Derzeit feiert die bürgerliche Heuchelei und Doppelzüngigkeit einen neuen Höhepunkt. Während man sich einerseits über die kühl geplanten und brutal durchgeführten Morde des sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) echauffiert, treibt gleichzeitig der bürgerliche Rassismus a la Sarrazin in Medien und Politik neue Blüten. Doch nicht einmal die halbherzige Betroffenheit erfasst die gesamte mörderische Qualität des faschistischen Terrors. Denn die zehn durch die „Zwickauer Terrorzelle“ getöteten Menschen sind nur die Spitze des Eisbergs neonazistischer Umtriebe. Seit der Wiedervereinigung töteten Neonazis mehr als 180 Menschen (wobei die Dunkelziffer um ein Vielfaches darüber liegen dürfte). Diese werden größtenteils ignoriert, vertuscht oder verharmlost, da die lokalen Behörden einen „Imageschaden“ für ihre Gemeinde fürchten. So werden im Zweifelsfall eher die Opfer oder engagierte Antifaschist*innen als „Nestbeschmutzer*innen“ diffamiert, als die Täter*innen zur Verantwortung gezogen.
Polizei und Verfassungsschutz streuen den Nazis zweifellos immer wieder Rosen auf den Weg, der Schoß, aus welchem der Rechtsradikalismus immer wieder aufs Neue kriecht, ist jedoch die kapitalistische Produktions- und Lebensweise selbst. Stiefelfaschist*innen liefern einerseits den willkommenen Vorwand für immer weitergehende Ausdehnung der Überwachungs- und Kontrollgesetze, andererseits sorgen sie für die Verschärfung des gesellschaftlichen Klimas gegen Minderheiten. Dadurch garantieren sie, dass sozialer Unmut keine emanzipatorische Richtung einschlägt, sondern sich in dumpf-reaktionären Parolen und Gewaltwellen erschöpft und damit systemimmanent bleibt.