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Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
Nach dem Film noch ein Eis und das rege Treiben und die Atmosphäre im Grindelviertel genießen – aber was blitzt denn da? Ein funkelnder Stein im Boden? Genau – denn wer genauer hinguckt, kann an vielen Orten in Hamburg und anderen Städten so genannte Stolpersteine im Boden entdecken. Die 10 x 10 cm großen Betonsteine mit Messingplatte gedenken den Juden, den Behinderten, den Roma und Sinti und den generell anders denkenden Menschen, die grausam in den Vernichtungs- und Konzentrationslagern von deutschen Nationalsozialisten umgebracht worden sind.
Vor den Häusern, in denen sich die letzten Wohnungen der Opfer befanden, findet man oft mehrere Stolpersteine, wenn es sich zum Beispiel um eine ganze Familie handelt, die ausgelöscht worden ist. Beginnend mit den Worten „Hier wohnte…“ taucht auf den Mini-Mahnmälern der Name des Opfers, das Geburtsdatum bzw. das Geburtsjahr, das Jahr oder sogar der Tag der Deportation, der Todestag und der Sterbeort auf, soweit diese bekannt sind.
1993 hatte Gunter Demnig die Ursprungsidee der Stolpersteine, 1994 gab es die erste Ausstellung in Köln. Die ersten Steine verlegte Demnig ohne Genehmigung der Behörden in Köln, danach in Berlin. Um dieses Projekt am Leben zu halten, wurden weitere Steine 1996 im Rahmen des Projektes „Künstler forschen nach Auschwitz“ vor allem vor Berliner Hauseingängen verlegt. Inzwischen gibt es weit mehr als 12.500 Steine in mehr als 280 Ortschaften. „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“, sagt Gunter Demnig.
Für 95 Euro kann jeder eine Patenschaft für die Herstellung und Verlegung eines STOLPERSTEINS übernehmen, nicht nur in Deutschland. Auch in Mailand, Amsterdamm und Paris, in Ungarn und Österreich gibt es bereist Stolpersteine. Anfragen bitte an info@stolpersteine.com. Allerdings traf und trifft das Projekt STOLPERSTEINE in einigen Städten auch auf Widerstand, mal beschädigen Neonazis gezielt die Steine, mal kommt es gar nicht oder nur mühsam zu ihrer Einsetzung.
Schwierig war das beispielsweise lange Zeit in Krefeld, wo der Verlegung im Dezember 2006 ein zähes Ringen auf kommunaler Ebene vorausging. Bürgermeister und Jüdische Gemeinde Krefeld äußerten Bedenken gegenüber dem Projekt, da sie die Würde der Opfer als gefährdet ansahen, weil man „auf ihnen herumtrampeln“ würde. Nachdem sich der Stadtrat Anfang November 2005 ebenfalls gegen die Aktion Stolpersteine ausgesprochen hat, starteten die Schüler der Kurt Tucholsky-Gesamtschule eine Unterschriftenaktion für ein Bürgerbegehren. Ein großes Presse-Echo war die Folge. 14.000 Unterschriften für das Bürgerbegehren konnten die Schüler sammeln. Noch vor dem Start des eigentlichen Bürgerbegehrens einigten sich die Vertreter auf einen
Kompromiss, so dass das Projekt starten konnte.
Auch in München gestaltete sich die erste Verlegung am 1. September 2007 als schwierig. Weil die Stadt keine öffentlichen Plätze zur Verfügung stellte, befindet er sich auf einem Privatgrundstück in der Viktor-Scheffel-Straße 19 und erinnert an Heinrich Oestreicher, der im Juli 1942 aus seiner Wohnung in Schwabing nach Theresienstadt verschleppt und dort im März 1943 ermordet wurde. Im Allgemeinen wird die Verlegung der Steine von denen blockiert, die nicht jeden Tag beim Verlassen des Hauses zwanghaft daran erinnert werden möchten, welche menschenverachtenden Taten die Nazis begangen haben.
Aus: Holger Kulick (Hrsg.), MUT-ABC für Zivilcourage. Ein Handbuch gegen Rechtsextremismus. Von Schülern für Schüler, Leipzig 2008.
Bei Direktbestellung HIER für fünf Euro zu erwerben.