Das Portal
für Engagement
Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
Lange mussten Fans der Bewegung Front Deutscher Äpfel (FDÄ) auf dieses Schmuckstück warten. Ende November konnte die FDÄ schließlich per Crowdfunding und damit mit Hilfe ihrer Fans ihr erstes Buch zur Bewegung veröffentlichen. Entstanden ist ein Buch im poppigen Design, das schon beim ersten Durchblättern Lust auf die Lektüre macht.
Eine Rezension von Anna Brausam
Nicht selten lösen Auftritte der Apfelfront Irritationen bei Anti-Nazi Demonstrationen aus. Denn die FDÄ bedient sich Zeichen und Fahnen, die beim flüchtigen Hinsehen nicht sofort als Parodie zu erkennen sind. Selbst in der medialen Berichterstattung kam es bereits zu Verwechslungen. So veröffentlichte der MDR am 25. Juli 2006 auf seiner Website in einem Artikel über die NPD ein Bild der Apfelfront mit der Bildunterschrift „Die NPD will weg von ihrem Schlägerimage“. Erst durch Hinweise von Userinnen und Usern wurde das falsche Bild zum Text entfernt.
Deutsche Apfelfront – von einer Aktion zur Bewegung
Doch wer steckt eigentlich hinter der FDÄ? Der erste Auftritt der Apfelfront war am 3. Oktober 2004 in Leipzig – zu einer Zeit, in der die NPD mit fast zehn Prozent Teil des sächsischen Landtags war. Die Idee: Den demonstrierenden Nazis sollte möglichst kreativ entgegen getreten werden. Der Markenkern war geboren: schwarze Anzüge und rote Armbinden, auf denen ein schwarzer Apfel auf weißem Kreis gedruckt war. Das große Vorbild, das den Apfelfrontlern dabei stets im Hinterkopf blieb, sei Charlie Chaplins „Der große Diktator“, erzählt FDÄ-Mitbegründer Markus Ohm im Interview.
Max Upravitelev schildert gleich zu Beginn des Buches wie er durch eine eigentlich bedrohliche Situation zur Satirikergruppe der FDÄ kam: Im November 2006 werden er und sein Freund in der Leipziger Innenstadt von Nazis angepöbelt und getreten. Die beiden Freunde fallen zu Boden. In ihrer hilflosen Situation greifen sie zu einem ungewöhnlichen Mittel – sie lachen. Und die Angreifer? Die sind derart verwirrt, dass sie vermuteten die beiden am Boden liegenden lachenden Freunde hätten die Polizei gerufen - und rennen verängstigt weg. „Das war das erste Mal, dass Humor uns ganz lebenspraktisch davor bewahrte, noch weiter auseinandergenommen zu werden“, so Max Upravitelev. Nach diesem Ereignis beschlossen sie, dass aus der bisher einmaligen Aktion der Front Deutscher Äpfel eine Bewegung werden müsse, um mit dem Mittel der Satire gegen braune Umtriebe vorzugehen.
Seitdem erfährt die Apfelfront für ihre Parodien rechtsextremen Auftretens immer wieder mediale Aufmerksamkeit. Parolen wie „Was gibt der deutschen Jugend Kraft? – Apfelsaft, Apfelsaft!“ zirkulieren noch heute. Überregionale und internationale Medien berichten seitdem immer wieder über die „Apfelguerilleros“, die sich auf rechtsextremen Demonstrationen scherzhaft aber lautstark über die „Überfremdung des deutschen Obstbestandes“ beklagen. Und so wird dem oft unterschätzten Thema rechte Gewalt dank der Satiretruppe auch immer wieder zur nötigen Aufmerksamkeit verholfen.
Ungarische Knoblauchfront – mit Satire gegen den Rechtskurs
Auch wenn es zwischenzeitlich um die Bewegung etwas ruhiger wurde, ist die Apfelfront doch nie verschwunden. 2011 entstand sogar ein ungarischer Ableger: Inspiriert durch die FDÄ hat sich in Budapest die Ungarische Knoblauchfront gegründet, die mit Satire gegen den Rechtskurs der dortigen Regierung protestiert. Auf informative und unterhaltsame Weise erfahren Leserinnen und Leser im Buch „Front Deutscher Äpfel – Das Buch zur Bewegung“ wie auch in Ungarn die Bewegung wirkt. Mit kreativen und unkonventionellen Methoden hat die Knoblauchfront in Ungarn öffentlichkeitswirksam Kritik an den ungarischen Regierungsverhältnissen geübt. Kritikern die meinten, die Lage in Ungarn sei zu ernst, um mit Kunst und Satire herumzuspielen, begegnete die Knoblauchfront mit Flashmobs und einem Knoblauchfestival, bei dem bekannte Rockbands und Stand-Up-Comedians unentgeltlich auftraten. Die ungarische Bewegung hatte viele Erfolge zu verzeichnen. Auch wenn die Bewegung dort nicht mehr wie früher in Erscheinung tritt, wirkt sie bis heute: Viele Jugendliche wurden durch Aktionen des Künstlerkollektivs politisiert und Mitglieder der Knoblauchfront sind heute zum Teil auch in die „seriöse“ Politik gewechselt.
Informativ und lustig
„Front Deutscher Äpfel. Das Buch zur Bewegung“ ist ein Buch im poppigen Design, das schon allein beim Durchblättern Spaß macht. Erzählt wird von Höhen und Tiefen der Satiregruppe Front Deutscher Äpfel. Dabei bekommen Leserinnen und Leser einen detaillierten und sehr interessanten Einblick in die Aktivitäten der Bewegung. Neben witzigen Anekdoten beinhaltet das Buch aber auch praktische Handlungstipps, lesenswerte Interviews und Essays zu Themen wie Rechtsextremismus oder Satire im Allgemeinen. Die Theaterwissenschaftlerin Veronika Darian analysiert etwa das Protestformat der Apfelfront, FDÄ-Mitglied Robin May präsentiert einen Demonstrations-Guide und Künstler und Kurator Alain Bieber erzählt, wie die Apfelfront zum Teil einer Ausstellung wurde. In Interviews kommen unter anderem auch Satiregrößen wie Leo Fischer und Martin Sonneborn zu Wort.
Mit dem Buch zur Bewegung, das damit auch gleichzeitig das 10-jährige Jubiläum der Front Deutscher Äpfel würdigt, ist ein zugleich sehr lustiges wie informatives Buch entstanden. Ein Buch, das nicht nur unterhält, sondern auch Mut macht, sich mit Gleichgesinnten auf kreative Weise gegen Rechtsextremismus und rechte Gewalt einzusetzen.
Das Buch Front Deutscher Äpfel erscheint im Fruehwerk Verlag, der als gemeinnütziger Verein arbeitet. Gestaltet wurde das Buch von einem Seminar im Bereich Editorial Design der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim. Erhältlich ist es im gut sortierten Buchhandel.
Max Upravitelev (Hrsg.): „Front Deutscher Äpfel – Das Buch zur Bewegung“. Fruehwerk-Verlag. 19,90 €. ISBN 978-3-941295-13-1