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Niederolmer Protest gegen Nazi-Missbrauch eines Entführungsfalls

Im rheinhessischen Nieder-Olm haben am Montagabend rund 300 Bürger gegen eine "Mahnwache" von etwa 50 Neonazis demonstriert. Die rechtsextreme "Initiative Südwest" hatte zu der Aktion aufgerufen. Anlass für die rechtsextremistische Protestaktion war ein tragischer Entführungsfall in der Stadt. Ein inzwischen verhafteter 27-jähriger Mann hatte Anfang Juli ein siebenjähriges Mädchen aus ihrem Elternhaus verschleppt und in einem Weinberg missbraucht. Nun missbrauchen Neonazis den Entführungsfall.

In dem Aufruf zu der Gegenveranstaltung hieß es, die Rechtsextremisten der Region wollten das  Schicksal des Mädchens für ihre braune Ideologie missbrauchen. Bei den Veranstaltern der Neonazi-Demonstration handele es sich um gewaltbereite Personen, die mit derartigen Aufmärschen "populistisch auf sich aufmerksam machen wollten".

Tatsächlich nutzen Neonazis das Thema Kindesmissbrauch gezielt, um ihre Rechtsvorstellung zu propagieren. Dazu gehört für sie die generelle Wiedereinführung der Todesstrafe, deren Abschaffung im Grundgesetz festgeschrieben ist. Eine plumpe Forderung  „Für die Todesstrafe“  würde gesellschaftlich aber auf weniger Zustimmung stoßen, als die Forderung mit dem Slogan „Todesstrafe für Kinderschänder“ zu verkleiden. Denn entsetzt über Kindesmissbrauch sind gewöhnlich alle.

"Die Rechten gehören an den Rand"

Die zivilgesellschaftliche Gegen-Kundgebung des Vereins „Rheinhessen gegen Rechts“ fand auf dem Rathausplatz statt; die Rechten wurden auf den Parkplatz gegenüber der Eckes-Halle abgedrängt. „Hier im Zentrum zeigen die Nieder-Olmer Bürger aus der Mitte der Gesellschaft Flagge. Die Rechten gehören an den Ortsrand“, sagte der Bürgermeister der Verbandsgemeinde, Ralph Spiegler, vor 300 Menschen aus Nieder-Olm und Umgebung, darunter Vertreter von Parteien, Gewerkschaften und Kirchen. An ihrer Seite stand das Musiker-Duo Billy Crash und Hermann Plum. Mit Transparenten („Steh auf gegen Rechts“), Plakaten („Für ein weltoffenes Nieder-Olm“) und Fahnen („Kein Bock auf Nazis“) zeigten sie – wie bereits in der vergangenen Woche – den Rechtsextremisten die kalte Schulter.

Bereits in der Vorwoche wollten die Rechtsextremen unter ihrem Motto "Keine Gnade für Kinderschänder" demonstrieren. Der Aufmarsch war jedoch von der Stadt aufgrund einer fehlerhaften Anmeldung verboten worden. Im zweiten Anlauf habe die Stadt die Aktion dann nicht mehr verhindert werden können, betonte Bürgermeister Spiegler (SPD), am Montag.

„Wir stehen auf der rechtsstaatlichen Basis des Grundgesetzes und lassen uns durch ein so schreckliches Verbrechen nicht davon abbringen“, erklärte auch der amtierende Nieder-Olmer Stadtbürgermeister Reinhard Küchenmeister (CDU). An der Neonazi-Aktion ließ der Vorsitzende des Vereins „Rheinhessen gegen Rechts“, Roland Schäfer, kein gutes Haar. Der Missbrauch eines so entsetzlichen Falles wie einer Kindesentführung durch Neonazis sei beschämend. Natürlich müsse eine Strafe für solche Täter sein - die dürfe aber nicht den Rechtsstaat aushebeln. Menschenhass müsse allerdings zum eindeutigeren Straftatsbestand werden. Er fordere daher "härtere Strafen gegen rechte Hetzer und rechtsextremistische Straftaten.“ Verteilt wurde eine „Resolution gegen Rechtsextremismus in der VG Nieder-Olm“. Sie lautet:

"Nieder-Olm ist eine weltoffene und tolerante Stadt. Hier leben Menschen unterschiedlichster Kulturen, Herkünfte oder Lebensweisen in Respekt und Anerkennung friedlich zusammen.
Damit das so bleibt, stehen wir auf gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Diskriminierung von Minderheiten. Wir stehen auf für die Freiheit jedes Einzelnen, die Gleichheit jedes Menschen, und die Solidarität, mit denen, die unserer Hilfe bedürfen.
Deshalb werden wir es auch nicht zulassen, wenn Rechtsextreme sich in der Region breit machen wollen. Wir treten ein für die
Menschenrechte und gegen Rechtsextremismus und Faschismus.
Wir setzen ein deutliches Zeichen für Akzeptanz und Vielfalt und gegen Intoleranz und Hass.
Rechtsradikales Gedankengut darf in Nieder-Olm keinen Platz haben – heute nicht und auch sonst nicht. Dafür treten wir gemeinsam ein und wollen jeder Form von Diskriminierung entschieden entgegentreten."



Mehr unter: www.rheinhessen-gegen-rechts.de
Nicht unwichtig in diesem Zusammenhang: Deutschland unterzeichnete endlich die
Kinderrechtskonvention (terre des hommes, 27.7.2009)

www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / Foto SWR /  Quellen: Wiesbadener Kurier, ad-hoc-news, swr / h.kulick

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Demonstranten in Nieder-Olm