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Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
Thüringen ist das einzige Bundesland, das bisher kein eigenes Landesprogramm gegen Rechtsextremismus hatte. Nun haben der Landtag und auch die Landesregierung ein solches beschlossen. Doch wie wird es aussehen? Im Februar treffen sich Expertinnen und Experten aus den Bundesländern, die schon Landesprogramme haben, in Thüringen zum Erfahrungsaustausch.
„Endlich!“, riefen viele erfreut aus als sich abzeichnete, dass Thüringen ein Landesprogramm gegen Rechtsextremismus bekommt. Lange war das Problem Rechtsextremismus in Thüringen bekannt, doch die Politik ignoriertes es. Mut gegen rechte Gewalt und die Amadeu Antonio Stiftung lenkten mit der Aktion „Kein Ort für Neonazis in Thüringen“ während der Landtagswahl im Jahr 2009 verstärkt Aufmerksamkeit auf den Brennpunkt.
Los geht’s!
Nun aber heißt es anpacken. „Wenn Thüringen schon als letztes Bundesland ein Landesprogramm bekommt, dann muss es möglichst gut sein“, sagt Dr. Dietmar Molthagen, Leiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Thüringen. Doch wie genau kann ein solches Programm aussehen? Aus welchen Erfolgen und Fehlern aus den anderen Bundesländern kann man lernen? Das möchte die Friedrich-Ebert-Stiftung am 10. Februar unter dem Titel „Auf dem Weg zu einem Thüringer Landesprogramm gegen Rechtsextremismus – Die Erfahrung anderer Bundesländer“ in Erfurt diskutieren. Eingeladen sind Expertinnen und Experten aus anderen ostdeutschen Bundesländern, die mit ihren Erfahrungen viele Ratschläge geben können, so zum Beispiel Sebastian Reißig von der Aktion Zivilcourage Pirna oder auch Karl-Georg Ohse von der RAA Mecklenburg-Vorpommern. Auch Dr. Hartmut Schubert, Staatssekretär im Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit sowie Peter Metz, Jugendpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion beteiligen sich an der Diskussion. „Engagierte können so auch ihre Wünsche an die Vertreter von Exekutive und Legislative formulieren“, so Molthagen.
Gestaltungsfreiheit, Niedrigschwelligkeit, Professionalität
Zum Abschluss der Kampagne „Kein Ort für Neonazis in Thüringen“ nutzten im Oktober 2009 in Gera zahlreiche Initiativen aus ganz Thüringen, Bürgerinnen und Bürger sowie Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Gera und des Landes die Gelegenheit, sich über die Lage des Rechtsextremismus im Freistaat und Strategien zu dessen Bekämpfung auszutauschen. Das Seminar war eine Kooperationsveranstaltung des Landsbüros Thüringen der Friedrich Ebert Stiftung mit der Amadeu Antonio Stiftung. Dabei heraus kamen 14 Forderungen der Zivilgesellschaft an die Politik, die nun in die Entwicklung eines Landesprogramms einfließen müssen. Wichtig ist, dass Maßnahmen gefunden werden, die sich mit der flächendeckenden Präsenz von Rechtsextremismus auseinandersetzen. „Die Diffamierung und Stigmatisierung von gegen Rechtsextremismus engagierten Personen muss aufhören“, ist Punkt vier der Forderungen. Anforderungen der Zivilgesellschaft an die Förderung sind Niedrigschwelligkeit der Finanzierung, Gestaltungsfreiheit bei der Verwendung der Gelder sowie der Aufbau von lokalen Netzwerken und professionellen Strukturen.
„Neue Akzente setzen“
„Wichtig ist mir, dass das Landesprogramm Sicherheit und Kontinuität für das Engagement gegen Rechtsextremismus bringt“, sagt Molthagen. Der prekären Situation von Projekten, die sich immer wieder neu um ihre Finanzierung sorgen müssen, kann nun Abhilfe geschaffen werden. „Wir können auch neue Akzente setzen. Zum Beispiel kann man mit Demokratiepädagogik und Menschenrechtsbildung dem Problem Rechtsextremismus breiter begegnen“, so Molthagen weiter. Was lange währt wird – hoffentlich – gut. Wir sind gespannt. Das Programm der Veranstaltung finden Sie hier. Anmeldungen sind bis zum 8. Februar möglich.
Von Nora Winter
Foto: "Sunray" von herrolm via Flickr, cc