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Rocken gegen Rechts in Alfeld, Finow, Isny, Weyhe

Am 6. September gab es zum dritten Mal "Rock me Amadeu" in Finow bei Eberswalde und "Rock am Rain" in Isny im Allgäu. Diese Konzerte organisieren ehrenamtlich junge Leute, um gegen Rassismus Farbe zu bekennen. Eine Woche zuvor fanden ähnliche Konzerte im niedersächsischen Weyhe und Alfeld statt.

Sie heißen Stu!Shit, The Troom, Black Jack, Ichy Poopzkid und 'Das Goldenen Handwerk', junge Bands, die weit über den Weyher Raum bekannt sind und eins gemeinsam haben: Für sie ist klar, dass „es wichtig ist, dass mit diesem Festival eine breite Masse daran erinnert wird, dass Rassismus in unserer Gesellschaft nichts zu suchen hat,“ so die Weyher Musiker von Stu!Shit.

Plakat des Konzerts Aufmucken gegen rechts 2008
Plakat des Konzerts Aufmucken gegen rechts 2008

Die Weyher Aktion „aufMUCKEn gegen Rechts“ spielt bundesweit eine Vorreiterrolle. Nunmehr zum achten Mal stellen junge Leute in Eigenregie das Festival zusammen - unabhängig von Profiveranstaltern und Förderprogrammen. „aufMUCKEn gegen Rechts“ startete im Jahr 2000 nach mehreren beunruhigenden Neonaziaktivitäten als ein Projekt von Schülern, Jusos und Mitgliedern der Grünen Jugend, ist aber länst weit über alle Parteigrenzen hin in Weyhe etabliert.  Das Projekt legt seinen Schwerpunkt auf die Sensibilisierung, Information und Vernetzung der Weyher Bürger und bemüht sich, ein Anlaufpunkt vor allem für junge Menschen zu sein. Das Aktionsbündnis gründete sich im unter dem Eindruck steigender Neonaziaktivitäten im Bremer Umland. Das Nazi-Rezept: Rechtsextreme wollten und wollen sich hier durch die Bereitstellung von Erlebniswelten besonders für Jugendliche interessant machen. Diese versuchen sie zunehmend durch eine Kombination von Freizeitwelt, Lebensgefühl und politischen Botschaften zu schaffen. Musik bietet sich dabei als idealer Köder an: Sie ist „Einstiegsdroge Nr. 1“ in die rechte Szene, gehört zur Lebenswelt Jugendlicher  und spielt somit als verbindendes Element eine wichtige Rolle.

Reaktion auf NPD-Schulhofoffensiven

Gut zu beobachten war diese Strategie auch im Bremer Umland: Mit ihrer sog. „Schulhofoffensive“
wollte die NPD gezielt Schüler mit Hilfe von Propaganda-CDs ansprechen. Sollten Jugendliche
Interesse zeigen, wären sie nach dieser Strategie zunächst durch Freizeitaktivitäten  weiter an den rechten Rand herangeführt worden, bevor die eigentliche politische „Schulung“ begonnen hätte.

Das aufMUCKEn stellt eine Gegenstrategie dar: Über das Konzert und die Musik  soll das Thema auf die Tagesordnung gesetzt werden. Besuchern bietet das Konzert einen
Treff- und Kristallisationspunkt, um einerseits Gleichgesinnte zu treffen und um andererseits
ungezwungen politisch zu diskutieren oder einfach nur soziale Kontakte zu pflegen.
Über die Homepage www.aufmucken.com fungiert es außerdem als erster „Anlaufpunkt“ für Jugendliche, die Probleme mit Neonazis haben.

Gleichzeitig zeitig bietet das Konzert die Möglichkeit auch nicht betroffene oder unpolitische
Jugendliche ohne „erhobenen Zeigefinger“ für das Thema sensibel zu machen, um so
auch weniger anfällig für rechte Propaganda zu sein. Weiterhin ist es eines der wenigen großen
Freizeitangebote für Jugendliche in Weyhe. Zusätzlich zum Konzert wird versucht, durch Informationsveranstaltungen, Diskussionen o.ä. das Thema auch inhaltlich weiter zu beleuchten. Durch eine sehr gute Zusammenarbeit mit der Gemeinde ist es gelungen, das Konzert in weitergehende Aktionen einzubetten.


29.8. Acht Bands für Toleranz in Alfeld an der leine

Plakat der Veranstaltung in Alfeld
Plakat der Veranstaltung in Alfeld

Einen Tag zuvor, am am 29. August fand auf dem Alfelder Marktplatz eine Veranstaltung mit Live-Musik, Informationen, Sport und Aktionen statt, die für Gemeinschaft, Toleranz und Zivilcourage werben soll. Das Kernstück des Events war ein Open Air – Festival mit 8 Bands – Alive At Last, Bloodstain, Code Of Honour, COP, MisterME, LERkoerpa, pflugblatt und Seasonsky. Zuvor, in den Vormittagsstunden fand ein nicht-öffentliches von der DGB-Jugend betreutes Präventions-Angebot für Schulklassen im Alfelder Jugendzentrum Treff statt. Im Kino wurde in zwei Sondervorstellungen „Die Welle“ gezeigt. Um den Marktplatz herum waren am Nachmittag die Besucher eingeladen, sich über Themen wie Extremismus oder Gewalt zu informieren und sich an Spielen oder sportlichen Aktionen zu beteiligen.

Veranstalter war der Stadtjugendring Alfeld e. V. in Zusammenarbeit mit der Jugendpflege der Stadt Alfeld. Der Stadtjugendring Alfeld e. V. (SJR) ist der Dachverband Alfelder Verbände, Institutionen undOrganisationen, die die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zu ihren Aufgaben zählen.
Die Veranstalter möchten mit der Veranstaltung „GeTZ – für Gemeinschaft, Toleranz und Zivilcourage“ bei den Bürgerinnen und Bürgern und insbesondere bei Jugendlichen für ein harmonisches Zusammenleben werben, das allen gerecht wird, das von gegenseitigem Respekt und Entgegenkommen geprägt ist und bei man sich füreinander einsetzt – seien die Menschen noch so verschieden. Dabei ist es den Veranstaltern wichtig, vor Gewalt und den Gefahren von unsozialem und extremistischem Gedankengut zu warnen und auch darüber zu informieren, wie insbesondere rechtsextremistische Gruppierungen heutzutage auftreten und junge Menschen versuchen zu „rekrutieren“.

Am 6.9. Rock me Amadeu in Finow bei Eberswalde

Plakat Rock me Amadeu 2008
Plakat Rock me Amadeu 2008

Eine Woche nach dem "aufMUCKEN"-Konzert in Weyhe fand am 6.9.2008 ab 16 Uhr zum dritten Mal in  Finow bei Eberswalde ein ähnlich großes Konzert statt: Rock me Amadeu mit  jungen Bands, die sich gegen Rassismus engagieren. Ort war der Park am Weidendamm, bei Regen der Rockbahnhof Finow, der Eintritt betrug 3 Euro. Der Hintergrund: Am 25. November 1990 wurde der Angolaner Amadeu Antonio in Eberswalde von Heavy Metals bei einem Angriff auf einen Treffpunkt von Vertragsarbeitern schwer verletzt. Am 6. Dezember 1990 starb Amadeu Antonio nach zweiwöchigem Koma an den Folgen des rassistischen Überfalls. Mit Rock me Amadeu wollen Schüler jährlich zur Erinnerung an ihn ein musikalisches Zeichen für Vielfalt und gegen Rassismus setzen.

Damals wie heute besitzt Eberswalde eine aktive rechtsextreme und neonazistische Szene. Das hat sich unlängst auf beängstigende Weise im benachbarten Bad Freienwalde gezeigt.


Brandanschlag im benachbarten Bad Freienwalde

Dort wurde  in der Nacht vom 12. auf den 13. Juni 2008 ein Brandanschlag auf den selbstverwalteten Jugendclub »Maquis« verübt. In dem Gebäude, einer alten Baracke im Industriegebiet, trafen sich seit fast einem Jahr eher linke und alternative Jugendliche und organisierten dort Konzerte und Veranstaltungen. Unverständlich bleibt vor diesem Hintergrund die Informationspolitik der zuständigen Behörden. Obwohl sich am 30.06.08 ein mutmaßlicher Täter aus dem rechtsextremen Spektrum der Polizei stellte, wurde die Öffentlichkeit nicht über die Hintergründe der Tat in Kenntnis gesetzt, beklagt die Opferberatungsstelle Opferperspektive in Brandenburg und listet mehrere Fälle rechtsextremer Bedrohungen auf:

28. Dezember 2007:

Eine Gruppe von sieben Rechten taucht in dem Gebäude auf und versucht durch verhörartiges Ausfragen der Anwesenden, Informationen über Personen des linken Spektrums in Bad Freienwalde zu erhalten. Sie drohen damit, dass das Gebäude sicherlich gut brennen würde und die Anwesenden vorsichtig sein sollten.

02. Februar 2008:

Drei Mitglieder der rechtsextremen Szene versuchen, sich gewaltsam Zugang zu den Räumen zu verschaffen, dabei schlagen sie ein Fenster ein. Zwei Personen im Inneren der Baracke alarmieren die Polizei.

03. Februar 2008:

Eine Gruppe Rechtsextremer verlangt Zutritt zu einem Konzert. Als sie am Betreten der Räume gehindert werden, schlägt einer der Rechten einen Jugendlichen ins Gesicht...

Ebenfalls am 6.9.: Rock am Rain in Isny im Allgäu

Zum zweiten Mal fand zeitgleich zum Konzert in Finow ein Benefizkonzert in Isny im Allgäu statt. Dort stellten sich mehrere Initiativen gegen Rechtsextremismus vor, es gab einen Skater-Contest u.a.m. Die Initiative www.keinbockaufnazis.de unterstützte das Konzert. Organisiert wurde das Festival ehrenamtlich von vier jungen Leuten zwischen 21 und 25. Es spielten ab 17 Uhr Shitheadz (Bull-Rock), The Blackout Argument (Hardcore), Rejected Youth (Streetpunk), Rantanplan (Ska), Les Babacools (Reggae / Dancehall) und Russkaja. Tickets im Vorverkauf kosteten 5 Euro, an der Abendkasse 10. Mehr unter www.rock-am-rain.de.


ÜBER EIN GEPLATZTES KONZERT IN STOLBERG AM 30.8. :
http://www.antifa-dueren.org/cms/texte/nachrichten__berichte/stolberger_...

WEITERE KONZERTE GEGEN RECHTSEXTREMISMUS im Terminkalender.
UND NEU: Laut gegen Nazis bloggt....


www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / hk

weyhe-buehne.jpg

beim Konzert in weyhe 2007