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Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
Auch 2010 konnten wieder viele couragierte Initiativen von der stern-Aktion "Mut gegen rechte Gewalt" gefördert werden. 13 Initiativen wurden mit insgesamt 52.500 Euro bedacht. Drei von ihnen stellen wir hier genauer vor.
Von Andreas Winter
Der Jahreswechsel nähert sich mit großen Schritten und, wie überall, wird es auch bei „Mut gegen rechte Gewalt“ Zeit, Bilanz zu ziehen. Insgesamt konnten dieses Jahr dreizehn Initiativen mit 52.500 Euro von der stern-Aktion gefördert werden. Den größten Anteil nahm dabei die Neonaziaussteigerinitiative EXIT ein, die eine Zuwendung von 40.000 € bekam. Die Organisation, die Mitte 2000 vom Neonazi-Aussteiger Ingo Hasselbach und Bernd Wagner gegründet wurde, hat bis jetzt insgesamt 397 Personen beim Ausstieg aus der rechten Szene helfen können. EXIT versucht, nicht nur durch Aufklärung bei Ausstiegswilligen Verständnis für elementare Menschen- und Grundrechte zu schaffen, sondern hilft ihnen auch finanziell beim notwendigen Umzug und dem Aufbau einer neuen Identität. Notwendig ist dies leider, da Aussteigerinnen und Aussteiger häufig bedroht werden und nur so Sicherheit gewährleistet werden kann.
Aktion Ladenschluss
Während in Berlin-Mitte am 27. November der Ladenschluss des Thor-Steinar-Geschäfts gefeiert werden konnte, müssen Bürgerinnen und Bürger in Halle/Saale noch auf die erfreuliche Nachricht hinarbeiten. Das Bekleidungsgeschäft „Oseberg“ wurde Anfang Juni 2009 in der Stadt eröffnet. Betreiber des „Oseberg“ ist die Brandenburgische Firma MediaTex GmbH, die Kleidung der bei Neonazis beliebten und mit rechten Symboliken kokettierenden Marke „Thor Steinar“ vertreibt. Gegen den Laden regte sich breiter zivilgesellschaftlicher Protest, der in der Gründung der Initiative „Aktion Ladenschluss“ mündete. In diesem offenen Bündnis sind zahlreiche engagierte Einzelpersonen ebenso wie auch örtliche Vereine und Organisationen vertreten, u. a. auch der „Friedenskreis Halle/Saale e.V.“, der als Träger für die Initiative auftritt. Die Schließung des „Oseberg“ ist erklärtes Ziel der „Aktion Ladenschluss“, die von der stern-Aktion gefördert wird. Um diese zu erreichen, setzt die Aktion vor allem auf ein Problembewusstsein in der Bevölkerung. Über die Marke Thor Steinar und ihre Bedeutung für die Neonazi-Szene zu informieren, sei der erste Schritt, um Menschen auf das Problem aufmerksam zu machen und für Gegenproteste zu ermutigen, erklärt die Initiative. Neben Aktionen im direkten Umfeld des Ladens hat die Initiative auch einen Workshop für die schulische Bildungsarbeit entwickelt. Hier wird nicht nur über die Kleidungsmarke informiert, sondern für das generelle Neonazismus-Problem in der Region sensibilisiert. Denn eben dieses Problem existiert auch ohne Thor Steinar-Laden in der Innenstadt. Die Existenz des Ladens zeige laut „Aktion Ladenschluss“ aber, wie wenig die Menschen sich der Gefahren des Neonazismus bewusst sind. Vor allem junge Menschen, die Hauptzielgruppe von Thor Steinar, müssten daher auf das Problem aufmerksam und zu aktiver Positionierung gegen Neonazis ermutigt werden.
Heimat, bittersüße Heimat
Ein weiteres unterstütztes Projekt war das Theaterstück „Heimat, bittersüße Heimat“, das von der Schauspielgruppe „Label Noir“ entworfen wurde. „Label Noir“ besteht aus Schwarzen Schauspielerinnen und Schauspielern, die mit diesem Stück zeigen, dass es bei der Definition von Identität um mehr als die Hautfarbe, Pass oder die Herkunft der Eltern geht. Das Hauptaugenmerk des Stücks basiert auf der Erfahrung des „Anders-Seins“ in Deutschland, mit dem sich die Darstellenden nur zu gut auskennen. So sagt Lara Sophie Milagro, künstlerische Leiterin des Ensembles: „Allgemeiner gesprochen möchten wir die Vorstellungen davon, was deutsch ist und deutsch sein kann, ändern und erweitern. Die kulturelle Identität ist nicht das äußere Erscheinungsbild eines Menschen.“ Aus diesem Grunde ist es für „Mut gegen rechte Gewalt“ auch so wichtig, diese Theaterproduktion zu unterstützen. Das Projekt wurde im Herbst dieses Jahres in verschiedenen brandenburgischen Städten aufgeführt.
Wir hoffen, dass „Mut gegen rechte Gewalt“, auch im nächsten Jahr wieder über solche wichtigen und engagierten Initiativen berichten kann. Ihre Spende an die stern-Aktion geht direkt und unbürokratisch an Initiativen, die sich vor Ort gegen Neonazis und für demokratische Kultur einsetzen.
Foto: Label Noir, von Torsten Stapel
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