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Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
Aus Anlass des Besuches von Präsident Barack Obama am 5. Juni 2009 in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald hat die 'Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora' ihr Online-Angebot erweitert. Obama besuchte am Mittag ausführlich Buchenwald, bevor er nach Landau in der Pfalz und anschließend in die Normandie weiterreiste, wo er an Feiern zum 65. Jahrestag der alliierten Landung in Normandie teilnimmt. In Buchenwald kam es zu einem Treffen mit Studenten, freiwilligen Helfern und mit Überlebenden aus dem NS-Lager, darunter Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel.
Der Besuch war für Obama auch mit Familiengeschichte verbunden. Ein Onkel von Obamas Mutter war Mitglied des 354. Infanterieregiments der 89. Infanteriedivision, das das Außenlager des KZ Buchenwald in Ohrdruf bei Gotha am 5. April 1945 befreite. Die Nazis hatten von 1937 bis 1945 mehr als 250 000 Menschen aus ganz Europa in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt. Etwa 56 000 Häftlinge starben an den unmenschlichen Bedingungen, bei der Zwangsarbeit oder wurden getötet.
Rückblick: Im Hof des Krematoriums konfrontierten US-Soldaten nach der Befreieung des Lagers Weimarer Bürger und die Weltöffentlichkeit mit den dort vorgefundenen Leichen. Das obige Bild erschien als erstes veröffentlichtes Foto aus Buchenwald am 18. April 1945 in der Londoner Times. (Walter Chichersky, U.S. Signal Corps, 16. April 1945 National Archives Washington). Titelfoto: Der amerikanische Kongressabgeordnete Senator Alben W. Barkley vor einem Leichenstapel im Innenhof des Krematoriums. (Merge, U.S. Signal Corps, 24. April 1945 National Archives Washington)
Der Direktor der KZ-Gedenkstätte Buchenwald, Volkhard Knigge, sieht in dem Besuch Obamas ein wichtiges Signal für die Überlebenden des NS-Terrorlagers. Die hochbetagten ehemaligen Häftlinge hätten sich im April darauf verständigt, Obama zu bitten, sich für ein Treffen der überlebenden Kinder von Buchenwald und ihren US-Befreiern im Jahr 2010 einzusetzen. „Die Rettung der 903 Kinder von Buchenwald war nicht nur ein großes Zeichen der Solidarität und der Menschlichkeit der Lagerinsassen, sondern auch der US-Soldaten“, sagte der Historiker.
Anfang Mai 2009 hatte sich dann überraschend das Weiße Haus in Buchenwald gemeldet, um den Besuch anzukündigen, in dessen Verlauf es für Obama auch wichtig war, mit jungen Leuten zusammenzutreffen, die heute freiwilligen Dienst in der Gedenkstätte machen.
Bei seinem Besuch in Buchenwald wurde Obama von Angela Merkel begleitet und von Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel, der 1944 von Auschwitz nach Buchenwald überführt worden war. Er wurde am 11. April 1945 von US-Truppen aus dem KZ befreit. Der Besuch in der Gedenkstätte Buchenwald sei ein Wunsch ausdrücklicher Obamas, der durch Gespräche mit dem Schriftsteller geweckt worden sei, deshalb legte Obama großen Wert darauf, im kleinen Kreis von Wiesel durch das ehemalige Lager geführt zu werden.
Erweiterte Website
In Vorbereitung auf den Besuch Obamas hat die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora ihr Online-Angebot wesentlich erweitert.
Foto: Nahaufnahme eines mit Leichen verstorbener Häftlinge beladenen Lkw-Anhängers im Innenhof des Krematoriums.
(Walter Chichersky, U.S. Signal Corps, 16. April 1945 National Archives Washington).
So finden sich nun auf der Website der Stiftung unter www.buchenwald.de neue Dokumentationen u. a. zum Außenlager Ohrdruf und zur Befreiung von Buchenwald. Weiter teilt die Stiftung mit:
Unter „Kurzinformationen“ werden seit heute informative Überblicke zu den verschiedenen Zeitschichten des historischen Ortes Buchenwald und der Gedenkstätte angeboten. Fotostrecken geben einen Eindruck über die neuen Angebote und Methoden der historisch-politischen Bildungsarbeit der Gedenkstätte.
Unter der Rubrik „Dokumentationen“ stehen ab sofort vier Beiträge zur Geschichte des KZ Buchenwald zur Verfügung, die anlässlich des Besuches von Barack Obama von besonderem Interesse sind:
Foto: Befreite Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald in Baracke 56 des Kleinen Lagers. Rechts stehend: Simon Toncman. In der 2. Reihe, 7. v. l. Elie Wiesel. (Harry Miller, U.S. Signal Corps, 16. April 1945, National Archives Washington)
- In den letzten Jahren durch die Gedenkstätte recherchierte historische Fotos zeigen, was die US-Soldaten am 5. April 1945 im Außenlager Ohrdruf (Deckname: S III) vorfanden und warum dieses Lager für die amerikanische Wahrnehmung des Zweiten Weltkrieges von derart zentraler Bedeutung ist.
- Eine weitere Dokumentation befasst sich mit dem über Jahrzehnte hinweg umstrittenen Verlauf der Befreiung des KZ Buchenwald. Anhand einer minutiösen Chronologie kann nun quellengestützt nachvollzogen werden, wie sich die Befreiung „von außen und innen“ am 11. April 1945 tatsächlich ereignete.
- Ein dritter Beitrag behandelt die Situation der Kinder und Jugendlichen im KZ Buchenwald, von denen viele dank der Solidarität von Mithäftlingen, des organisierten Widerstands sowie dank der unmittelbar nach der Befreiung einsetzenden Hilfe der US-Armee gerettet werden konnten. Viele von ihnen leben heute noch in den USA und Israel.
- Darüber hinaus berichten Veteranen des 120. Evacuation Hospital, das in den ersten Tagen nach der Befreiung die medizinische Versorgung der Überlebenden übernahm, von ihren Erlebnissen.
Foto: Blick vom Turm des Torgebäudes über den Appellplatz. (Walter Chichersky, U.S. Signal Corps, 14. April 1945
National Archives Washington)
Neben den neuen Informationsmöglichkeiten stehen dem Nutzer auch die bisherigen Angebote zur Verfügung, um sich historisch mit der Befreiung der Lager auseinanderzusetzen. So enthält zum Beispiel das digitale „Fotoarchiv Buchenwald“ über 80 historische und wissenschaftlich kommentierte Fotografien, die die Situation in dem Lagerkomplex S III (Ohrdruf, Espenfeld, Crawinkel) ausführlich dokumentieren. Eine hervorragende und in Deutschland einzigartige Möglichkeit, sich anhand historischer Bilder einen Eindruck über ein befreites Lager zu verschaffen, bietet die virtuelle Fotoausstellung „Schwarz auf Weiß. Fotografien aus dem Konzentrationslager Buchenwald“.
Foto: Befreite Häftlinge des Kleinen Lagers im Gespräch mit amerikanischen Soldaten. (Ardean R. Miller, U.S. Signal Corps, 18. April 1945 National Archives Washington)
Tief betroffen
Er werde nie mehr vergessen, was er hier gesehen habe, sagt Barack Obama am Ende seines ausführlichen Rundgangs unter der Turmuhr des Lagers, die bis heute die Stunde der Befreiung zeigt. Obama nannte als Lehre aus dem, was er soeben in Begleitung von Elie Wiesel und Angela Merkel gesehen hatte, in seiner Rede:
"We are here today because we know this work is not yet finished. To this day, there are those who insist that the Holocaust never happened -- a denial of fact and truth that is baseless and ignorant and hateful. This place is the ultimate rebuke to such thoughts; a reminder of our duty to confront those who would tell lies about our history."
Sein ausführlicher Rundgang hatte ihn sichtlich bewegt. Am Ende zitierte Obama eine Strophe des Buchenwald-Liedes: "Oh Buchenwald, wir jammern nicht und klagen, und was auch unsre Zukunft sei - wir wollen trotzdem ja zum Leben sagen, denn einmal kommt der Tag, dann sind wir frei!"
Diejenigen, die diese Zeilen geschrieben haben, sagte der Präsident, hätten nicht wissen können, dass auf dem Gelände eines Tages ein Denkmal sein würde. Und dass ein amerikanischer Präsident an der Seite einer deutschen Kanzlerin je diese Zeilen vortragen würde.
Mehr über Barack Obamas Besuch und Rede: Deutsche Mitschrift auf Bundesregierung de, englische Fassung auf (whitehouse.gov 5.6.)
Obama in Buchenwald (stern, de, 5.6.2009)
Buchenwald machte das Grauen sichtbar (spiegel.de, 5.6.2009)
Das plant Obama. Interview mit Stiftungsdirektor Knigge. (bild, 4.8.2009)
Zur Website der KZ-Gedenkstätte Buchenwald: www.buchenwald.de
MUT-Archiv: Welcome President Obama
www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / holger kulick