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Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
„Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ – was heißt das eigentlich? In einer Langzeit Studie unter dem Titel „Deutsche Zustände“ untersucht der Sozialwissenschaftler Wilhelm Heitmeyer den Grad der Feindseligkeit gegenüber Minderheiten in der deutschen Gesellschaft. Dass Handeln dringend nötig ist, erkennen die Forscher in jeder neuen Runde ihrer Untersuchung: Persönliche Desintegrationsgefühle nehmen zu, ebenso Misstrauen in die Demokratie und persönliche Orientierungslosigkeit – das alles verstärkt die Neigung zum Vorurteil auch immer stärker in der Mitte der Gesellschaft, die bisher als Garant für eine stabile Demokratie galt.
Auf diese beunruhigenden Erkenntnisse hat die Amadeu Antonio Stiftung mit der Förderung eines Projektverbunds reagiert: „Living Equality“ – „gelebte Gleichheit“, das Projekt wird von der amerikanischen Ford-Foundation unterstützt. Ein Teilprojekt entsteht seit dem Frühjahr 2008 in Bremen, wo Schülerinnen und Schüler eine Ausstellung erarbeiten – mit dem Ziel, einem breiten Publikum anschaulich zu vermitteln, was „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ bedeutet. Angeregt durch ihren Kursleiter Tim von Oehsen entstanddie Idee zu einer Ausstellung. Dass dazu auch negative Aspekte wie Diskriminierung und Feindseligkeit gegenüber Minderheiten gehören, ist für den Referendar eine Selbstverständlichkeit. Wichtig bei dem Projekt ist es, dass den Schülerinnen und Schülern die Inhalte und die Umsetzung der Ausstellung nicht vorgeschrieben werden – sie sollen alles selbst erarbeiten. Die Arbeitsgruppen in Bremen orientieren sich – genau wie alle anderen Projekte, die im Rahmen von „Living Equality“ entstehen – an der Definition nach Wilhelm Heitmeyer: „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit umfasst verschiedene Einstellungen, die Feindlichkeit gegenüber Gruppen anderer Menschen ausdrücken“.
Demnach äußert sich diese feindliche Haltung auf ganz unterschiedliche Weise: Verbale und körperliche Gewalt gegenüber Türken oder Afrodeutschen (Rassismus), Hakenkreuzschmierereien auf jüdischen Grabsteinen (Antisemitismus), frauenfeindliche Äußerungen (Sexismus), Gewalt gegenüber Schwulen und Lesben (Homophobie) – um nur wenige Beispiele zu nennen. Wie das Thema anschaulich und spannend dargestellt und vermittelt wird, bleibt den Projektteilnehmern überlassen. Die Schüler haben schon Interviews mit Muslimen und Juden geführt, um mehr über deren Lebensumstände in Deutschland zu erfahren. Großes Interesse zeigen die Jugendlichen auch an Menschen und Initiativen, die sich gegen Rassismus engagieren. Es wurden Fotoreihen und Schaubilder erstellt, sogar ein Film.
Im Verlauf der Vorbereitungsarbeiten wurde deutlich, dass bei vielen Schülern kaum oder wenig Hintergrundwissen zu den einzelnen Minderheitengruppen vorhanden ist. Aus diesem Grund lautete die Einstiegsfrage nicht: Wie äußert sich Antisemitismus? Oder: Was beinhaltet Islamophobie? „Wir mussten im Arbeitsprozess immer wieder einen Schritt zurück machen und erst einmal klären, was Judentum oder Islam überhaupt bedeuten“, berichtet Tim von Oehsen. „Über die Auseinandersetzung mit dem eigentlichen Th ema setzen sich die Jugendlichen intensiv mit den einzelnen Menschen auseinander, die aufgrund ihrer Minderheitenrolle ausgegrenzt werden“. Ein wichtiger Lerneff ekt für alle Beteiligten.
Aus: Holger Kulick (Hrsg.), MUT-ABC für Zivilcourage. Ein Handbuch gegen Rechtsextremismus. Von Schülern für Schüler, Leipzig 2008.
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