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Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
Gute Arbeit gegen Rechtsextremismus und für eine demokratische Kultur hat viele Gesichter – MUT stellt Ihnen die zehn Projekte vor, die in diesem Jahr für den Sächsischen Förderpreis für Demokratie nominiert sind. Heute das "coloRadio".
Von Arno Köster
Freie Medien haben oftmals mit schwierigen Rahmenbedingungen zu kämpfen. Mangelnde Anerkennung oder Wertschätzung, kaum strukturelle und finanzielle Unterstützung. Auch die Mediengesetzgebung ist oft nicht auf ihrer Seite. Das Freie Radio Dresden, das coloRadio, kann ein Lied davon singen. Betrieben wird es von der Radio-Initiative Dresden e.V., die lokal und selbstverwaltet ein Podium für unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen bieten möchte.
Dabei ist die Art und Weise der Produktion schon ein Beitrag zur Stärkung einer demokratischen Alltagskultur. Denn das Radio ist für alle Interessierten offen und frei zugänglich. Alle entscheiden basisdemokratisch über Organisation und Abstimmung des Programms und können dabei auch frei von wirtschaftlichen Interessen agieren. Inhaltliche Auseinandersetzungen basieren auf einer demokratischen Diskussionskultur. So beschreibt es auch Florian Rasch, von der Radio-Initiative Dresden: „Die kollektive Auseinandersetzung um bindende Standards ist denn auch die Bruchlinie zwischen Freiem Radio und offenem Kanal.“ Die Abwesenheit ökonomischer Interessen ermöglicht ein besonderes Programm, auch Nischenthemen, die woanders kaum oder gar nicht vorkommen, werden hier besetzt.
Ein Schwerpunkt von coloRadio ist dabei die dauerhafte, kontinuierliche Beschäftigung mit den Zuständen in der sächsischen Provinz, wie beispielsweise in Limbach-Oberfrohna oder der Sächsischen Schweiz. Rechte Kameradschaften prägten in diesen Regionen lange das öffentliche Bild. Nach einigen Verboten ist es nun augenscheinlich ruhiger geworden, dennoch gibt es keinen Grund zur Entwarnung. Immer wieder werden nichtweiße Menschen oder alternative Jugendliche Opfer von gewalttätigen Übergriffen durch die Neonazis. Auch die zahlreichen Propagandadelikte belegen, dass es weiterhin eine starke rechte Szene gibt. Eine mediale Öffentlichkeit dafür gibt es kaum, stattdessen ist oft von „Einzelfällen“ die Rede. Dieser vorherrschenden Kultur des Verdrängens setzt das Radio mit vielen Hintergrundberichten, Reportagen und Interviews etwas entgegen und bemüht sich, am Geschehen „nah dran“ zu sein.
Dieser Ansatz wird auch durch das „Aktionsradio“, beim jährlichen neonazistischen Aufmarsch im Februar in Dresden deutlich. „Menschen an den Blockadepunkten werden Teil der Redaktion, erzeugen Informationen und vermitteln Stimmungen.“ Dann ist das Medium Radio wirklich „nah dran“ an den Menschen, den Protestierenden und fängt Meinungen und Stimmungen in der oft unübersichtlichen Lage ein.
Demokratisierung der Informationen könnte man diesen Prozess nennen oder einen wertvollen Beitrag zu einer unabhängigen Berichterstattung. Wie wichtig und lohnenswert dieser Einsatz der Engagierten immer wieder ist, zeigen auch die Hörerzahlen bei den Berichterstattungen. „Die gigantischen HörerInnenzahlen und das große Feedback aus den entlegensten Regionen des Landes, die wir durch unseren Livestream erreichen, zeigt ein altes, fast schon totgesagtes Medium, dass dort in ganz neuer Weise zu sich kommt - als Medium demokratischer Selbstorganisation von Zivilgesellschaft, die aufgehört hat, auf Segnungen von oben zu warten.“ Als Würdigung für das kontinuierliche Engagement und auch als praktischer Beitrag zum Fortbestand dieses nachahmenswerten Projekts wurde das ColoRadio in diesem Jahr für den Sächsischen Förderpreis nominiert.