„Neukölln ist lebens- und liebenswert aufgrund seiner Vielfalt“, betonte
Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD), in seiner Einleitung zum Auftaktprogramm des „Bündnis Neukölln“. Er spricht in einer großen Sporthalle zu den Schülerinnen und Schülern der Evangelischen Schule Neukölln (ESN). Mit großer Begeisterung verkündete er, wie toll es ist, dass die Auftaktveranstaltung für das Bündnis in einem passenden Rahmen stattfindet. Aufmerksam folgen die etwa 120 Schülerinnen und Schüler den Worten des Bezirksbürgermeisters. Sie hören gespannt zu, weil es um ihren Bezirk geht und sie genau wissen, dass Neukölln eben nicht immer so liebenswert ist, wie es der Bezirkbürgermeister gerade beschreibt. Rückblick…
Anlass für die Gründung des Bündnisses sind die vermehrt auftretenden propagandistischen und teilweise gewalttätigen Aktivitäten einzelner und organisierter Neonazis im Bezirk Neukölln. So kam es in der Nacht vom 24. auf den 25. Januar 2010 zu Angriffen auf linke, antifaschistische Projekte. Dabei be
schädigten Neonazis die Eingangstür der Galerie Olga Benario in der Richardstraße und warfen zum wiederholten Male die Glasscheiben der Chile-Freundschaftsgesellschaft "Salvador Allende" in der Jonasstraße ein. Im Umfeld der beiden Projekte wurde dabei Aufkleber der NPD und welche, auf denen dem Hitlerstellvertreter Rudolf Heß gedacht wird, angebracht.
In der gleichen Nacht wurden auch bei dem Büro der Naturfreundejugend Berlin (NFJ) in Friedrichshain zwei Fensterscheiben zerstört. Schon einen Tag darauf, in der Nacht vom 25. auf den 26. Januar, kam es zu einem Angriff auf die Geschäftsstelle der Partei Bündnis 90/ Die Grünen in Neukölln. Auch im Norden Berlins, in Reinickendorf und im Wedding häufen sich die Übergriffe. So tauchten in beiden Bezirken neonazistische Schmierereien auf. Auch Fensterscheiden von linken Projekten wurden eingeschlagen. Durch die vermehrt auftretenden hetzerischen und gewalttätigen Aktivitäten der Neonazis, wurde das Bündnis ins Leben gerufen.
Informations- und AktionsplattformDas Bündnis versteht sich als Plattform der Information und Aktion gegen Rechtsextremismus und ist ein Zusammenschluss von Organisationen, Unternehmen, privaten und bezirklichen Einrichtungen sowie Einzelpersonen in Neukölln. Proteste und Sensibilisierungskampagnen werden organisiert. Hauptsächlich sollen breite Bevölkerungsschichten mobilisiert werden. „Die Menschen sollen etwas entgegensetzen und gemeinsam etwas tun. Egal welche Altersgruppe, egal welche Hautfarbe, egal welcher Herkunft jemand ist. Das respektvolle miteinander – deshalb sind wir heute hier“, bemerkte die Bezirksstadträtin Gabriele Vonnekond (Bündnis 90/ Die Grünen). Vorbild für das Bündnis sind die immer noch aufmerksam zuhörenden Schülerrinnen und Schüler der konfessionellen Grund und Gesamtschule in Neukölln. Denn sie tolerieren sich und kommen gut miteinander aus. Nicht umsonst ist die ESN noch die einzige Schule in Neukölln die ohne Sicherheitspersonal auskommt. “Es ist eben eine Schule ohne Rassismus, aber mit Courage“, wie Herr Weiser, Leiter der ESN ausdrückte. Seine Schule ist dabei am Projekt
"Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage" zu teilzunehmen.
„Ab heute heißt du Sara“
Zum Abschluss der Auftaktveranstaltung führten die Schauspielerinnen und Schauspieler des GRIPS-Theaters eine szenische Lesung des Stücks: „Ab heute heißt du Sara“ auf. Die Lesung erzählt die Erfahrungen der jungen Inge Deutschkron während der Zeit nationalsozialistischer Herrschaftsausübung. Das Stück berichtet von der Angst der Verfolgten unter den Deutschen während des Dritten Reiches, aber auch von Menschen, die geholfen haben und die für Inge Deutschkron „stille Helden“ wurden. Und nicht zuletzt zeigt es den kämpferischen Mut eines jungen Mädchens, das nicht aufgibt. Ein gelungener Abschluss, der den Schulerinnen und Schülern der ESN noch einmal die Wichtigkeit des Bündnisses vor Augen hält.
Von Eric Stritter
Foto: Im Herzen Berlin-Neuköllns, von gptwisted via flickr, cc