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Das bayrische Oberfranken ist seit langem Schauplatz zahlreicher Naziaufmärsche und Gedenkfeiern. Nicht nur Bürger wehren sich, sondern ein komplettes zivilgesellschaftliches Netz ist aktiv. Dazu gehört auch das Engagement von Journalisten. Den Norbbayrischen Nachrichten (NN) lag jetzt eine bundesweit einmalige Sonderbeilage über Rechtsextremismus bei - „Bunt statt Braun“ - die vielen Lokalzeitungen ein Vorbild sein kann, die Mut haben, das Thema Rechtsextremismus zu vertiefen.
„Wir haben hier ein massives Problem“, erzählt Michael Husarek, stellv. Chefredakteur der Nordbayrischen Nachrichten (NN) im Gespräch mit MUT. Was er damit meint, schiebt der Lokaljournalist sofort hinterher. „Eine Horde marschierender rechtsextremer Demonstranten“, nennt Husarek die über 100 Neonazis, die in dem kleinen Ort (rund 4000 Einwohner) monatlich auf die Straße gehen, allein um zu provozieren. Sie machend der Region schwer zu schaffen. Die Umzüge und Demonstrationen wollen die Bürger in der Region allerdings nicht länger wehrlos mit ansehen. Kürzlich erst hat sich ein regionales Netz gegen Rechtsextremismus gegründet.
Um für die zeitungsleser in der Region die Hintergründe von rechtsextremismus zu erhellen, wurde in der NN - in Zusammenarbeit mit dem Kreisjugendring Forchheim und dem Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaften der Uni Bamberg - eine Zeitungsonderbeilage „Bunt statt Braun“ zusammengestellt, die sich sehen lassen kann. Der Untertitel: "Sonderbeilage gegen Rechtsextremismus, für Integration und Vielfalt". Um sie zusammenzustellen holte sich die Redaktion verstärkung. Zehn Studenten der Kommunikationswissenschaften arbeiteten und feilten seit Oktober 2008 an ihren Beiträgen, die in der NN-Redaktion in einen würdigen Rahmen gebracht wurden.
Das Resultat ist eine professionelle Zeitungsbeilage mit unterschiedlichen, vor allem aber gut recherchierten Beiträgen. Die Palette reicht dabei von einem Blick in die Vergangenheit, als Franken eine Nazihochburg war, Reportagen über Engagement gegen Neonazis sei es an Schulen, in der Bahn oder im kleinstädtischen Gräfenberg, es gibt Interviews mit zwei Geistlichen – einem Imam und einem katholischen Pfarrer, einen Bericht über die Not von Aussteigern, aus ihrer Isolation herauszufinden, über Toleranzerziehung im Kindergarten, über Kleidungsstile als Köder in die Naziszene undundund. Anzeigen steuerten zahlreiche Kommunen bei, die sich darin zu ihren Grundwerten bekennen, wie etwa Hallerndorfs erster Bürgermeister, der annonciert: "Fremdenfeindlichkeit und Menschenverachtung sind bei uns absolut kein Thema".
Allein über die Zeitungsauflage erreichte die Beilage eine Auflage von 25.000 Stück. Jetzt wird sie zusätzlich in verschiedenen Geschäften ausgelegt und erreicht so noch mehr Leser. „Wir haben bisher nur positive Rückmeldungen erhalten“, freut sich Husarek somit auch zu Recht über dieses vorbildliche Projekt. Denn „was sich beispielsweise seit vielen Monaten in Gräfenberg abspielt, ist eine Zumutung für die Bevölkerung dieses Ortes ebenso wie für unsere Gesellschaft“, so urteilt Arno Hamburger, Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg, im Vorwort zu der Sonderbeilage, der damit nicht nur den Gräfenbergern aus der Seele spricht.
Das Projekt gibt es nachlesbar auch zum Download . Allerdings nicht auf Anhieb auffindbar auf der Homepage der Nürnberger Nachrichten, sondern über die Uni Bamberg. Dabei ist diese Beilage durchaus ein Modell für andere Tageszeitungen, die sie als eine gute Anregung, ja vorbildliches Medium mit Mut betrachten können. Ähnliches hat bislang nur im Norden der Weserkurier produziert - bereits dreimal gab es dort Sonderdrucke über Rechtsextremismus. Sie waren blitzschnell vergriffen und wurden danach alle online gestellt - alle drei nach wie vor direkt auffindbar auf der Homepage der Bremer Tageszeitung.
Zur Sonderbeilage der Nordbayerischen Nachrichten im Netz.
Mehr über deren Produktion.
Zur Sonderbeilage des Weserkurier.
„Was man nicht selber angeht, geschieht nicht“ - Das fränkische Netzwerk gegen Rechtsextremismus
www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / wue / hk