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In Sachen "Girls' Day" mit der Kamera unterwegs: Markus, Dörte, Sandra und Bella (Bild: J. Schwab)
Mit dem nächsten Politischen Salon in Ludwigslust diskutiert „Lola für Lulu“ am 20. April den jährlich stattfindenden „Girls’ Day“: Hält der Mädchen-Zukunftstag eigentlich, was er verspricht?
Von Jan Schwab
Seit 2001 bekommen Mädchen die Gelegenheit, einmal im Jahr männerdominierte Berufe näher kennen zu lernen. Das Angebot nennt sich „Girls’ Day“ und wird bundesweit durchgeführt. Der Girls’ Day ist das größte Berufsorientierungsprojekt in Deutschland und will Mädchen an zukunftsweisende Berufe im technischen, naturwissenschaftlichen und handwerklichen Bereich heranführen. Auch im Landkreis Ludwigslust ermöglichen Unternehmen einen Einblick in typische „Männerberufe“ – das Angebot wird von einigen Schülerinnen durchaus dankbar angenommen, doch nicht alle sind glücklich mit der praktischen Umsetzung des Girls’ Day.
Die sechzehnjährige Franziska beispielsweise steht dem Mädchen-Zukunftstag, wie er auch genannt wird, skeptisch bis ablehnend gegenüber: „Ich fände den Girls’ Day besser, wenn die teilnehmenden Unternehmen wirklich hinter der Aktion stehen würden, aber viele tun das meiner Meinung nach nicht“. Über ihre Erfahrungen berichtet Franziska erstmals vor der Kamera – im Rahmen eines Filmprojektes von „Lola für Lulu“. Schülerinnen und Schüler aus Ludwigslust und Berlin, die sich zu Peer Leadern, in erster Linie zu den Themen Rechtsextremismus und Geschlechtergerechtigkeit, ausbilden lassen, haben einen Kurzfilm zum Thema Girls’ Day gedreht. Einen Tag lang haben sie Ludwigsluster Bürgerinnen und Bürger interviewt und sie gefragt, was ihnen zu diesem Thema einfällt. Der Film wird im Rahmen des nächsten Politischen Salons am 20. April in Ludwigslust gezeigt, um eine Diskussion anzuregen über Sinn und vielleicht auch Unsinn des Girls’ Day: Was erleben die Ludwigsluster Bürgerinnen und Bürger als sinnvoll und hilfreich, was würden sie verbessern? Welche Ziele und Wünsche haben die Teilnehmenden und Organisatorinnen und Organisatoren, wenn sie an den Mädchen-Zukunftstag denken? Und vor allem: Welche Erfahrungen machen die Jugendlichen mit diesem Berufsorientierungsangebot?
Girls’ Day – gute Idee oder lästiges Pflichtprogramm?
Markus, das einzige männliche Mitglied der Filmcrew, fasst die kritischen Töne seiner Kolleginnen prägnant zusammen: „Der Girls’ Day hat durchaus Potenzial, nur wird das zumindest bei uns im Landkreis nicht ausreichend ausgeschöpft“. Viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, so habe er das Gefühl, betrachteten den Girls’ Day eher als lästiges Pflichtprogramm. Und zu selten, ergänzt Franziska, würde den Schülerinnen die Möglichkeit geboten, auch einmal in höhere Positionen reinzuschnuppern. Das vorhandene Angebot wird jedoch auch positiv aufgenommen. Für Bella, 17, stellt der Girls’ Day zumindest eine interessante Erfahrung dar, die sie nicht missen möchte. Sie hat bereits mehrmals teilgenommen und sich für einen Mini-Schnupperkurs bei der Polizei, im darauf folgenden Jahr in einer Tischlerei entschieden. Fazit? „Zuerst konnte ich mir eine Ausbildung bei der Polizei ganz gut vorstellen, aber jetzt weiß ich wenigstens, dass das wohl doch nicht das richtige für mich wäre“. Diesem Ausschlussprinzip hielt übrigens auch der Beruf der Tischlerin nicht stand.
Bellas beste Freundin Anna ist dem Girls’ Day gegenüber ebenfalls positiver eingestellt als Franziska und Markus, dennoch kommt sie nicht umhin festzustellen, dass für den größeren Teil ihrer Freundinnen dieser Tag vor allem eines sei: eine gute Gelegenheit für einen schulfreien Tag. Dass das nicht so bleibt, sondern dass der Girls’ Day von den Mädchen als wirkliche Chance und interessante Berufsorientierung gesehen wird, liegt schlussendlich an den teilnehmenden Unternehmen und Firmen. „Es gibt hier im Landkreis einfach zu wenig Angebote, und die reißen keinen wirklich vom Hocker“, resümiert Anna. Unter den ohnhin raren Anbietern der letzten Jahre sei auch ein Bestattungsunternehmen gewesen. Sicherlich gut gemeint, doch als Message im Zusammenhang mit zukunftsweisenden Berufen möglicherweise ein falsches Signal - besonders für junge Menschen, die in einem von Abwanderung und Überalterung geprägten Bundesland leben.
Und was ist eigentlich mit den Jungs? Was machen die denn, während die Mädchen einen Ausflug in die Welt der Männerberufe machen? „Der Girls’ Day ist eine gute Idee, nur sollte es dann zusätzlich auch einen Boys’ Day geben“, gibt der Ludwigsluster Facharzt Christoph Hoffmann zu bedenken. Gegen diese Ergänzung hätte sicherlich auch Markus nichts einzuwenden.
Jan Schwab
3. Politischer Salon des Projekts „Lola für Lulu“: „Was bringt uns der Girls’ Day im Landkreis Ludwigslust?“
Wann? Montag, 20. April 2009, 19.00 Uhr
Wo? Projektbüro der Amadeu Antonio Stiftung, Alexandrinenplatz 7, 19288 Ludwigslust
Anmeldung: info (at) lola-fuer-lulu.de
Internet: www.lola-fuer-lulu.de