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für Engagement
Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
Seit einigen Wochen staunen Fans und Gegner staunten nicht schlecht. Für die Spielzeit 2008/9 setzt die Handball-Bundesligamannschaft der „Spreebirds“ in Berlin auf MUT. Auf eigenen Wunsch des Frauenteams wird seit September 2008 in blauen Trikots gespielt mit dem rotweißen Banner „MUT gegen rechte Gewalt“. Am Freitag war Fotoshooting des Teams beim Sportausrüster Hummel. Und Samstag war Spitzenspiel gegen Tabellenführer Rosengarten in Berlin-Lichtenberg...
Von Holger Kulick
Wie es zu dem MUTigen Engagement kam, ist eine überraschende Geschichte. Der Traditionsmannschaft SV BVG 49 war nach einer Formkrise der Hauptsponsor abhanden gekommen. Team und Management des Vereins aus Berlin-Lichtenberg, der zu DDR-Zeiten zahlreiche Nationalspielerinnen großzog, entschieden: Dann zeigen wir auf unseren Trikots Flagge für ein Thema, das allen Spielerinnen besonders am Herzen liegt: Engagement gegen Rassismus und Rechtsextremismus, was in Berlin-Lichtenberg eine durchaus mutige Entscheidung ist. Die Handballerinnen surften durchs Internet, stießen auf MUT und schauten prompt in der Amadeu Antonio Stiftung vorbei um sich persönlich über das Stiftungs-Projekt zu informieren.
Schon kurz darauf kam das Feedback: Ja wir drucken das MUT-Logo auf unsere Trikots – gänzlich auf eigene Kosten. Bei jedem Heimspiel in der Sporthalle am Berliner Anton Saefkow Platz 5 gibt es als ‚Gegenleistung’ einen Infostand von MUT und der Amadeu Antonio Stiftung und nach dem Schlusspfiff werden im Publikum drei CDs „Starke Stimmen gegen Rechts“ verlost, die MUT 2008 gemeinsam mit mehreren Partnern produziert hat, mit Songs von Silbermond, SEEED, Jan Delay, Sportfreunde Stiller, Jennifer Rostock, Keimzeit und den Toten Hosen.
Das couragierte Flaggezeigen der ‚Birdies’ hat mittlerweile nicht nur für Aufsehen bis hinein in die Sportpresse oder das Rathaus Lichtenberg gesorgt, sondern sich auch spielerisch rentiert. Zum Saisonauftakt gab es ungewohnt drei Siege in Folge. „Mut verleiht eben Flügel“ scherzte Mannschaftskapitänin Juliane Lang, die nach jedem Spiel einen Spieltage-Tagebucheintrag für www.mut-gegen-rechte-gewalt.de verfasst, um die Reaktionen auf MUT zu beschreiben.
Sie macht es mit doppeltem Engagement: Nebenher arbeitet Jule für eine mobile Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus in Bernau. Auch das MUT-Trikot hat bereits Liebhaber gefunden.
Der Sportartikelhersteller hummel nahm es in seiner Berliner Dependance ins Angebot auf – um auf diese Weise Flagge gegen einen unangenehmen Nachbarn zu zeigen. Denn um die Ecke vertreibt ein Shop die rechtsextreme Kleidungsmarke Thor Steinar, gegen den alle Anwohner einfallsreich demonstrieren. So ergab sich auch das Kleine Mode-Footoshooting des Teams am Freitag.
Derzeit belegen die Spreebirds in der 2. Handballbundesliga Platz 4, am 29.11. stand der Tabellenerste "Rosengarten" aus der Nähe von Hamburg als Gegner auf dem Programm. Und schier unfassbares gelang - ein 32:29 Sieg gegen den bis dahin ungeschlagenen Spitzenreiter! In der Halle gab es standing ovations. Ein Bericht von Mannschaftskapitänin Jule über das Spiel folgt.
Zwei weitere Termine legen die engagierten "Birdies" ihren Fans besonders ans Herz: Am 6. Dezember wollen Neonazis durch ihren Kiez in Lichtenberg ziehen, den Protest dagegen will das MUT-Team unterstützen.
Und am 14. Dezember um 16 Uhr wollen die Spreebirds gemeinsam mit der Fernsehjournalistin Mo Asumang deren Kinofilm "roots germania" zur Diskussion stellen. Darin macht sich die in Kassel geborene und aufgewachsene Filmemacherin auf die Spur von Neonazis aus Berlin, die ihr in einem Lied den Tod gewünscht haben. Anschließend soll debattiert werden, wie sich auch Sportler/innen MUTig gegen Rassimus wehren können. Zum Beispiel so - wie die Birds.
Mehr unter: www.spreebirds.de
Zum Thema: DFB-Chef Theo Zwanziger im MUT-Interview
www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / hk