Die Stadt Köln wird zum Ende des Monats September Veranstaltungsort einer Zusammenkunft europäischer Rechtsaußenparteien, die dort unter propagandistischen Vorzeichen einen „Anti-Islamisierungskongress“ durchführen wollen. Die extreme Rechte hat – über die Landesgrenzen hinweg – das „Angstthema“ Islamismus als Projektionsfolie zur propagandistischen Popularisierung ihres Rassismus erkoren. Damit kanalisiert sie die vorherrschende emotionalisierte Auseinandersetzung um Islam und Integration nach Rechtsaußen. Eine Tagung in Zusammenarbeit mit dem Kölner NS-Dokumentationszentrum will darüber aufklären.
Mit der Tagung zu diesem Thema am 13.9.2008 soll eine sachliche und differenzierte Debatte um den Islam als Konfliktthema, (kommunale) Integrationspolitik und die rechtspopulistische Instrumentalisierung sensibler „Angstthemen“ angestoßen bzw. diese fortgesetzt werden. Zum Hintergrund:
In Folge eines weltweit agierenden islamistischen Terrorismus steht der Islam als Religion hierzulande oftmals im Fokus unsachlicher und teils hysterischer Debatten. Dabei wird zwischen Islam und fundamentalistischen Ausdrucksformen nicht unterschieden. Vielmehr wird der Islam als eine gewaltförmige und archaische „Ausländerreligion“ dargestellt, für die es in den europäischen Gesellschaften angeblich keinen Platz gibt. Die Zustimmung zu rechtspopulistischen Inhalten liegt auch in solchen Auseinandersetzungen begründet, in denen Konflikte vor allem auf eine vermeintlich kulturell-religiöse Differenz oder Mentalitätsunterschiede
zurückgeführt werden.
Regelmäßig wird die Glaubensfrage mit der Zuwanderungsfrage verknüpft: Zugewanderte = Islam = Islamismus, so die oft bemühte Analogie im öffentlichen Bild, das von pauschalisierenden und ausgrenzenden Zuschreibungen geprägt ist. Aus dem Blick geraten dabei die sehr komplexen Entstehungsprozesse unterschiedlicher religiöser Vorstellungen, die - geprägt von verschiedensten politischen Faktoren und Alltagspraxen in den „Herkunfts“- und Einwanderungsländern - vielfachen Neu- und Re-interpretationen unterliegen und auch der sozialen Identifikation dienen.
Durch kulturalisierende Zuschreibungen wird eine sachliche Diskussion um die Entwicklung reaktionärer und antidemokratischer Einstellungs- und Verhaltensmuster im Namen des Islams verunmöglicht. Diese wäre von großer Bedeutung, kommen doch in den ethnischen Communities im Kontext von Moscheevereinen auch Tendenzen zum Ausdruck, die einem integrationspolitischen Austausch entgegenstehen. Zugleich wird in der Debatte um integrationsfeindliche Tendenzen in islamischen Vereinen von integrationspolitischen Fehlern der Mehrheitsgesellschaft abgelenkt. Integration wird hierbei lediglich als Anpassungsleistung verstanden oder es werden migrantische Alltagsverhältnisse auf ein multikulturell verklärtes Nebeneinander
reduziert.
Die extreme Rechte sämtlicher Couleur setzt an integrationspolitischen Defiziten an und nutzt bestehende Feindbilder für ihre rassistische Propaganda. Moscheebau und Islamismus gelten dort als wahlkampfträchtige „Erfolgsthemen“, die politisch instrumentalisiert werden. Dass es hierfür ein Potential in der Bevölkerung gibt, zeigen wissenschaftliche Studien, die seit Jahren hohe Affinitäten gegenüber diskriminierenden Meinungen ausweisen und eine hohes Frustrationspotential gegenüber sozioökonomischen Verwerfungen belegen, das sich in
Schuldzuweisungen gegenüber Zugewanderten niederschlägt. Parteien wie der VLAAMS BELANG in Belgien, die FPÖ in Österreich und die so genannte PRO-Bewegung in Deutschland (PRO KÖLN/NRW/DEUTSCHLAND) inszenieren hierzu eine rechtspopulistische Allianz „Städte gegen Islamisierung“ auf europäischer Ebene.
In Nordrhein-Westfalen versucht PRO NRW, in Konkurrenz mit den anderen Wahlparteien der extremen Rechten, dieses Kampagnenthema in einen Wahlerfolg umzumünzen. Neben der PRO-Bewegung agitieren auch die NPD, die REP und die neonazistischen „Freien Kameradschaften“ im kommunalen Rahmen gegen Moscheebau und ein interkulturelles Miteinander.
Im Vorfeld der 2009 anstehenden Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen bahnt sich hierbei eine besorgniserregende Entwicklung an, die von rechter Aufwiegelei in den Stadtteilen bis hin zu massiver rassistischer Indoktrination von Jugendlichen reicht. Bei der Frage nach einer adäquaten Auseinandersetzung und geeigneten demokratischen Gegenstrategien kommt vielerorts Unkenntnis und Hilflosigkeit mit diesen Phänomenen zum Ausdruck.
Die Tagung Veranstaltung der Arbeitsstelle Neonazismus an der Fachhochschule Düsseldorf und der Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Kölnin Kooperation mit der Volkshochschule Köln.Quelle: www.nsdok.de/ibsLesen sie auch: Neue Broschüre über Rechtsextremismus in Köln
www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / Foto: indymedia