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...dichte mal!

Einmal jährlich rund um den Holocaust-Gedenktag am 27.1. stellt der Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses, Walter Momper, das Plenum Jugendlichen zur Verfügung, die dort Schüler-Initiativen gegen Rechtsextremismus präsentieren: "denk!mal" heißt die Veranstaltung. Videos, Theater, Tanz, Diskussionen, Rap, alle Genres sind vertreten. In diesem Jahr fiel eine junge Schülerin besonders auf, die ein selbstverfasstes Gedicht vortrug. Julia H. brachte auf diese Weise bei der Abschlussveranstaltung von denk! mal 2008 ihre Emotionen in lyrischer Form zum Thema Fremdenfeindlichkeit zum Ausdruck.
Die Schülerin des Berliner Ullrich-von-Hutten-Gymnasiums reflektiert darin nicht nur über die Opfer des Nationalsozialismus, sondern auch dessen heutige Ausprägung. Ihr Gedicht fordert jeden von uns auf, sich gegen rechtes Gedankengut in unserer Gesellschaft zu wehren und aus den Ereignissen der Geschichte zu lernen. Ein ergreifender Moment, dem lange anhalter Applaus folgte. Hier der Text:.


Und Du?

Du hast Angst

Angst dich zu wehren,

Angst zu widersprechen diesen Lehren

Angst alles nur noch schlimmer zu machen

Angst nie mehr zu lachen

Doch jetzt

Stell dir mal vor

Du stehst vor einem großen Tor

Überall Ketten

Keiner kann dich mehr retten

Schlimmer als ein Knast

Schon wieder kriegst du eine verpasst

Hast seit Tagen nichts zu Essen

Kannst deine toten Freunde nicht vergessen

Siehst vor dir

Wie deine Mutter stirbt

Wenn das mal nicht dein Herz verwirrt

Bist völlig fertig

Einerlei

Gleich ist dein Leben eh vorbei

Und du sagst

Auschwitz sei ein Witz gewesen

Du musstest ja auch nicht von innen nach außen langsam verwesen

Hört sich so schon übel an

Was ein Mensch dem anderen tun kann

Doch du kannst dich immer noch dran laben

Wie die Nazis Menschen wie dich und mich beseitigt haben

Millionen vergast, verbrannt

Verschwunden wie von Geisterhand

Du, du findest das toll

Ich glaub nicht, dass das so sein soll

Willst du das es auch mit dir geschieht

Statt Frieden lieber Krieg?

Deine neuen Freunde klagen

Wie wenig sie zu essen haben

Sie hätten kein Geld

Schuld?

Alle mit ´ner anderen Religion von dieser Welt´

Schon einfach immer ´nen Schuldigen zu suchen

Statt das alles mal aufs eigene Konto zu verbuchen

Es kann und darf nicht sein,

Dass so viele immer noch nach einer rechten Regierung schreien

Habt ihr denn nichts gelernt

Wurden all die Leben umsonst entfernt?

Versuchs doch endlich zu verstehen

Damals ist Unfassbares geschehen

Woher hast du nur diesen Hass

Findest du es nicht auch ein bisschen krass?

Ich bitte dich,

Na kommst du drauf

Genau hör auch du damit auf

Jeder verantwortlich für sich

Ein Individuum

Nein das bist du zur Zeit nicht

Mach die Augen auf

Hör auf

Hör auf

In Frieden leben

Nie mehr Krieg

Ganz dazu kommen wird’s wohl nie

Doch fang wenigstens du schon einmal an

Freund zu sein für jedermann

Na, verstehst du was ich dir sagen will

Lauf nicht mehr mit

Sei nicht mehr still

Angst zu haben

Brauchst du nicht

Was besseres tun als dich wehren

Kannst du nicht

Was furchtbareres als diese Lehren

Gibt es nicht

Schlimmer machen

Wirst du´s nicht

Lachen

Besser geht´s nicht

Denn du bist frei

Kannst allein entscheiden

Egal was es sei


Copyright Julia H. Berlin,
www.denkmal-berlin.de und www.mut-gegen-rechte-gewalt.de

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julia H.