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Sachsen-Anhalt: Rassismus vorbeugen - schon in der Kita


Eine Kindergarten-Initiative aus Halberstadt


Von Gerald Eggert

Je nach Schulform sind in Sachsen-Anhalt 10 bis 46 Prozent der Jugendlichen fremdenfeindlich eingestellt. Deshalb sollen jetzt Kinder frühzeitig auf das Zusammenleben mit Menschen anderer Hautfarbe und Herkunft vorbereitet werden - dank des Projektes "Alles muss klein beginnen ... ". Gastbeitrag aus der Magdeburger 'Volksstimme'.

Je nach Schulform sind 10 bis 46 Prozent der Jugendlichen fremdenfeindlich eingestellt. In mindestens jeder 3. Sekundarschule gibt es massive Probleme, und im Land sympathisiert jeder 9. Schüler mit Skinheads und Neonazis, drei bis fünf Prozent identifizieren sich mit ihnen. Das ist das Ergebnis einer Studie über die Verbreitung von Ausländerfeindlichkeit in Schulen Sachsen-Anhalts im Jahr 2005. Dem soll mit einem Projekt begegnet werden, das Kinder rechtzeitig auf das Zusammenleben mit Menschen anderer Hautfarbe und Herkunft vorbereitet. Zwei Kindergärten und zwei Horte in Halberstadt sind daran beteiligt.

Gewaltfrei und solidarisch
"Alles muss klein beginnen ... " sind Verse des Liedermachers Gerhard Schöne. Dieses Motto wurde gewählt für ein Projekt, das bereits bei Kindern im Kindergarten und im Hort altersgemäße Vorstellungen über gegenseitige kulturelle Beziehungen entwickelt, bei ihnen ein solidarisches und gewaltfreies Verhalten fördert sowie das Entstehen von rassistischem und ausgrenzendem Denken und Verhalten verhindert. So umriss Elke Carpentier bei der Vorstellung des Projektes im Rathaussaal kurz das Anliegen vor Erzieherinnen, Eltern und Kindern aus den Kitas "Kinderland" und "Sonnenschein" sowie den Horten der Grundschulen Paulsplan und Freiherr Spiegel.

Nicht nur Kostüme sind bunt
Ab dieser Woche werden die vier Einrichtungen ein halbes Jahr lang einmal wöchentlich Besuch bekommen. Die Männer und Frauen stammen unter anderem aus Syrien, Nicaragua, Burundi und Moldawien und werden einige Stunden Erziehungsarbeit übernehmen. "Das wird nicht nur eine Entlastung für die Mitarbeiterinnen sein", freute sich Andreas Karger, "sondern spannend für alle. Halberstadt ist bunt, davon haben wir am 22. April einen Vorgeschmack bekommen. Unsere Stadt bleibt bunt und gibt braun keine Chance. Dieses Projekt soll dazu beitragen." Er werde "aus blanker Neugier" selbst in die Einrichtungen kommen, um zu erleben, "wie sie Freunde werden".

"Nicht nur die Kostüme sind bunt", verwies Christiane Rietz auf die farbenfrohen Kostüme der afrikanischen Gruppe " Ben Kadi " sowie Anna Gamko und ihre Partner aus Moldawien, die die Veranstaltung musikalisch begleiteten, " unsere Welt ist bunt, und das Projekt soll es ebenfalls sein." "Wir wollen die unbeschwerte Neugier der Kinder wecken", so die Leiterin der Harzer Geschäftsstelle der Deutschen Angestellten-Akademie ( DAA ) in Halberstadt, "und ein Samenkorn legen, aus dem ein Pflänzchen wird, dass das halbe Jahr sehr lange überdauert." Deshalb ist mit dem Projekt auch eine umfangreiche Qualifizierung der Erzieherinnen durch die DAA verbunden, damit sie später fortsetzen können, was begonnen wird. Ihnen obliegt es, den Kontakt zu den Eltern herzustellen und sie mit ins Boot zu holen. So könnte nach dem Motto "Starke Eltern - starke Kinder" der Erfolg vorprogrammiert werden.

Im vergangenen Jahr haben über 700 Kinder Sachsen-Anhalts ihre Wünsche einer Wunschbox anvertraut. Ganz oben an standen "Frieden für alle Kinder der Welt" und "Freund sein und viele Freunde haben". Kraftquell für das Projekt seien die Kinder selbst, stellte Elke Carpentier fest. Und die Wünsche der Mädchen und Jungen seien Legitimation, mit den Eltern ins Gespräch zu kommen und sie zu bestärken in ihrer Rolle als Erzieher.

Wer miteinander spricht, lernt sich kennen
"Bei den Kindern sollen altersgemäße Vorstellungen über gegenseitige kulturelle menschschliche Beziehungen entwickelt werden", unterstrich Christiane Rietz. Die Offenheit von Kindern gegenüber Menschen mit anderer Hautfarbe, Sprache oder Religionen soll entwickelt bzw. stabilisiert und verstärkt werden.
"Solange wir aneinander vorbeigehen, denkt sich jeder seinen Teil, wenn wir aber miteinander kommunizieren, lernen wir uns kennen", sagte Moussa Dansokho, einer der fünf Referenten, die ab sofort in die Halberstädter Einrichtungen gehen werden. "Dadurch werden Vorurteile und Fremdenfeindlichkeit abgebaut." Anna Gamko, einst Lehrerin in Moldawien, sagte, dass sie froh sei, an dem Projekt mitwirken zu können : "Wir geben unsere Herzen für ihre Kinder."


© www.mut-gegen-rechte-gewalt.de & www.volksstimme.de - 9.6.2006