Nächstes Jahr ist in Thüringen Superwahljahr und die Sorge wächst, dass die rechtsextreme Szene dort auch in den Parlamenten Fuß fassen will und vor allem um Jungwähler buhlt. Die Opferberatungsstelle MOBIT warnt jetzt in einer Erklärung vor neuen "Schulhofoffensiven".Von Petra Pawelskus
"Im Hinblick auf die 2009 in Thüringen anstehenden Kommunal- und Landtagswahlen sowie Bundestags- und Europawahlen ist von einer Zunahme von NPD-Aktivitaten auszugehen, diedarauf ausgerichtet sind, potentielle Wähler fur ihre politischen Ziele zu gewinnen. Während die NPD die gesellschaftliche Mitte mit Themen der Sozialen Frage umwirbt, wird die Schülerschaft hingegen anders geködert. Die rechtsextreme Partei hat es mit ihren sogenannten Schulhof-Aktionen insbesondere auf die Jung- und Erstwahler abgesehen. Hier wird ihnen mittels eigens produzierter Schulhof – CD`s, Flugblattern oder aber einer Ostereier – Verteilaktion suggeriert, jeder Einzelne sei wichtig im Kampf um die "nationale Sache", im Kampf für das neue Deutschland. „Die Aktionen und die in Musik verpackten Botschaften sind deshalb so gefährlich, weil sie hiermit an elementare psychosoziale Grundbedürfnisse von Heranwachsenden anknüpfen. Jugendliche brauchen Wertschätzung, Anerkennung und eine Zukunftsperspektive.
Indem die NPD und andere rechtsextreme Gruppierungen ihnen das Angebot machen, zu einer vermeintlich wichtigen, ja gar revolutionaren Truppe zu gehören, fühlen sich ganz besonders Jugendliche mit persönlichen Defiziterfahrungen angesprochen.
Dass solche Aktionen zum Teil auf fruchtbaren Boden fallen, belegen Zahlen, die sich in der Antwort des Thüringer Kultusministerium zu einer kleinen Anfrage (Jan. 2008) wieder finden. Demnach wurden von 2005 bis 2008 insgesamt 189 Delikte der politisch rechtsextrem motivierten Kriminalitat an Thüringer Schulen erfasst. Strafrechtlich häufig nicht relevante Vorkommnisse wie diskriminierende Beschimpfungen, die Bedrohung von MitschulerInnen im Klassenverband oder das gegeneinander Aufhetzen von verschiedenen Schülergruppen fließen allerdings nicht in eine solche Statistik mit ein.
Eine andere Form, die SchülerInnen wählen, um ihre rechtsextreme Gesinnung auszudrücken, ist das Verfassen von Stellungnahmen oder kleineren Aufsätzen im Rahmen des Unterrichtes, wie kürzlich in einer Berufsschule im Süden Thüringens geschehen. Oftmals sind Lehrkrafte überrascht, wie weit die Entwicklung eines rechtsextremen Weltbildes bei diesen Jugendlichen bereits fortgeschritten ist. Solche Vorkommnisse sind der mobilen Beraterin nicht unbekannt: Lehrer und Lehrerinnen, die uns davon berichten, sind haufig ratlos, wie sie hier reagieren sollen. Ein Patentrezept gibt es an dieser Stelle naturlich nicht. Wichtig ist, einen solchen Vorfall nicht kommentarlos hinzunehmen, sondern ihn zu thematisieren.
Egal mit welchen Aktionen Rechtsextremisten versuchen fur Sympathien und vor allem fur ihre Ziele zu werben, es muss reagiert werden.
MOBIT mochte Lehrkräfte, aber auch Schüler und Schülerinnen ermutigen, sich dem zu stellen und nach demokratischen Handlungsstrategien zu suchen. Eine Möglichkeit ist die Umsetzung des europaweiten Projektes „
Schule ohne Rassismus– Schule mit Courage“. "
"Mit Biedermanns Maske" - Mehr über Rechstextremismus in Thüringen (Freies Wort vom 19.6.2008)
Zahl rechter Straftaten gestiegen (Linie1 News Portal, 19.6.2008)
www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / Foto: Gesehen in Jena (Kulick)