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„Appell aus Riesa“ zeigt Neonazis ihre Grenzen


Die NPD will die Deutungshoheit über die Jugendarbeit in Riesa übernehmen. Fachkräfte der sozialen Arbeit formulieren wertegeleiteten Grundkonsens gegen diesen NPD-Versuch.


Am 12. Juni 2010 hat die NPD-Zeitung „Deutsche Stimme“ ihr 10jähriges Bestehen mit einem „Nachbarschaftsfest“ gefeiert. Jürgen Gansel, Abgeordneter des Sächsischen Landtages für die NPD und Stadtrat von Riesa, hatte eigenhändig seine Werbeflyer in die Briefkästen Riesas verteilt, um für dieses „Fest“ in die – noch in der „Mannheimer Straße“ befindliche – „Deutsche Stimme“ einzuladen. Am 23. Juni nunmehr beschlossen alle Riesaer Stadträte, außer den zwei NPD-Stadträten Jürgen Gansel und Jörg Reißner, die „Mannheimer Straße“ in „Geschwister Scholl Straße“ umzubenennen.

Klarer Konsens gegen NPD

Mit der CDU-Oberbürgermeisterin Gerti Töpfer an der Spitze gibt es in Riesa schon seit längerem einen klaren Konsens, gegen die menschenverachtende und undemokratische Politik der NPD und ihrer Vorfeldorganisationen vorzugehen. Seit der Ansiedlung des „Deutschen Stimme“-Verlages in Riesa versuchten die Rechtsextremen in bürgerlichen Verkleidungen ihre Normalisierungsstrategie umzusetzen, etwa wenn im benachbarten Ort Strehla mit der dort wohnhaften Frau Schreiber ein NPD Mitglied das Ehrenamt eines Schöffen ausüben darf.

Noch subtiler gehen NPD Mitglieder vor, wenn sie offene Angebote der Freizeitgestaltung und Kinderbetreuung nutzen. So nutzt Jasmin Apfel, die Frau des Fraktionsvorsitzenden der NPD im Sächsischen Landtag, regelmäßig offene Angebote für Eltern und Kinder. Sie engagiert sich u.a. im sächsischen Landesvorstand der rechtsextremen Frauenorganisation „Ring Nationaler Frauen“.

„Antideutsche Jugendarbeit“

Weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der von Frau Apfel frequentierten Kinder- und Jugendeinrichtung den Kindern der Familie Begegnungsmöglichkeiten außerhalb des Nazimilieus bieten wollten, glaubte der NPD-Parteisoldat Gansel die Einrichtung für sich vereinnahmen zu können: Während andere Träger der Kinder- und Jugendarbeit in Riesa eine „antideutsche Jugendarbeit“ betrieben, sei das Angebot des „Kaufhalle e.V.“ offen. Allerdings ist für Gansel, der mit der Dresdner Schule auch schon mal einen gescheiterten Intellektualisierungsversuch der bundesdeutschen Neonaziszene ausgerufen hatte, offenbar alles antideutsch, was nicht in sein völkisches und rassistisches Weltbild passt.

„Demokratie heißt Hinsehen und Gesicht zeigen!“


Als Gansel aufgrund seiner völkischen Einteilung in „deutsche und antideutsche Jugendarbeit“ auch noch neue Fördervergaben für die Jugendhilfe in Riesa forderte, wurden die freien Träger aktiv: Moderiert durch das Kulturbüro Sachsen e.V. solidarisierten sie sich untereinander, diskutierten einen Wertekonsens für ihre in Methodik und Adressatenarbeit unterschiedliche Arbeit und veröffentlichten diesen im Riesaer Appell. Diesen Appell unter dem Titel „Demokratie heißt Hinsehen und Gesicht zeigen!“ unterzeichneten unterdessen bereits mehr als dreißig Organisationen und Einzelpersonen aus Riesa und der Region. Unter den Erstunterzeichnenden war auch die Oberbürgermeisterin Gerti Töpfer.

Von Danilo Starosta, Jugendhilfecoach im Kulturbüro Sachsen e.V.
Foto: Oberbürgermeisterin Gerti Töpfer, Reinhard Glatzel von der Outlaw gGmbH Sachsen, Träger der „Kaufhalle e.V.“ bei der Unterzeichnung, Kulturbüro Sachsen e.V., c

 

Hier können Sie den Appell unterzeichnen.

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Gerti Töpfer