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Diesen Samstag, den 02. Juni 2012, findet in Berlin das erste öffentliche Hearing zu den Folgen und Ursachen der rassistischen Mordserie des NSU statt.
Mehr als sechs Monate ist es her, dass sich der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) selbst enttarnte. Obwohl von den politischen Verantwortlichen seitdem stets eine lückenlose Aufklärung aller Versäumnisse angekündigt wurde, bleiben immer noch viele Fragen offen: Wie tief reichte die skandalösen Verwicklung der Sicherheitsbehörden? Welche personellen Konsequenzen wurden aus dem beispiellosen Versagen der Sicherheits- und Geheimdienste gezogen? Welche Auswirkungen hatten die einseitigen Ermittlungen für die Angehörigen und die Verletzten? Warum gab es trotz allen Wissens über die bewaffneten neonazistischen Strukturen in Deutschland keine adäquate staatliche Reaktion darauf? Warum ist das Ausmaß an zivilgesellschaftlicher Solidarität mit den Betroffenen so gering? Wie kann Zivilgesellschaft die parlamentarischen Untersuchungsausschüsse effektiv begleiten? Oder sind Alternativen notwendig?
All diesen Fragen und Aspekten widmet sich diesen Samstag, den 02. Juni 2012, ein Hearing von 11:00 – 17:00 Uhr in der Akademie der Künste, Pariser Platz 4 (S+U Brandenburger Tor) in Berlin-Mitte, zu dem alle Interessierten eingeladen sind. Unter dem Motto „Schweigen und Verschweigen: NSU, Rassismus und die Stille im Land“ veranstaltet ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis das erste öffentliche Hearing zu den Folgen und Ursachen der rassistischen Mordserie des NSU. Zu den Referentinnen und Referenten der drei Hearing-Panels gehören Betroffene der NSU-Anschlagsserie und deren Vertretern sowie Rechtsextremismusexperten aus Berlin, Sachsen und Sachsen-Anhalt und internationale Juristen.
„Ein halbes Jahr nach der Selbstenttarnung des NSU steht eine lückenlose Aufklärung der Mord- und Anschlagsserie weiter aus“, sagt Bündnis-Sprecherin Larissa Stein. „Die Dimension staatlichen Versagens ist bislang lediglich anhand des Schäfer-Berichts für eines der beteiligten Länder, nämlich Thüringen, ansatzweise deutlich geworden. Es ist nicht hinnehmbar, dass Behörden, deren Fehlverhalten und Versagen die NSU-Mordserie erst ermöglicht haben, noch immer Informationen filtern und zurückhalten“. Zudem mangele es an einer dezidierten Auseinandersetzung mit Rassismus in den unterschiedlichen staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen.
Auf der Veranstaltung sprechen unter anderem der Publizist Imran Ayata sowie Kutlu Yurtseven, Sänger der Band Microphone Mafia und zum Zeitpunkt des NSU-Bombenanschlags 2004 Bewohner der Keupstrasse in Köln, die Nebenklagevertreterin Edith Lunnebach, der britische Jurist Dr. Richard Stone (Mitglied der Stephen Lawrence Commission) der Geschäftsführer des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck, sowie die Rechtsextremismusexperten Kati Lang (Opferberatung der RAA Sachsen), Ulli Jentsch (Antifaschistisches Pressearchiv und Bildungszentrum e.V.) und David Begrich (Miteinander e.V.).
Das breite Bündnis, dem zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen sowie Einzelpersonen angehören, will mit dem Hearing den Anliegen und Forderungen von Betroffenen des NSU-Terrors mehr Gehör verschaffen und das seit den 1990er Jahren öffentlich bekannte Ausmaß neonazistischer Gewalt und Organisierung stärker in den Fokus rücken. Über 20 Initiativen und Vereine unterstützen die Veranstaltung und es werden täglich mehr.
Programm:
Begrüßung, Einleitender Beitrag und Panel I (11:00 – 13:30):
„Eine Frage des Respekts: Zum Umgang staatlicher Institutionen, Medien und Gesellschaft mit den NSU-Mordopfern, den Hinterbliebenen und den Verletzten.“
Kutlu Yurtseven, Bewohner der Keupstraße in Köln zum Zeitpunkt des NSU-Bombenanschlags in 2001 und Sänger von „Microphone Mafia“; Rechtsanwältin Edith Lunnebach und Publizist Imran Ayata.
Panel II (14:00 – 15:20):
„Bewaffneter Rechtsextremismus: Kontinuitäten, Milieus und staatliches Versagen.“
Die RechtsextremismusexpertInnen David Begrich (Miteinander e.V.); Ulli Jentsch (Antifaschistisches Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin e.V.) und Kati Lang (RAA Opferberatung Sachsen).
Panel III (15:40 – 17:00):
„Grenzen und Chancen parlamentarischer und außerparlamentarischer Aufklärungsinstrumente: Erfahrungen aus Deutschland und Großbritannien.“
Dr. Richard Stone aus London (ehemals Mitglied der Stephen Lawrence Untersuchungs-kommission) und Wolfgang Kaleck (European Center for Constitutional and Human Rights).
Das Hearing am 02. Juni 2012 in Berlin will den Finger in die Wunde legen und eine öffentliche Diskussion über die Ursachen, Hintergründe und Konsequenzen der NSU-Anschlagsserie führen. Alle Beiträge werden simultan ins Englische und Türkische übersetzt.