Das Portal
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Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
Nazis gar nicht erst ernstnehmen, sondern der Lächerlichkeit preisgeben, ist schon länger das Anliegen einzelner Gruppen, wie der norddeutschen Apfelfront, der Aktion 'rire contre Nazis' in Frankreich oder der Aktion "Storch Heinar" der Onlineplattform Endstation-Rechts. Seit Oktober 2008 gibt es nun ein weiteres Satire-Forum, dort liegt der Schwerpunkt auf eigenproduzierten Videos und solchen von Usern: "www.nazis-auslachen.de". Es wird betrieben von einem kleinen Berliner Verein: "„Schüler gegen Antisemitismus, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit e.V.“
Von Holger Kulick
Schon die Projektidee kommt locker daher: "Vor Jahren saßen wir im Olympiastadion und sahen ein Bundesligaspiel zwischen Hertha BSC und dem VfL Bochum. Das Spiel war leider ziemlich öde und langweilig, bis zur Halbzeitpause: in der wurden nämlich auf den Anzeigetafeln witzige Videoclips über Rechtsextreme gezeigt und es kam eine tolle Stimmung auf. Alle Stadionbesucher brüllten vor Lachen beim Ansehen der albernen Rituale und des komischen Benehmens der Neonazis. So hat sich der Nachmittag doch noch gelohnt. Danach kam uns die zündende Idee: Man sollte sich mit Witz, Spaß und Ironie an dieses Thema herantrauen. Mit Rechtsextremen kann man sowieso nicht ernsthaft darüber diskutieren. Andersdenkende werden entweder niedergeschrieen, bedroht oder sogar verprügelt. Wenn alle Jugendlichen erkannt haben, dass es keinen Sinn macht, sich mit den Rechtsextremen einzulassen, weil man dort keine wirklichen Freunde findet, sondern nur Hass, Sprüche und Rituale, dann ist schon sehr viel erreicht!. Kurzum: es geht. Also mach mit bei nazis-auslachen.de...".
Mitmacher sind nach Auskunft des Vereins mittlerweile fünf Mitarbeiter, davon ein FSJler. Zu sehen gibt es auf der Homepage (und YouTube) momentan bereits ca. 40 eingereichte Videos und dazu ein frisch eingerichtetes Forum.
Technisch sind die Produktionen bedingt anspruchsvoll, einige entstanden offenbar recht spontan. Aber es sind auch pfiffige Umsetzungen dabei, in denen beispielsweise die Verführbarkeit zu Verschwörungstheorien gegen Barack Obama oder sogar ein Wörterbuch Arisch-Deutsch kennengelernt werden kann.
Geldpreise für Einsendungen
„Videos gegen Nazis“ gilt als Modellprojekt und wird daher im Rahmen des Bundesprogramms „VIELFALT TUT GUT. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie“ von dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Das erlaubt dem Projekt, junge Videofilmer mit Geldprämien zu locken. 25 Euro gibt es für ein gutes Drehbuch, bis zu 750 Euro Preisgeld im Rahmen eines Wettbewerbs für bis zu 21-jährige für ein gutes Video. Alle drei Monate wird die Prämie vergeben, über den Gewinner entscheiden die User.
Video-Anfängern werden auf der Homepage auch ein paar Tipps gegeben. Zum Beispiel: "Gängig ist es, die Geschichte in 3 Akte aufzuteilen. Im ersten geht es dann um Personeneinführung. Im zweiten Akt geht es um ein Problem oder einen Konflikt und im dritten Akt läuft alles auf die Lösung und den Showdown hinaus. So erzielt ihr immer einen Spannungsbogen. Aber letztlich sind beim Schreiben Kreativität und Einfallsreichtum wichtiger als Regeln...".
Wirkungsfaktor?
Dem der weiß, wie irregeleitet Neonazis ticken, wird so mancher Beitrag Spaß bereiten. Doch Neonazis selber wird die Website weniger beeindrucken, schon weil es sich die Konzeption etwas zu einfach macht. Allein das Argument, zu behaupten "Wenn alle Jugendlichen erkannt haben, dass es keinen Sinn macht, sich mit den Rechtsextremen einzulassen, weil man dort keine wirklichen Freunde findet", wird so mancher Nazi schon aus eigener Erfahrung widerlegen können. Denn in jeder Szene gehören Freundschaften als Bindeglied dazu. Und etwas bizarr wirkt auch die Bitte, die auf die Homepage gesetzt wurde: "...bitte verwende für dein Video keine linksradikalen Klamotten, Caps, Buttons und ähnliches (wie z.B. Antifa, Mob Action etc)." Einer Selbstzensur lässt das zu viel subjektiven Interpretationsspielraum. Dennoch: www.nazis-auslachen.de ist ein guter Anfang und ein überfälliges Online-Angebot. Aber die Initiatoren brauchen noch etwas mehr Mut.