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Das fränkische Wunsiedel gilt als Musterstädtchen, was Engagement gegen Rechtsextremismus betrifft. Der Flüchtlingsrat Wunsiedels macht jetzt aber in einer Presseerklärung deutlich, dass dies nicht zwangsläufig bedeutet, auch ein fremdenfreundlicher Ort zu sein und schildert dies am Beispiel des irakischen Flüchtlings Sirwan M.. Hier der Text:
Sirwan M. lebt als geduldeter Flüchtling in Wunsiedel. Undwie alle Iraker hat er keinen gültigen Pass, denn gültige irakische Pässe sind derzeit nicht zu erhalten. Für die Polizei Wunsiedel eine Straftat, eine so genannte "Nichterfüllung der Passpflicht". Seit 2006 ermittelt sie daher gegen Sirwan M. Der junge Iraker wird immer wieder festgehalten, kontrolliert und verhört. Obwohl die Anzeigen der Polizei bereits dreimal von der Staatsanwaltschaft abgelehnt wurden und vor Gericht keine Chance auf Erfolg haben, reißen die Schikanen nicht ab. „Hier wird ein Mensch ohne Grund psychisch zerstört“, erklärt Tobias Klaus vom Bayerischen Flüchtlingsrat nach Gesprächen mit dem Iraker.
Immer wieder wird Sirwan M. auf der Straße aufgehalten und sein Pass kontrolliert. Dann folgen die Fragen: "Warum hast du keinen Pass? Wo arbeitest du? Bist du ein Straftäter?" Ca. 30 Minuten dauert eine solche Kontrolle immer unter den abwertenden Blicken der Öffentlichkeit, denn dass er kein Straftäter ist, wissen die Passanten nicht. Bereits dreimal wurde erauf die Polizeiwache mitgenommen dort über Stunden festgehalten und musste sich komplett entkleiden. Mehrfach wurde er vorgeladen. Er erhält Anzeigen, die juristisch haltlos aber psychisch vernichtend sind. "Ich werde behandelt wie
ein Krimineller und fühle mich wie auf der Flucht. Ich bin hier nicht erwünscht, aber wo soll ich sonst hin? Ich habe Angst auf die Straße zu gehen, aber sie kommen ja auch in die Unterkunft", sagt Sirwan M.
Zu der Angst trägt auch der abwertende Tonfall gegenüber Flüchtlingen bei. So berichtet Sirwan M. dass er und andere Flüchtlinge generell mit "Du" angeredet werden. In das Gesamtbild fügen sich die Schikanen durch flankierende Maßnahmen der Ausländerbehörde, welche ihm eine "freiwillige Rückkehr" in das Bürgerkriegsland rät, anstatt seine Integration zu fördern. Das Konzept scheint aufzugehen: Sirwan M. kann Momentan nur mit Mühe davon abgehalten werden auszureisen – trotz der Gefahr im Irak.
"Wir fordern ein Ende der ziellosen Ermittlungen und Einschüchterungen. Die Polizei Wunsiedel hat wichtigeres zu Tun als in Sackgassen zu ermitteln!", fordert Tobias Klaus vom Bayerischen Flüchtlingsrat.
Mehr unter: www.fluechtlingsrat-bayern.de