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Noch Fragen zum Antisemitismus?

Während kein Mangel an wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema Antisemitismus herrscht, findet sich doch nur wenig Literatur, die sich an den nichtakademischen Leser wendet. Aus diesem Grund hat sich das Anne Frank Haus Amsterdam diesem komplexen Thema angenommen und es so übersichtlich und leicht verständlich wie möglich aufbereitet. Neben der englischen und niederländischen liegt nun auch eine deutsche Fassung des Buches „Alle Juden sind …“ vor.

Von Christopher Egenberger

Diese wurde am 16. Juli im Anne Frank Zentrum am Hackeschen Markt in Berlin von dessen Leiter Thomas Heppener und Hans Westra aus Amsterdam vorgestellt (Foto unten). Leider war der Autor, Jaap Tanja, krankheitsbedingt nicht anwesend. Die Arbeiten an dem Buch hatten ganze drei Jahre in Anspruch genommen. Für die deutsche Ausgabe wurden wesentliche Teile noch einmal neu überarbeitet. Spezifisch holländische Themen – wie z.B. der Antisemitismus in den niederländischen Kolonien – wurden zugunsten von Fragestellungen fallengelassen, die für das Publikum in Deutschland von größeren Interesse sind, so z.B. die Frage nach dem Antisemitismus im Deutschen Reich vor der nationalsozialistischen Zeit. 50 Einzelfragen behanln das Thema kpmpakt. "Woher kommt die Vorstellung von der jüdischen Weltverschwörung?" heißt beispielsweise eine Fragestellung, eine andere "Ist Kritik an Israel antisemitisch?" und "Wie sieht es mit Antisemitismus in Deutschland aus?"

Das Buch gliedert sich in fünf Kapitel. Zunächst werden einige grundsätzliche Fragen über das Judentum beantwortet, um dann in den Themenkomplex der Judenfeindschaft einzuführen. Anschließend wird die Beziehung zwischen Juden, Christen und Moslems näher betrachtet. Ein Kapitel ist dem Holocaust vorbehalten und eines dem Konflikt im Nahen Osten.

Nicht nur an dieser Stelle werden Themen aufgegriffen, zu denen es durchaus gegensätzliche Meinungen gibt. Auch die Fragen nach der Einzigartigkeit des Holocaust oder der Strafbarkeit von dessen Leugnung können beispielsweise eine kontroverse Diskussion hervorrufen. Die Herausgeber betonen, dass sie bei derartigen Themen bewusst darauf verzichtet haben, eine eindeutige Stellung einzunehmen. Man wolle keinen Meinungen vorgeben, sondern durch Darstellung des Problems und der unterschiedlichen Positionen den Leser dazu befähigen, sich kritisch mit dem Thema auseinanderzusetzen und eine eigene Position zu beziehen.

Noch Fragen zum Antisemitismus?
Noch Fragen zum Antisemitismus?

Besonders Lehrer sollen für das Thema sensibilisiert werden. Das Buch bildet daher mit dreißig allein in diesem Jahr stattfindenden Trainingsseminaren und in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung herausgegebenen Handreichungen und Materialsammlungen ein Gesamtpaket des Anne Frank Zentrums, mit denen den Lehrkräften die nötigen Kenntnisse und Arbeitsweisen vermittelt werden sollen, um das Thema im Unterricht angehen zu können. Doch auch anderen Multiplikatoren bei Polizei, Feuerwehr oder in Sportvereinen kann das Buch eine nützliche Argumentationshilfe sein, um Vorurteilen und bewussten Lügen wirksam entgegenzutreten. In Zeiten wieder zunehmender Ressentiment gegen Juden sollte man Antisemitismus nicht als ein historisches Phänomen betrachten.

Es wäre zu wüschen, dass das Buch einen Beitrag leisten kann, damit ein breiter Leserkreis für das Thema sensibilisiert wird. Durch seine einfache Sprache eignet es sich sehr gut auch für jugendliche Leser selbst. Das Buch, das in einer Auflage von zunächst 5000 erscheint, kostet 19,95 Euro und kann direkt unter www.annefrank.de bestellt werden.

Anne Frank Haus Amsterdam (Hrsg.), „Alle Juden sind ...“ 50 Fragen zum Antisemitismus, Mülheim an der Ruhr 2008.

Weitere neue Bücher zum Thema:
"Neues vom Antisemitismus - Zustände in Deutschland"
"Antisemitismus in der arabischen Welt"
"Ein Comic über den Holocaust"

www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / che / foto: che


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Buchtitel "Alle Juden sind..."