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Wie reagiere ich auf Antisemitismus?

Eine neue Broschüre der Bildungsstätte Anne Frank gibt kompetente Anregungen und Denkanstöße, wie in der pädagogischen Arbeit angemessen auf Antisemitismus reagiert werden kann.

Von Jan Riebe

Beim Thema Antisemitismus sind viele Pädagoginnen und Pädagogen schnell überfordert. Wie sollen sie auf antisemitische Äußerungen im Unterricht reagieren? Viele agieren hilflos und überfordert. Häufig handeln Pädagoginnen und Pädagogen verständlicherweise aus dem Bauch heraus und versuchen mit positiven Beispielen über jüdische Lebenswege dem Antisemitismus etwas entgegenzusetzen. Das ist zwar gut gemeint – aber meist genau das falsche, denn es kann schnell dazu führen, dass antisemitische Ressentiments sich verfestigen. Warum dieser Ansatz der falsche ist und wie es besser zu machen ist, u.a. darauf gibt die neue Handreichung „Weltbild Antisemitismus – Didaktische und methodische Empfehlungen für die pädagogische Arbeit in der Migrationsgesellschaft“ Antworten.

Die Broschüre ist ein Ergebnis dreier Fortbildungsreihen zum Thema „Antisemitismus in der Einwanderungsgesellschaft“, die die Bildungsstätte Anne Frank seit 2011 durchgeführt hat. Angeregt durch eben die Nachfragen von Pädagoginnen und Pädagogen was sie denn tun können, wenn sie mit Antisemitismus im Klassenraum konfrontiert sind, konzipierte die Bildungsstätte diese Fortbildungsreihe. Die Ergebnisse wurden für die Broschüre sehr ansprechend aufbereitet.

Am Anfang werden die pädagogischen Grundsätze für eine antisemitismuskritische Bildungsarbeit erläutert und Handlungsmöglichkeiten gegen Antisemitismus im pädagogischen Raum aufgezeigt. Verschiedene Handlungsansätze werden dargestellt und mitunter auch kritisiert bzw. die Fallstricke, die mitgedacht werden müssen plausibel erläutert. Antisemitismus hat viele Facetten, er kann in Verbindung mit Kapitalismuskritik auftauchen oder bei der Thematisierung des Nahostkonflikts, als Form der Schuldabwehr oder in islamistischer Form. Diese Formen werden im mittleren Teil der Broschüre differenziert dargestellt und Hinweise zur spezifischen pädagogischen Bearbeitung gegeben. Dazu werden in allen Abschnitten immer Literaturtipps zum Vertiefen und Weiterlesen gegeben.

Die Broschüre schließt mit eigenen Methodenvorschlägen, die aufeinander aufbauen und bietet so neben dem theoretischen Input auch die Möglichkeit einer praktischen Umsetzung von Teilen der zuvor beschriebenen Handlungsansätze. Jedoch sollten insbesondere Personen, die sich bislang noch nicht intensiv mit Antisemitismus beschäftigt haben, der Versuchung widerstehen einfach nur die Methoden anzuwenden. Die Gefahr ist groß, trotz jahrelanger pädagogischer Erfahrungen, dadurch mehr Schaden anzurichten als wirksam Antisemitismus entgegenzutreten.

Die Handreichung richtet sich sowohl an Personen, die sich noch nicht intensiv mit der pädagogischen Bearbeitung von Antisemitismus auseinandergesetzt haben, als auch an Akteurinnen und Akteure, die dies schon seit Jahren tun. Der Broschüre ist zu wünschen, dass sie bestenfalls schon bevor man mit Antisemitismus in der pädagogischen Arbeit konfrontiert ist, intensiv gelesen wird – damit klassischen Fehlern in der Arbeit weitestgehend vorgebeugt werden. Denn, wie bei allen Ungleichwertigkeitsideologien gilt auch beim Antisemitismus – es ist viel leichter Ressentiments zu verfestigen als sie aufzulösen.
 
Die Broschüre kann kostenlos als PDF heruntergeladen werden oder gegen ein Unkostenbeitrag von zwei Euro + Porto bei der Bildungsstätte Anne Frank bestellt werden.
 

Ausschnitt aus dem Cover der Broschüre "Weltbild Antisemitismus" © Bildungsstätte Anne Frank