Das Portal
für Engagement
Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
Es ist mir eine große Freude und eine Ehre, die Laudatio auf einer der diesjährigen fünf Preisträger des Berliner Wettbewerbs „alex - Gemeinsam gegen Rechts!“ zu halten. Der Berliner SPD bin ich dankbar, dass sie diesen Preis verleiht, denn bedauerlicherweise haben die Themen Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland und in Europa wieder an Aktualität gewonnen.
Umso wichtiger sind Menschen, die gegen diese Erscheinungen und Tendenzen aktiv werden. Umso wichtiger sind auch Preise, die auf die Menschen und ihr Handeln aufmerksam machen. Denn oftmals hängen diese Menschen ihr Engagement gegen Rechts nicht an die große Glocke. Ich hoffe jedoch, dass alle hier Anwesenden mit ihren Projekten und Initiativen viele Menschen mobilisieren können und dass ihr Eintreten gegen Rechtsradikalismus möglichst viele Nachahmer finden wird.
Für mich war es eine interessante Erfahrung, in der Jury des "alex“ zu sitzen, denn so hatte ich die Gelegenheit, eine Vielzahl von Berliner Projekten und Initiativen gegen Rechts kennen zulernen. Ich habe Einblicke in das zivilgesellschaftliche Engagement der Berlinerinnen und Berliner gewonnen, die allesamt den menschlichen Aspekt der Stadt reflektieren. Es sind genau diese kleinen Initiativen von Bürgern, die der gleichgültigen Mehrheit der Menschen zeigen können: Es gibt durchaus Möglichkeiten, auf rechtsextremistische, antisemitische und fremdenfeindliche Meinungen und Aktionen zu reagieren!
Manch einer mag sich fragen: „Was kann ich schon tun?“ Oder: „Macht es überhaupt einen Unterscheid, wenn ich etwas tue?“ Alle hier Anwesenden haben eine klare Antwort auf diese Fragen gegeben. Durch Ihr Engagement zeigen Sie, dass es sehr wohl einen Unterschied macht, ob jemand die Dinge einfach so hinnimmt, oder ob jemand reagiert. Denn das Engagement gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus kann nicht nur Aufgabe der politischen Organe der Bundesrepublik sein – es ist ebenso die Pflicht eines jeden Mitglieds dieser demokratischen Gesellschaft.
Es ist nicht meine Aufgabe als Diplomat und als Gast in diesem Land als Moralapostel oder Ratgeber aufzutreten. Ich möchte Ihnen aber meine persönliche und ehrliche Meinung mitteilen: Die Deutschen brauchen keine Reden mehr darüber, dass sie die Rechten bekämpfen sollen. Sie wissen schon was zu tun ist. Was jetzt gebraucht wird sind Mut und Zivilcourage! Denn es geht darum, zivile und demokratische Werte zu verteidigen. Ein Paradebeispiel für couragiertes Handeln liefern die Preisträger des heutigen Abends.
Sie werden mit dem „alex“ geehrt, weil sie hinschauen, wo andere wegschauen. Sie machen den Mund auf, wo andere schweigen. Dieser Einsatz und diese Zivilcourage sollten eigentlich selbstverständlich sein. Sie sind es aber nicht, besonders nicht im Kampf gegen Rechtsextremismus.
Die Ansätze der hier anwesenden Initiativen sind sehr verschieden. Da ist zum Beispiel das Projekt „Spurensuche“ des Berliner Leibniz-Gymnasiums, in dem die Schicksalswege ehemaliger jüdischer Schüler dieser Schule während des Nationalsozialismus erforscht werden. Inzwischen haben die Projektteilnehmer sogar einige dieser ehemaligen Schüler ausfindig gemacht und nach Berlin eingeladen. Auch wenn dieses Projekt keinen Preis bekommt, hat es mich sehr beeindruckt – und ich möchte den Schülerinnen und Schülern gerne meine Unterstützung anbieten. Es freut mich auch sehr, dass unter den heutigen Preisträgern eine Initiative ist, die dem verzerrten Israel-Bild in Deutschland entgegentritt.
Das Netzwerk „Yad Achat“ fördert den direkten Austausch und persönlichen Kontakte mit Israel und Israelis und versucht auf diese Weise Antisemitismus und Rassismus abzubauen.
Auch die Bewerbungen für den „alex“ im Bereich lokaler „Kiez-Initiativen und Vernetzung“ spiegeln das vielseitige Engagement der Berlinerinnen und Berliner gegen Rechts wieder. Beispielhaft seien genannt: „kosmopolis“, ein Wohn- und Kulturprojekt gegen Rechts in Lichtenberg, das Jugendlichen Raum für Projekte bietet und die Grünauer Initiative für Demokratie, die als Bürgerinitiative den öffentlichen Raum zurückerobert.
(Foto: Wolfgang Thierse ehrt Cosima von der Bildungsinitiative "Lernst Du nur oder denkst Du schon..?" aus dem Pankower Jugendzentrum JUP e.V.)
Ich denke, dass alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Initiativen, die sich für den „alex“ beworben haben, einige Grundüberzeugungen teilen. Ich möchte versuchen, diese Grundüberzeugungen anhand von drei Zitaten zu verdeutlichen:
Erstens. Der amerikanische Schriftsteller Henry James hat gesagt: „Drei Dinge sind im Leben eines Menschen wichtig. Erstens: Menschlichkeit. Zweitens: Menschlichkeit. Und drittens: Menschlichkeit.“
Als nächstes möchte ich Johann Wolfgang von Goethe zitieren, der sagte: „Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: sie muss zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen.“
Und das dritte und letzte Zitat stammt vom siebten Präsidenten der Vereinigten Staaten, Andrew Jackson, der gesagt hat: „Ein einziger Mann mit Mut ist die Mehrheit“.