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The Party is Over - "Rock für Deutschland" in Gera


Nachdem im letzten Jahr ca. 4000 Neonazis in das thüringische Gera kamen, will dieses Jahr ein breites Bündnis das Nazifest „Rock für Deutschland“ verhindern.


Zum achten Mal soll in Gera das Nazifest „Rock für Deutschland“ stattfinden. Die Gegenproteste der letzten Jahre fielen eher dürftig aus. Der traurige Besucherrekord von ca. 4.000 Neonazis im letzten Jahr sorgte bundesweit für Aufregung. Doch auch in diesem Jahr rechnen die Organisatorinnen und Organisatoren der Gegenproteste mit mehreren tausend Neonazis aus ganz Europa. Hierzu versuchen NPD & Co neben den freien Kameradschaften und der „National Socialist Black Metal“-Szene vor allem auch Mitläuferinnen und Mitläufer zu mobilisieren.

Politisches Musikfestival in Braun

Nachdem im letzten Jahr der braune Massenansturm vor allem auch darin begründet lag, das der ehemalige Frontsänger Michael “Lunikoff” Regener der verbotenen Rechtsrockband „Landser“ als Headliner auftrat, wird es auch in diesem Jahr mit „Frontalkraft“ und „Noie Werte“ bekannte Rechtsrockbands innerhalb der Neonaziszene geben. Neben diesen werden auch noch „Carpe Diem“, „Projekt Vril“ (bekannt unter dem Namen "Bloodrevenge") und „Wiege des Schicksals“ als klar neonazistische Bands angekündigt. Zusätzlich wird es auch wie letztes Jahr politische Redebeiträge geben.

Die Texte der Bands sind mit rassistischen und antisemitischen Ideologien durchsetzt, es finden sich Bekenntnisse zum Nationalsozialismus und eine aggressive Hetze gegen politische Gegnerinnen und Gegner. So heißt es in einem Song der Rechtsrockband Frontalkraft: „Schwarz ist die Nacht, in der wir euch kriegen, weiß sind die Männer, die für Deutschland siegen, rot ist das Blut auf dem Asphalt“. Teilweise sind Mitglieder der Bands, wie beispielsweise der Gitarrist Michael Wendland von „Noie Werte“, der zeitweise Landesvorsitzender der NPD Baden-Württemberg war, selbst politisch aktiv.

Nach Vermutungen von Stefan Herdegen, Mitarbeiter der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Thüringen (MOBIT), hat „Rock für Deutschland“ das „Fest der Völker“ in der Bedeutung für das „Festival-Erlebnisland Thüringen“ abgelöst. „Die massiven Gegenproteste der letzten Jahre haben das „Fest der Völker“ für viele Neonazis unattraktiv gemacht. In Gera konnten es sich die Neonazis dagegen mit Bratwurst, Bier und hasserfüllter Musik gemütlich machen.“ Das soll sich dieses Jahr ändern.

Rock für Deutschland 2009, Infothek Dessau
Rock für Deutschland 2009, Infothek Dessau


Kein Nazifest in Gera

Die Gegenmobilisierung ist seit Ende Mai voll im Gange. Ein landesweites Bündnis aus Gewerkschaften, Parteien, Kirchen, Antifaschistischen Gruppen und zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren will das Nazifest blockieren. In Gera selbst, hat sich das Aktionsbündnis „Gera gegen Rechts“ gegründet, welches mit einem eigenen Aufruf aktiv an der Organisation der Gegenproteste beteiligt ist. Der „Runde Tisch zur Umsetzung des Programms für Toleranz und Menschlichkeit, gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit der Stadt Gera“ wird wie jedes Jahr das Fest „Gera bunt und tolerant“ organisieren. Auch ein Friedensgebet mit anschließendem Gebetsweg zur ehemaligen Synagoge und zur Geraer Moschee ist geplant. Am Vorabend ruft die lokale Antifa zur Teilnahme an einer Demonstration gegen das Nazifest auf.

„Im Gegensatz zu den letzten Jahren ist die Mobilisierung auf breiter gesellschaftlicher Ebene dieses Jahr schon ein Erfolg“, erklärt Norman Beberhold vom Aktionsnetzwerk gegen Rechtsextremismus in Jena, welches im landesweiten Vorbereitungskreis der Gegenproteste eine zentrale Rolle spielt. Zwar würde auch er sich mehr Initiative von der Stadt Gera und hier gerade auch vom Oberbürgermeister wünschen, dafür seien aber die zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure vor Ort hoch sensibilisiert. Im letzten Jahr sorgte das Fernbleiben des Oberbürgermeisters Dr. Norbert Vornehm (SPD) für einen Eklat innerhalb der Kreise, die an den Gegenprotesten beteiligt waren. Den Aufruf des Geraer Aktionsbündnis unterstützt er bisher nicht, im Gegensatz zu seinem Amts- und Parteikollegen Dr. Albrecht Schröter, Oberbürgermeister aus Jena.

Bundesweite Mobilisierung

Nicht nur für den Anmelder und NPD-Stadtratsabgeordneten Gordon Richter soll das Nazifest in diesem Jahr den Erfolg von letztem Jahr fortschreiben, sondern die gesamte Neonaziszene in Deutschland steckt nach Einschätzung von Experten wie Stefan Herdegen viel Hoffnung in Gera. Bisher haben die Neonazi-Veranstaltungen wie in Dresden oder am 1. Mai durch die erfolgreichen Gegenproteste nur für Frust gesorgt, das „Rock für Deutschland“ am 10. Juli könnte hier 2010 zum Knackpunkt werden. Das muss bundesweit klar sein.

Von Franz Zobel
Fotos: „Rock für Deutschland“ 2009, Infothek Dessau, c


www.nazifeste-verhindern.de
www.gera-nazifrei.com
www.nazifeste-abschalten.tk
 

Musik von Neonazis

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"Rock für Deutschland" 2009, Foto: Infothek Dessau