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Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
Zahlreiche Nachwuchsbands feierten "15 Jahre BAFF" in Joachimsthal. (Foto: Evangelische Kirchengemeinde Joachimsthal)
Joachimsthal feiert: Seit 15 Jahren gibt es dort "BAFF - Bands auf festen Füßen", ein Musikprojekt für Nachwuchsbands. Ins Leben gerufen wurde BAFF von einer mutigen Pastorin, die sich von der lokalen Neonazi-Szene nicht unterkriegen lässt, sondern jungen Leuten demokratische Alternativen anbietet.
Von Jan Schwab
Beatrix Spreng ist schon ein wenig stolz auf ihr Projekt. Entspannt sitzt sie auf einer Bank unter einem großen Baum auf dem Joachimsplatz und lässt fünfzehn Jahre "Bands auf festen Füßen" Revue passieren: "Am Anfang war ich allein, aber inzwischen ist es viel besser geworden. Heute werde ich von zahlreichen Menschen im Ort und in der Region unterstützt." Während sie spricht, spielt eine Nachwuchs-Rockband auf dem "Startruck", einem von der Kreuzberger Musikalischen Aktion aus Berlin zur Bühne umgebauten Lastwagen, eigene Songs und Coverversionen. Auch Musiker, die sich an der aktuellen Kampagne der Kreuzberger Musikalischen Aktion, "Soundwahl", beteiligen, lassen es sich nicht nehmen, in Joachimsthal aufzutreten.
"Am Anfang" - als die aus Hessen stammende Pastorin Spreng mit ihrem Engagement noch alleine stand - das war 1994. Damals ahnte Spreng noch nicht, was passieren würde, wenn sie die 3000-Einwohner-Stadt Joachimsthal im brandenburgischen Landkreis Barnim auch für multikulturelle Einflüsse aus Berlin-Kreuzberg öffnen würde. Sie lud türkische Jugendliche von der Kreuzberger Musikalischen Aktion ein, die gemeinsam mit Kindern aus dem Ort in der Kirche Musik machen sollten. Das Vorhaben scheiterte: Rechtsextreme Jugendliche lockten die Polizei mit fingierten Notrufen weg, umstellten die Kirche und bedrohten die Kreuzberger Bandmitglieder. Glücklicherweise gab es keine Verletzten.
"Jetzt erst recht!"
Dieses schockierende Erlebnis war der Beginn einer Erfolgsgeschichte. Denn Beatrix Spreng ist keine Frau, die nach einer Niederlage den Kopf in den Sand steckt, im Gegenteil: "Danach dachte ich mir: Jetzt versuche ich es erst recht!" Einfach machte sie es sich mit diesem Entschluss sicherlich nicht: Als sie versuchte, das Thema Rechtsextremismus in die Diskussion zu bringen, stieß sie auf große Abwehr in der Bevölkerung. Am Ende wurde sogar sie selbst zur Zielscheibe der Kritik: Sie bringe den Ort in Verruf, sie habe keine Ahnung von den Problemen der Menschen – und Rechtsextreme gebe es in Joachimsthal doch gar nicht. Es gab Intrigen, Spreng wurde unter Druck gesetzt, viele wollten sie als Pastorin loswerden. Der Einfluss der rechtsextremen Szene wurde unterdessen immer stärker, die Neonazis konnten sich fast ungehindert im Ort ausbreiten. Das mitten in Joachimsthal gelegene Pfarrhaus wurde in dieser Zeit insgesamt dreizehn Mal (!) überfallen, die Einrichtung zerstört. Dennoch stand selbst nach diesen Vorfällen für viele Menschen im Ort fest: "Bei uns gibt es keine Rechten! Das Problem ist Frau Spreng."
In dieser schwierigen Phase, in der andere längst aufgegeben hätten, besuchten Mitarbeiter der Amadeu Antonio Stiftung die Pastorin. Sie machten ihr Mut zum Durchhalten und brachten sie in Kontakt mit Menschen, die an anderen Orten ähnliches erlebten wie sie. Gemeinsam mit anderen engagierten Menschen ging Beatrix Spreng schließlich wieder in die Offensive: Kleine Musikfestivals mit jungen Bands wurden organisiert, unterstützt durch die Amadeu Antonio Stiftung und die stern-Aktion "Mut gegen rechte Gewalt". Wie wenig selbstverständlich solche Veranstaltungen in den neunziger Jahren waren, zeigt sich an der Tatsache, dass die ersten Festivals unter Polizeischutz abgehalten werden mussten, denn es beteiligten sich auch wieder Musiker aus Berlin-Kreuzberg. Nach und nach entstand die Idee, Musikworkshops und Wettbewerbe für die Nachwuchsbands zu organisieren, bei denen die Jugendlichen durch Musikpädagogen begleitet und unterstützt werden. Die Message an die Jugendlichen war einfach und klar: Ihr könnt alle mitmachen, unter einer Bedingung – Intoleranz und Rassismus werden nicht geduldet.
Mit der mobilen Bühne "Startruck" durch ganz Brandenburg
Die Stiftung und die stern-Aktion "Mut gegen rechte Gewalt" förderten nicht nur das Bandprojekt, sondern unterstützten auch den Bau der mobilen Musikbühne "Startruck" der Kreuzberger Musikalischen Aktion, einem Partnerprojekt der Joachimsthaler Initiative. Der "Startruck" funktioniert nach einem einfachen Prinzip: Ausgestattet mit Instrumenten und Technik können Jugendliche überall in Brandenburg anderen Jugendlichen zeigen, wie man erfolgreich eine Band auf die Beine stellt. Auch in Joachimsthal gab es regelmäßige Proben und Auftritte. So änderte sich zuerst fast unmerklich, später deutlich das Klima im Ort. Die Rechten zogen sich zurück, weil sie merkten, dass sie keine Narrenfreiheit hatten. Gleichzeitig erhielt die Pastorin mehr Anerkennung von den Bürgern. Beatrix Spreng betont, dass sie selbst in den schwersten Zeiten immer auf Unterstützung durch die Kirchgemeinde bauen konnte: "Das wurde mir besonders bei den Wahlen zum Gemeindekirchenrat klar, denn die Stimmen vieler Kirchenmitglieder waren uns sicher." Diese positive Resonanz bestärkte Spreng in dem Plan, das Musikprojekt auch anderen Kirchgemeinden anzubieten. So entstand die Idee für "BAFF – Bands auf festen Füßen" – offen für evangelische Gemeinden in der gesamten Region.
Die Jugendlichen tragen immer mehr Verantwortung
Auch heute noch gibt es Neonazis in Joachimsthal. Der Unterschied zu 1994: "Sie sind weniger geworden und sie wissen, dass sie nicht alles machen können im Ort, ohne dass Gegenwehr von Seiten der Bürger kommt." Die Bereitschaft, sich im Rahmen von BAFF für demokratische Verhältnisse zu engagieren, ist gewachsen. "Ich habe den Eindruck, dass die Leute durch dieses Projekt langsam geprägt werden; BAFF hat sich in den letzten Jahren enorm entwickelt." Das betreffe, so Spreng, auch die Organisationsstruktur: "Am Anfang gab es noch häufig Anleitung und Hilfestellung durch die Projektleiter, aber heute versuchen wir zunehmend, die Veranstaltungen von den Jugendlichen selbst organisieren zu lassen. Wir wollen, dass die Jugendlichen mehr und mehr Eigenverantwortung übernehmen, denn schließlich ist es ihr Projekt."
Ein neuer Aspekt soll in Zukunft hinzukommen: Die Flüchtlingsfamilien in Joachimsthal sollen stärker in die Projekte integriert werden. Die Jugendlichen sollen auf diese Weise lernen, die Situation einmal aus Sicht der Flüchtlinge und Asylbewerber zu sehen und diese besser zu verstehen. Ein wichtiger Perspektivenwechsel, von dem Spreng vor fünfzehn Jahren sicherlich nicht einmal zu träumen gewagt hätte.
Die Amadeu Antonio Stiftung und "Mut gegen rechte Gewalt" gratulieren dem Projekt "BAFF" ganz herzlich zum fünfzehnjährigen Bestehen und wünschen für die Zukunft viel Erfolg und alles Gute!
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