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Der Verein Regenbogen e.V. hat in der vergangenen Woche mit einem Video zur Aidsprävention mediales Interesse erregt. Der Grund: Es zeigt Hitler beim Sex.

 
Erst am Ende des Videos sieht man das Gesicht des Mannes, der sich als höhnisch grinsender Adolf Hitler entpuppt. Der Pointe folgt der Slogan der Kampagne, zu der neben dem Video auch Radiospots und Plakate gehören: “Aids ist ein Massenmörder.” Auf den Plakaten sind außer Adolf Hitler auch Joseph Stalin und Saddam Hussein beim Sex zu sehen. Hitler, Stalin, Hussein, Aids- alles Massenmörder, lautet die Logik Kampagne. Und: Hitler, Stalin, Hussein, Aids- alle lebensgefährlich. Nicht nur verwischt die Kampagne so Unterschiede zwischen den einzelnen Dikatoren und Aids, sie dämonisiert auch HIV- Positive und suggeriert: Eigentlich ist jemand, der HIV- positiv ist, wie Hitler. So untermauert sie die Ausgrenzung und Beleidigung von Infizierten. 
 
Effekthascherisch ist die Kampagne, sie soll schockieren und provozieren. So etwas funktioniert dann besonders gut, wenn man auf etwas irgendwie Unausgesprochenes, Geheimes anspielt. Also benutzen die Macher des Videos Hitler, denn mit Hitler kann man provozieren. Das sieht man z.B. dann, wenn mal wieder die Frage auftaucht, ob man über Hitler Witze machen dürfe. Die Kampagne trifft den Nerv einer Gesellschaft, die manchmal – angesichts eines unsicheren Umgangs mit dem NS- Regime, der zwischen Aufklärung, Verdrängung und Abwehr schwankt, eher fragt, was “man darf”, anstatt offen darüber nachzudenken und sich eine Meinung zu bilden. Und nun- nicht nur ein Witz, sondern diese Kampagne, die eine Frau beim Sex mit Hitler zeigt. Ausgerechnet beim Sex! Hitler! 
Dadurch, dass man erst am Ende des Clips sieht, um wen es sich handelt, ist der Effekt ein alptraumähnlicher. Das Paar wird erotisch dargestellt- und am Ende wird dann enthüllt, dass der Mann Hitler ist. Wer das Video als erotisch empfindet, war also quasi in Gedanken fast mit Hitler im Bett. Und genau hier, in diesem Moment, liegt ein weiteres Problem und ein Aspekt, den man als Zumutung empfinden kann- die Nähe, die zwischen Zuschauer und Hitler hergestellt wird.
  
Seit der Veröffentlichung des Videos im Internet ist es von allen Seiten kritisiert worden. Die Deutsche Aidshilfe forderte den sofortigen Stopp der Kampagne, da sie HIV- Infizierte mit Hitler gleichsetze. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erklärte die Aktion für kontraproduktiv, da sie nicht aufkläre, sondern einzig auf einen Schockeffekt aus sei. Stephan J. Kramer, Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, wies darauf hin, dass die Bezugnahme auf Hitler und das nationalsozialistische Regime eine Verhöhnung der Opfer der NS- Diktatur sei. RTL verkündete, das Video nicht ausstrahlen zu wollen, selbst auf Youtube ist es inzwischen nicht mehr zu sehen.
 
Hinter den Schockeffekten des Videos steht weder ein aufklärerischer Gedanke in Bezug auf Deutschlands nationalsozialistische Vergangenheit noch ein aufklärerischer Gedanke im Bezug auf HIV/ Aids. Stattdessen bleibt es beim hohlen Schockmoment. Man möchte meinen, dass die gebündelte und einstimmige Kritik die Verantwortlichen zum Zweifel an ihrer Aktion bringen würde. Doch Dirk Silz, Geschäftsführer der Agentur Das Comitee, die die Kampagne für Regenbogen e.V. ausgearbeitet hat, erklärt einzig, man habe HIV- Infizierte keineswegs ausgrenzen, sondern dem Virus ein Gesicht geben wollen. Und: Angesichts des drastischen Themas dürfe man auch zu drastischen Mitteln greifen.  Merkwürdig, dass ein Mensch, den AIDS so sehr besorgt, ein Video verantwortet, dass die Empfindungen von HIV- Positiven Außen vor lässt.  Das legt den Verdacht nahe, dass es den Verantwortlichen auch um etwas Anderes außer Aidsprävention ging- nämlich darum, die ersten zu sein, die öffentlich Sex mit Hitler phantasieren. Oder ist das jetzt zu drastisch?
 
 
Text: Stella Hindemith