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...junges Mädchen verliebt sich in einen in der rechten Szene aktiven Typen und rutscht so in die Szene. So wurde bisher der Werdegang von Frauen in der rechtsradikalen Szene stereotypisiert.
Von Franziska Schwarzmann
Mit dieser Halbwahrheit wollte die Friedrich-Ebert-Stiftung abschließen. Unter dem Motto „Frauen im Rechtsradikalismus“ sollten viele Tatsachen aufgedeckt und mit vielen Gerüchten reiner Tisch gemacht werden. Die junge Frau nämlich, die sich nach längerem Reinschnuppern für Aktivitäten in der Szene entscheidet, trifft diese Entscheidung meist mit allen Konsequenzen. So sind Frauen, haben sie sich erst einmal für die Szene entschieden, wesentlich schwerer davon zu überzeugen, dass ihr Weg in die falsche Richtung geht.
Attraktivität der traditionellen Frauenrolle?
Doch warum entscheiden sich Frauen überhaupt für die Szene? Vielleicht ein Ausweg aus den Anforderungen des modernen Alltags? Die Doppelbelastung, die auf die meisten jungen Frauen zukommt, das Spagat zwischen Familie und Karriere, bedeutet für viele Druck. Da bieten die rechtsradikalen einen leichten Ausweg: Sie propagieren das Bild der Mutter. Kochen, Putzen und für ihren Mann sorgen – die klassischen Aufgaben einer Frau. Doch, so erklärt eine Expertin, ist das nicht das Leben, was die meisten aktiven Frauen in der Szene führen. Im Gegenteil: sie managen Karriere und Familie hervorragend.
Experten: Wir brauchen mehr Forschung über Frauen
Ein bisschen verzweifelt steht die Expertenwelt vor dem Phänomen der Frau in der Szene. Bisher wurden nur die Männer erforscht. Vor allem steht eins fest: Es muss unbedingt mit geschlechterspezifischer Forschung angefangen werden. Wie sonst soll präventiv in der Jugendarbeit gegen Nazis gearbeitet werden, wenn man die Beweggründe von Frauen noch nicht genau kennt.
Aber auch im Umgang mit Jugendlichen reicht das bisherige Wissen nicht aus. Viel dreht sich um die Theorie, dass das Streben nach Macht junge Männer dazu verleitet, Kontakt zur Szene zu suchen. In der Arbeit mit männlichen Jugendlichen ist es deshalb wichtig, ihnen Empathievermögen einzuimpfen. Ihrer Verachtung gegenüber Schwächeren muss außerdem in einem langwierigen Prozess entgegengewirkt werden. Junge Männer, die schon Kontakt mit der Szene hatten, können durchaus noch davor bewahrt werden. Anerkennung ist in diesen Fällen oft schon viel wert. Das ist bei Mädchen gar nicht anders. Oft sind die für die Szene anfälligen, selbst Opfer in ihren Familien. Doch wie kommt man sonst noch an die Mädchen ran. Wollen auch sie, genau wie ihre gleichaltrigen männlichen Pendants Macht spüren? Macht vielleicht, aber auf eine andere Weise – und genau die gilt es zu erforschen.
So lässt sich als Fazit dieses unheimlich konstruktiven Nachmittages festhalten, dass man Jugendlichen begegnen kann, indem man sie ernst nimmt und sich ihnen und ihrer Umwelt annimmt. Ist allerdings schon der erste Kontakt mit der rechtsradikalen Szene hergestellt worden, dann kann man viel erreichen, wenn man mit geschlechterspezifischen Methoden auf die Jugendlichen zugeht. Genauso verhält es sich mit jugendlichen Delinquenten.
Mehr Forschung heißt die einstimmige Forderung aller Experten.
Daneben weiß ein jeder Besucher der Veranstaltung, dass es ein Klischee ist zu denken, dass alle Frauen in der rechten Szene Dummerchen sind und genau hier fängt harte Arbeit an.
Mehr dazu
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