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Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
Vergangenen Mittwoch im Bundesrat....Siegerehrung im Schülerzeitungswettbewerb der Bundesländer. Auch die MUT-Redaktion der Amadeu Antonio Stiftung vergab zwei Sonderpreise für junge „Medien mit MUT“ - an die Halberstädter Schülerzeitung das Martinshorn und das Lübbener Lebensfreudeblatt. Doch auch andere Zeitungen wurden geehrt, die sich vielfältiges Engagement auf die (Druck-)Fahnen geschrieben haben...
Von Leon Freude
Zur Eröffnung im Bundesrat präsentierten sich die verschiedensten Schülerzeitungen – nicht wenige beinhalteten Thematiken rund um Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit. So schrieb der GAG aus Nordrhein-Westfalen z.B. über die soziale und ethnische Ausgrenzung im nordrheinwestfälischen Schulsystem und fast alle Sonderpreise des BMFSFJ gingen an Zeitungen, die sich mit internationalen Austauschen und Hilfsprojekten befassten – Projekte die per se antirassistisch sind.
Michaela Leib und Zerina Hodzic, Mitgewinnerinnen des Presse-Grosso-Preises für Meinungs- und Pressefreiheit, empfinden rassistische Kommentare als Unverschämtheit und wünschen sich, dass diese nicht an die Öffentlichkeit gelangen – Verbote halten sie aber hier für nicht sinnvoll. Bei der Nazi-Partei NPD sieht die Sache für die beiden schon wieder anders aus. „Wenn eine Partei antritt, um die freiheitlich-demokratische Grundordnung unserer Gesellschaft zu zerschlagen“, so Zarina Hodzic, „dann muss die Demokratie solche Parteien verbieten, um sich selbst zu schützen.“
Bei der Preisverleihung im Bundesrat.
Gewinner des „Medien mit MUT“-Preises, den die Moderation als besonders bedeutend hervorhob, wurden sowohl das "Martinshorn" des Gymnasiums Martineum aus Halberstadt in Sachsen-Anhalt, als auch die Zeitung "Unser Lebensfreudeblatt" der Förderschule für Lebensfreude in Groß Buchholz bei Lübben, einer Kleinstadt im südlichen Brandenburg. Anetta Kahane begründete für die Amadeu Antonio Stiftung die Entscheidung damit, dass sich beide Blätter sehr ausgiebig und das Halberstädter Martinshorn sogar sehr kontinuierlich mit der Thematik befassten. So sei es einfach, einmal jährlich eine Hochglanzauflage herauszubringen, im Einsatz gegen den demokratie- und menschenfeindlichen Rechtsradikalismus sei aber ein deutlich häufigeres Eingehen auf dieses Thema von Nöten. Da verhalte sich das Martinshorn sogar im Vergleich mit vielen Tages- und Wochenzeitungen "perfekt vorbildlich".
Anetta Kahne und das Team vom "Lebensfreudeblatt" mit einem Vertreter der Kulturministerkonferenz.
"Unser Lebensfreudeblatt" bespricht in der bepreisten Zeitung intensiv das Thema der Toleranz. Es geht um Gewalt, Mobbing, Ausländerhass - und viele Rezepte dagegen. Für die Sonderausgabe mit dem Titel "Wir laden ein zur Toleranz" wurde kurzerhand der Inhalt eines Kursprojekt einer Oberstufenklasse verarbeitet, so wichtig erachtete die Schülerzeitungsredaktion die Denkanstöße, die sich im Lauf ihres Unterrichts ergeben hatten. Gerade unter Behinderten gibt es viele Mitschüler, die gehänselt werden oder Gewalt erfahren haben, weil sie sich nicht wehren können. Sie sammelten viel aufklärendes material, Erfahrungsberichte und Verhaltenstipps. Ein Redaktionsmitglied bringt es auf die Frage, was Toleranz denn jetzt für ihn bedeute auch treffend auf den Punkt: „Toleranz ist gut, weil dann gibt es keine Gewalt, man versteht sich gut, verhält sich anderen gegenüber fair – das ist eigentlich toll.“
Das Gewinnerteam aus Halberstadt. In der Mitte die beiden Chefredakteurinnen des "Martinshorn".
Der Redaktion des als Titelverteidiger ins Rennen gegangenen Martinshorn wird die Thematik Rassismus nie langweilig, „abgegrast ist das Thema erst, wenn das Problem nicht mehr besteht“. Davon kann in Halberstadt keine Rede sein: Die Zeitung hat nach umfangreicher Recherche herausgefunden über, dass sogar ein regionales Flirtportal von Nazis regelmäßig für eigene Zwecke genutzt wird. Außerdem klärt die Rubrik Codes und Zeichen der Zeitschrift über die aktuellen Codes auf – eine recht nützliche Sache, findet die Redaktion, schließlich wird Halberstadt seine gewaltbereite Rechte nicht los. „Seit dem Angriff von Neonazis auf eine Theatergruppe in Halberstadt im Sommer 2007 sind die Menschen für das Thema sensibilisiert und horchen auf, wenn sie eine 88 am Oberarm prangen sehen.“ Aber dazu müssen erst einmal alle wissen, wofür diese 88 in der Naziszene steht - für HH - "Heil Hitler". Einen Lösungsansatz verspricht man sich vom Einsatz eines jeden einzelnen für mehr Zivilcourage - was da alles zugehört, wird ebenfalls sehr intensiv im "Martinshorn" reflektiert. Auch eine Umfrage gehört dazu: "Was würden Sie tun, wenn Sie bemerken, dass ein Nazi in der Straßenbahn einen Ausländer anpöbelt?". 21,6 Prozent antworteten: "Gar nichts". Nur 17,6 Prozent sagten: "Dazwischen gehen".
Bei der Intensivlektüre eingereichter Schülerzeitungen.
Hier mehr zum Wettbewerb und den beiden Gewinnerzeitungen.
P.S.: Auch im kommenden Jahr vergibt die MUT-Redaktion wieder zwei Preise für Schülerzeitungen mit besonderem Mut, die Themen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Gewalt vorbildlich zu behandeln. Zum Preis gehören jeweils 500 Euro und das Angebot von Praktika in unserer Redaktion. Was dafür tun? Bis 30. März 2009 zwei Exemplare Eurer Schülerzeitung einsenden an: MUT-Redaktion der AMADEU ANTONIO STIFTUNG, Linienstraße 139, 10115 Berlin. Rückfragen unter mut@amadeu-antonio-stiftung.de. Nur Mut!
www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / Fotos: Chris Egenberger & Holger Kulick