?
Ja, am 28. Mai findet der „Markt der Kulturen“ statt. Wir knüpfen an letztes Jahr an, aber der Markt wird noch größer. Wir haben diesmal 70 Stände, an denen sich Institutionen, Vereine und Organisationen vorstellen. Der Höhepunkt ist die Abendveranstaltung. Es kommen die Band „Yellow Umbrella“ und auch eine Band aus Polen: „Tabu“. Außerdem gibt es auf den Bühnen während des ganzen Tages Vorstellungen, Tanz und Theater. Und natürlich gibt es auch Kulinarisches. Im letzten Jahr haben circa 10.000 Besucher am Markt der Kulturen teilgenommen. Wir versuchen auch in diesem Jahr wieder viele Menschen für das interkulturelle Fest zu begeistern.
Mut: Wie nimmst Du Deine Arbeit bei der Aktion Zivilcourage Pirna wahr? Hast Du das Gefühl etwas bewegen zu können?
Auf jeden Fall! Gestern erst hatte ich auch ein kleines Erfolgserlebnis. In unserem Europa-Projekt versuchen wir Schülerinnen und Schülern, erstes Wissen über Europa und die EU näher zu bringen. Dazu gab es zuerst eine Europa-Rallye durch Pirna. In der Folgeveranstaltung reagierten die Schülerinnen und Schüler auf die Fragen auch mit dem Wissen aus dieser Rallye. Ich habe gesehen, dass etwas hängen bleibt und etwas dazu gelernt wurde. Es ist wirklich beeindruckend, was durch die engagierte Arbeit im Verein erreicht werden kann.
Mut: Und hat der Verein mit Bedrohungen durch Neonazis zu kämpfen?
In den Anfängen der Aktion Zivilcourage gab es Bedrohungen und Schmierereien an der Hauswand. Mittlerweile ist es ruhiger geworden und in meiner Zeit hier habe ich noch nichts dahingehend erlebt. Sicherlich gibt es manchmal komische Sprüche aber konkrete Bedrohungen habe ich während meiner Arbeit im Verein nicht erlebt.
Mut: Hat die Arbeit der Aktion Zivilcourage vielleicht auch gerade dazu beigetragen, dass sich das Klima in Pirna verbessert hat?
Ja, wir erreichen viele Leute und leisten eine gute Arbeit vor Ort. Die Vereinsarbeit hat sicher geholfen, etwas zu verändern. Und ich denke, dass der Verein sehr vielseitig aufgestellt ist. Jetzt wird auch Prävention immer mehr ein Thema. Wir gehen auf Schülerinnen und Schüler zu. Ich finde es wichtig, dass man auch zeigt, was neben dem Schulalltag noch alles passieren kann. Dass man sich auch politisch einbringen und engagieren kann.
Mut:Vielen Dank für das Interview.
Auch ich möchte mich bei Mut gegen rechte Gewalt und bei der Amadeu Antonio Stiftung bedanken. Ich habe viel Spaß an der Arbeit. Ich bin glücklich, das FSJ zu machen. Es bewirkt viel.
Mut: Das freut uns sehr! Viel Erfolg weiterhin.
Das Interview führte Nora Winter.
Foto: Markt der Kulturen 2010, Aktion Zivilcourage Pirna, c