Sie machen tolle Aktionen? Dann sollte die Welt das erfahren. Wie Sie die Medien dazu bringen, Ihre Arbeit wahrzunehmen.
Von Simone Rafael
Überall in Deutschland sitzen Redakteure und Redakteurinnen an Ihren Schreibtischen und sind auf der Suche nach Nachrichten und guten Geschichten. Das ist Ihre Chance, Ihr Projekt bekannt zu machen oder Ihrer Aktion zu Öffentlichkeit zu verhelfen.
Allerdings sind Journalisten auch nur Menschen: Sie haben persönliche und beruflich bedingte Vorlieben, arbeiten unter Zeitdruck und sind bestimmten Arbeitsvoraussetzungen unterworfen. Je besser Sie diesen Bedürfnissen entgegenkommen, desto größer ist die Chance, Gehör zu finden.
Was mögen Journalisten?
1. Journalisten mögen Nachrichten.
Nachrichten zeichnen sich erst einmal dadurch aus, dass sie aktuell sind. Deshalb interessieren sich Journalisten meist mehr für konkrete Aktionen, als wenn Sie eine Selbstdarstellung Ihres Projekts hinsenden, ohne dass eine Neuigkeit damit verbunden ist. Wenn Sie von sich reden machen möchten, obwohl es gerade keine Aktion gibt, suchen Sie sich einen Aufhänger (z.B. "Neue Studie: Rechtsextremismus in Ort XY angestiegen. Projekt AB: Deshalb ist unsere Präventionsarbeit so wichtig.") Muss aber wahr sein!
2. Journalisten mögen Menschen.
Journalisten schreiben gern anhand von Gesprächspartnern über Dinge. Besonders gern mögen Journalisten Menschen, an die sie nicht jeden Tag oder nicht ohne Aufwand herankommen. Also: Bieten Sie Interviewmöglichkeiten an. Organisieren Sie Besuche. Das kann ein Flüchtling sein, der über seine Situation vor Ort berichtet, eine Gruppe von engagierten Schülern, Ihr Rechtsextremismus-Experte, der packend über die Situation im Ort erzählen kann. Prominente Fürsprecher funktionieren natürlich auch sehr gut (z.B. der Bürgermeister, eine Schriftstellerin, die zur Lesung eingelanden ist).
3. Journalisten mögen das Ungewöhnliche.
Sie sollen Ihre Projekte natürlich nicht nur auf die Medien zuschneiden. Wenn Sie aber Medienaufmerksamkeit wollen, hilft es immer, außergewöhnliche, witzige oder schockierende Dinge zu tun, denn Journalisten lieben alles, was nicht alltäglich ist. Auch das ist ein Neuigkeitswert, der zu den Nachrichtenfaktoren gehört, nach denen Journalisten aussuchen, worüber sie berichten. "Hund beißt Mann" ist keine Nachricht, "Mann beißt Hund" schon. Tun Sie Dinge, die die Welt nicht von Ihnen erwartet. Verpacken Sie Ihre Botschaft ungewöhnlich.
Welche Medien ansprechen?
Lokal:
Erster Ansprechpartner sind die lokalen Medien, also die Zeitungen und Stadtmagazine am Ort, das lokale Radio und gegebenenfalls Lokalfernsehen. Auch Anzeigenblätter nicht vergessen - je kleiner die Redaktion, desto größer ist der Bedarf an guten Geschichten und damit die Chance, ins Blatt zu kommen.
Thematisch:
Gute Ansprechpartner sind auch Medien, die auf eine Weise mit Ihrer Arbeit zu tun haben. Das sind auf der einen Seite (Fach-)Zeitschriften, Monatsblätter oder ähnliches, die sich mit Ihrem Themengebiet befassen (z.B. Antirassismusarbeit oder Flüchtlingsarbeit) , und auf der anderen Seite Publikationen, die mit Ihrem sonstigen Leben zu tun haben (als Schüler etwa Schülerzeitungen, als Jurist juristische Fachmagazine u.ä.).
Überregional:
Natürlich können Sie auch überregionale Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehsender ansprechen. Die werden umso besser darauf ansprechen, je spektakulärer ihre Aktion ist.
Online:
Oft lohnt es sich, Online-Redaktionen anzuschreiben: Erstens die aus ihrem Themengebiet, z.B. natürlich mut-gegen-rechte-gewalt.de (
info@mut-gegen-rechte-gewalt.de). Aber auch viele Zeitungen, Magazine, Rundfunk- und Fernsehsender haben inzwischen eigene Online-Redaktionen, die andere Nachrichten unterbringen können als das "Mutter-Medium".
Was beachten?
1. Zeit
Medien haben verschiedene Produktions- und Planungsphasen. Aktuell berichtende Zeitungen, Online-Magazine, Radio- und Fernsehsender ca. 2 Wochen vor der Aktion informieren. Zeitschriften, die monatlich erscheinen, planen ihre Themen manchmal bis zu zwei Monaten vorher. Wenn Sie nicht so langfristig planen, sind die also nicht interessant für Sie. Gibt es dagegen ein monatliches z.B. Stadtmagazin, dass sie für wichtig erachten: Anrufen und fragen, wann die Informationen spätestens da sein müssen.
2. Ansprechpartner
Einen Presseverteiler zu erstellen ist lästig, aber sinnvoll. Rufen Sie bei den Medien an, die Sie als wichtig erachten, und fragen Sie wo der/die AnsprechpartnerIn für ihr Thema sitzt: In der lokalen oder in der Politikredaktion? Gibt es einen "Experten", den Sie direkt anschreiben können? Briefe, die sie ohne Angabe einer Redaktion oder Person versenden (à la "XY Zeitung, Beispielstr. 3, 11111 Zufallshausen") können Sie statt in den Briefkasten gleich in den Mülleimer werfen: Sie erreichen Ihr Ziel nicht, sondern wandern schon beim Pförtner in die "große Ablage" Papierkorb.
Wie ansprechen?
Die Pressemitteilung
In der Regel werden Sie den Redaktionen eine Pressemitteilung / Presseeinladung schicken, um Sie auf Ihre Aktion aufmerksam machen. Schriftlich zu informieren ist sinnvoll, denn Briefe, Faxe oder Emails lassen sich in Planungsmappen einordnen und verschwinden nicht so schnell ungewollt wie es z.B. Telefonnotizen tun.
1. Länge
Die Pressemitteilung ist niemals länger als eine DIN A4-Seite. Sie haben mehr zu sagen? Legen Sie zusätzliche Info-Texte in Ihren Brief. Aber die wichtigsten Informationen müssen Sie auf einer Seite zusammenfassen und damit das Interesse wecken. Längere Texte werden einfach öfter nicht gelesen.
2. Aufbau
Ebenfalls ein Zugeständnis an die Schnelllebigkeit: Journalisten wollen schnell wissen, worum es geht. Deshalb sollte schon im 1. Absatz stehen, was Sie wollen: z.B. das es eine Veranstaltung ist, eine Aktion, zu der ein Journalist kommen soll, das Angebot für ein Hintergrundgespräch usw. und natürlich das Thema. Erläuterungen folgen hinterher. Sinnvoll ist es auch, Titel, Datum, Ort, Zeit grafisch hervorzuheben, z.B. zu fetten.
3. AnsprechpartnerIn bei Ihnen
Sie haben alles ganz klar gesagt? Journalisten sind aber manchmal noch neugieriger oder haben Extrawünsche o.ä. und freuen sich deshalb, wenn Sie klar und deutlich eine/n Ansprechpartner/in angeben, mit Telefonnummer & Email und, wenn es nicht die üblichen sind, Zeiten der Erreichbarkeit.
4. Auffälligkeit
Die drei vorangegangenen Punkte sind Pflicht. Zur Kür gehört eine ansprechende Gestaltung: Sie können einfach einen Brief schreiben. Eine etwas lustigere / auffälligere Aufmachung wird Ihrer Sache aber immer nützen, wahrgenommen zu werden.
5. Nachhaken
Wenn die Kapazitäten vorhanden sind und Ihnen der Anlass wirklich wichtig ist: Es lohnt sich, in ausgewählten Redaktionen telefonisch nachzufragen, ob ein Journalist zum Termin kommen kann. Manchmal hilft das persönliche Gespräch, Interesse zu wecken oder zu vertiefen.
Die Journalisten sind da!
Sehr gut. Wenn die Journalisten erst einmal bei Ihnen sind, freuen Sie sich in der Regel darüber:
1. Informationen
Schriftliche Zusatz-/Hintergrundinformationen zu Ihrem Projekt, Ihrer Aktion, den Akteuren etc., denn niemand schreibt gern etwas Falsches.
2. Fotos
Redakteure von kleinen Zeitungen oder Online-Redaktionen freuen sich oft auch über Fotos, die Sie vorbereitet haben. Entweder, Sie legen Abzüge zum Mitnehmen aus, oder bieten an, die Bilder nach Auswahl des Journalisten per Email in die Redaktion zu senden.
3. Interviewpartner
Radiojournalisten brauchen immer Interviewpartner. Überlegen Sie ruhig vorher, wer aus Ihrer Gruppe gut über Ihr Projekt erzählen kann, und bieten Sie Gesprächspartner an.
4. Tipps
Fernsehjournalisten brauchen dazu auch noch Bilder. Sie werden also eher zu Veranstaltungen kommen, auf denen etwas passiert, das sich filmen lässt (also z.B. eher zum Sommerfest als zur Podiumsdiskussion). Und sie freuen sich über Vorschläge für gute Bilder (wenn man z.B. vom Kirchturm aus von oben auf das Fest auf dem Platz herunterfilmen kann usw.)
Und Sie sollten sich Redaktion und Namen des Journalisten notieren, die zu Ihnen kommen, dann können Sie diese Männer und Frauen das nächste Mal gezielt ansprechen.
Wenn keine Journalisten zu Ihrer Aktion kommen können, können Sie Ihnen hinterher eine Pressemitteilung über Ihr Projekt und Ihre Aktion senden. Dies lohnt sich in der Regel aber eher bei sehr kleinen Zeitungen oder Online-Magazinen. Größere Redaktionen haben sich vermutlich leider bewusst entschieden, nicht zu Ihnen zu kommen.
Viel Erfolg!Gleich hier Öffentlichkeitsarbeit machen:
Termine können Sie in der Terminliste auf mut-gegen-rechte-gewalt.de publik machen >klick
Oder Sie können eine Pressemitteilung an die Redaktion senden:
holger.kulick@amadeu-antonio-stiftung.de, Fax: 030 / 240 45 459