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Starke Frauen

Prominenten Besuch gab es am Wochenende bei den Spreebirds Berlin. Der Handballfrauen-Bundesligaverein aus Berlin-Lichtenberg stellte den Film "roots germania" der Fernsehmoderatorin Mo Asumang zur Diskussion. Der Anlass der Dokumentation: Berliner Neonazis hatten ein Lied über die gebürtige Kasselerin (l.) getextet, die sie für eine Ausländerin hielten: "Die nächste Kugel ist für Dich Mo Asumang"... Geschockt ging das Opfer solcher Zeilen für das ZDF auf eine filmische Spurensuche: Was sind das für Menschen, die so etwas äußern und woher kommt ihr Feindbilddenken? 

Ihren Fans diesen Film als Denkanstoß vorzustellen, war eine Entscheidung der Spreebirds um zu zeigen, dass Sport auch gesellschaftspolitisch engagiert sein kann. So hatten die Spielerinnen im Sommer ebenfalls in Eigeninitiative beschlossen in dieser Saison das Motto "Mut gegen rechte Gewalt" auf den Trikots zu tragen - in Berlin Lichtenberg durchaus ein gewagter Schritt. Denn von hier kam auch jene Band, welche die Mordzeilen textete, die Mo Asumang treffen sollten. Ähnliche gesungenen Todesdrohungen wurden auf Rita Süßmuth und Michel Friedman zugeschnitten.

Bei der Filmdebatte
Bei der Filmdebatte

Filmvorführung und Debatte fanden  am 3. Advent im heimischen Casino der Sporthalle am Anton-Saefkow-Platz 5 in Lichtenberg statt - vor ausgesprochen interessiertem Publikum. In dem Film schildert Mo Asumang ihre Überwindung der Angst, indem sie offensiv den Tätern und ihren ideologischen Verführern hinterherspürt. Den verbal mordlüsternen Sänger konnte sie bei den Dreharbeiten allerdings nicht bei seinem regelmäßigen Biker-Treffpunkt antreffen. Er versteckte sich - und lebt inzwischen in Schweden, erfuhr sie nach der Filmvorführung von einem Zuschauer in der Anton-Saefkow-Halle.

beim Torwurf
beim Torwurf

In ihrer Sporthalle stand am Vorabend noch Handball auf dem Spielplan. Dabei mussten die Spreebirds eine knappe Niederlage hinnehmen - ein 27:29 gegen Halle-Neustadt. Der Stimmung in der nahezu ausverkauften Arena tat das keinen Abbruch, dämpfte aber nach dem Spiel die Laune der Mannschaft erheblich, denn nach einem furiosen Start in diese Saison war dies die zweite unglückliche Niederlage hintereinander. Schon am Wochenende zuvor waren die Handballerinnen mit viel Pech an Rostock gescheitert. Manschaftskapitänin Jule Lang hatte dies bereits in ihrem MUT-Blog kommentiert und hatte dabei auch auf den Neonaziaufzug in Lichtenberg am vergangenen Wochenende Bezug genommen. Die Mannschaft hatte mutig zum Protest dagegen aufgerufen.

Weihnachtsprospekt der Spreebirds
Weihnachtsprospekt der Spreebirds

Die Spreebirds-Einladung für Sonntag lautete: "Für alle die sich damit auseinandersetzen wollen, was Neonazis für fatale Gedanken verbreiten und wie man sich dagegen wehren kann, laden die Spielerinnen zur Filmvorführung von "roots germania" ein. Mo Asumang hat in ihrem Dokumentarfilm mit rechtsgesinnten Jugendlichen und ihren ideologischen Wegbereitern gesprochen und zeigt, wie traurig und respektlos deren Menschenbild ist."  Hier mehr über den  Film und über die Filmemacherin.

Mo Asumang im Publikum
Mo Asumang im Publikum

"Wir laden ein zu Kaffee und Kuchen, wir wollen darüber sprechen, wie wir uns gegen solche Gedanken wehren können und wollen zeigen, warum Zivilcourage überall und zu jeder Zeit wichtig ist", wünschten sich die Spreebirds eine aufgeweckte Diskussion - auch vorangetrieben von ihrem 75 Jahre alten Ehrenpräsidenten, der als Pimpf dazu verführt wurde, ein Eliteschüler an Hitlers Napola-Schule zu werden. Doch schneller als andere begriff er, wie Nazis Menschen den Verstand verdrehen und für ihre völkischen und tödlichen Zwecke zu missbrauchen. "Wie Menschen in einem aufgklärtem System wie unserem immer noch darauf reinfallen, ist mir ein Rätsel", sagte er gegenüber MUT. Ein ausführliches Gespräch darüber gibt es demnächst an dieser Stelle.

beim Plausch am Rande
beim Plausch am Rande

Solche Zusammenhänge aufzudecken, hat sich auch Mo Asumang auch für ihren Film vorgenommen, vor allem geht sie der Frage nach, wie Neonazis Germanentum für ihre Zwecke uminterpretieren und verbiegen. Die ehemalige TV-Moderatorin sei "eine starke Frau" zogen am Ende die Spielerinnen der Spreebirds Bilanz, das Team erschien komplett zu der Diskussion, auch um sein  Engagement für "Mut gegen rechte Gewalt" stärker zu verwurzeln. In Zukunft soll die Debatte gemeinsam mit anderen Sportvereinen intensiviert werden, gedacht ist auch an eine gemeinsame Aktion 'MUT mobil".

Spreebirds mit Plakat
Spreebirds mit Plakat

Zum letzten Spreebird-Tagebucheintrag auf MUT
Mehr über Mo Asumang.
Mehr über die
www.spreebirds.de

www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / Fotos: Kulick

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bei Teamversammlung mit Mo Asumang