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Seit Februar dieses Jahres zeichnet das Webprojekt RE:GUBEN die Formen der Erinnerung an den Tod von Farid Guendoul nach. Der 28-jährige algerische Asylbewerber wurde vor 14 Jahren von Neonazis im brandenburgischen Guben in den Tod gehetzt.
Von der Redaktion des Projektes RE:GUBEN
Wenn ein Mensch stirbt, dann sei das nie gut, sagt NPD-Aktivist Alexander Bode gegenüber der taz heute: „Aber ich persönlich habe nichts zu bereuen.“ Vor 14 Jahren war der damals 19-Jährige mit einigen seiner „Kameraden“ auf der Suche nach „Ausländern“.
Es ist der Abend des 12. Februar 1999: Unter den Neonazis in Guben macht das Gerücht die Runde, dass einer der ihren von einem Kubaner mit einer Machete angegriffen worden sei. Die jungen Männer sind aufgeputscht von Alkohol, Musik der Neonazi-Band Landser und dem Film „Romper Stomper“, den sie gemeinsam gesehen haben. Sie machen sich in ihren Autos auf die Jagd. Als Alexander Bode gegen 4 Uhr nachts neben der Bundesstraße die drei Asylbewerber Farid Guendoul, Issaka K. und Khaled B. erblickt, geht alles sehr schnell. „Anhalten, da sind Kanacken“, ruft er. Die Autos der Neonazis bremsen. Einige springen raus, brüllend rennen sie auf die von ihnen ausgemachten Opfer zu. Die laufen los, die Angreifer folgen ihnen. Khaled B. wird auf einen Parkplatz von den Rechten eingeholt, sie treten ihn zu Boden bis er bewusstlos ist und sich nicht mehr bewegt. Farid Guendoul und Issaka K. rennen auf einen Hauseingang zu. Guendoul tritt die Scheibe der Eingangstür ein und verletzt sich dabei die Beinschlagader. Die beiden Verfolgten verstecken sich in panischer Angst im Treppenhaus. Issaka K. verlässt es wieder, um Hilfe zu holen. Farid Guendoul verblutet.
In Guben gilt der Tod Farid Guendouls vielen Menschen bis heute als „Unfall“. Die Stadt sieht sich als das eigentliche Opfer der Geschichte, da ihr Name nun mit Neonazis und Gewalt in Verbindung stehe. Die meisten Menschen möchten hier den 13. Februar 1999 einfach vergessen. Nur wenige erinnern an die Tat und gedenken des Opfers. Einige andere gehen in die Offensive: Hetzjagd könne man doch gar nicht sagen bei einer Verfolgungsstrecke von weniger als 200 Metern, heißt es bei ihnen, oder dass die Neonazis den verstorbenen Farid Guendoul doch gar nicht berührt hätten. Sie fragen danach, was dieser um eine solche Uhrzeit auf der Straße verloren habe und warum er nicht unter seinem bürgerlichen Namen, sondern unter dem Pseudonym Omar Ben Noui in Deutschland Asyl beantragte.
Nach dem Vergessen: Das Projekt RE:GUBEN möchte diese Gubener Realitäten nicht hinnehmen. Der Umgang mit der Tat soll ein Jahr lang mit Kommentaren, Interviews, Reportagen, Artikeln, Bildern und Filmen begleitet werden. Dies trägt zum einen zur Erinnerung an die „Hetzjagd von Guben“ und den Tod des algerischen Flüchtlings bei, zum anderen sollen Reflexionen und Diskussionen über die damaligen und nachfolgenden Prozesse angestellt und angeregt werden. Zudem werden die Ereignisse in Guben mit rechten und rassistischen Übergriffen in anderen deutschen Städten in Bezug gesetzt. Eine nicht nur Farid Guendoul und Guben betreffende Frage ist dabei, wie der Opfer dieser Gewalttaten auch noch Jahre später gedacht werden kann und soll.
Webseite des Projekts RE:GUBEN